(29.4.24) Alles in allem legt der Artikel von Bernhard Meuser (Die selbstvergessene Wende. Wege aus der Kirchenblockade, Communio, 26.4.29) den Finger auf ein reales Problem und zeigt einen Ausweg auf: die Versöhnung in der Gegenwart des gekreuzigten Christus und des von ihm eingesetzten missionarischen Auftrags. Zunächst hatte ich das Gefühl, dass der Artikel die Suche nach der Mitte forciert, was ein Problem des Aristoteles ist, sicher nicht von Balthasar, der am Anfang der Communio-Erfahrung steht. Ich glaube, nach mehr als zwanzig Jahren in der Diaspora in Sachsen-Anhalt sagen zu können, dass ich sowohl die missionarische Herausforderung als auch die Überwindung der Selbstreferentialität ernst genommen habe (ich lese und reflektiere im Dialog mit allem, was mir wirklich tiefgründig erscheint, von Jünger bis Žižek, und ich unterrichte Philosophie und Religion, Latein und Geschichte für junge Menschen, die größtenteils konfessionslos sind; das Tagebuch, das ich in meinem Blog veröffentliche, legt von all dem Zeugnis ab), aber ich glaube nicht, dass es möglich ist, Guardinis polare Opposition auf eine Art Theologie und Philosophie der Mitte zu reduzieren; Bernhard Meuser tut dies nicht, denn sonst würde er nicht das Kreuz in den Mittelpunkt seiner Betrachtung stellen, aber ich möchte zunächst klarstellen, dass es zwischen der liberalen und der konservativ-reaktionären Version keinen Unterschied gibt, es handelt sich in der Tat nicht um einen Gegensatz, sondern um zwei Seiten derselben Medaille, beide leiden an einem modernistischen Syndrom und sind keine „Radikalen“, wie diejenigen, die sich völlig entblößen, alles lesen und sich mit allem auseinandersetzen, was uns vor diesem schrecklichen Phänomen retten kann, das der moderne und postmoderne Nihilismus ist und das die Welt mit ihrer fatalen Dialektik zwischen Demokratie und Autokratie in den Abgrund der Selbstzerstörung stürzt. Eine Dialektik, die auf politischer Ebene das widerspiegelt, was Meuser als „Blockade“ in der Kirche selbst sieht. Der Ausweg hat einen Namen. Philosophisch heißt er „Liebe umsonst“ (Ulrich) und theologisch „nur die Liebe ist glaubwürdig“ (Balthasar). RG
(7.4.24) Ein Freund von mir, Johannes A. Kudera, aus der Diözese Paderborn hat mir einen Text von Bischof Dr. Felix Genn, Erzbischof von Münster, gesendet, der den Titel trägt: „Der synodale Weg - Persönliche Eindrücke und Überlegungen“ (es ist vielleicht im Juni 2023 verfasst worden). Ich habe zu diesem Thema eine vokale Botschaft für meinen Freund verfasst, die ich nun in den wesentlichen Aspekten in dieser schriftlichen Form wiedergeben möchte. Ich gebe sofort zu, dass es sich um eine persönliche Perspektive handelt. Sowie die Stellungnahme von Bischof Dr.Genn, auch eine persönliche Stellungnahme als deutscher Diözesanbischof war. Diese hier ist eine Stellungnahme eines Lehrers und eines Philosophen. Eine Prämisse ist notwendig. Mein Herz schlägt für ein Thema, das ich als besorgniserregend beurteile und das ist das Thema des Friedens (oder wie Papst Franziskus sagt, der Prophetie des Friedens). Ich sehe mit großer Sorge, dass der Spektrum der Debatten über dieses Themas sich sehr verengt hat, wie neulich der Politikwissenschaftler Johannes Varwick formuliert hat, und zwar im Sinne eines Mainstreams, der grundsätzlich eine unreflektierte technokratische kriegstreiberische(bellizistische) Position vertritt. Es handelt sich nicht um eine Stellungnahme für den Krieg philosophischer Art wie die von Ernst Jünger, sondern es handelt sich um die Übermacht der Technik, des technokratischen Paradigma bezüglich des Themas Krieges. Aus diesem Grund, die Themen, die in dem deutschen Synodalen Weges diskutiert worden sind: „Macht und Gewaltenteilung der Kirche“; „priesterliche Existenz heute“; „Frauen in Diensten und Ämtern“; „Leben in gelungene Beziehungen“ sind für mich nicht die Themen, die mir existenzielle Sorge verursachen. Es sind keine abstrakte Themen, aber sie sind nicht meine Priorität. Ich teile dennoch die Position von Bischof Dr. Genn, dass wenn zwei Positionen gegeneinander stehen, die Bereitschaft erforderlich sei, diesen Konflikt zum Ausgangspunkt eines neuen Prozesses des Denkens und reflektieren zu machen (siehe Papst Franziskus „Evangelii Gaudium“, 226-228). Und ich teile die ignatianische Haltung des Erzbischofs: „immer die Meinung des anderen zuerst einmal zu retten, statt sie zu verurteilen“ ist die Aufgabe eines Friedensstifters; und ich denke auch, dass die wichtigste Frage besteht darin zu forschen „was Gott von der Kirche heute will“. Und nochmals Ignatius: „ denn es kann wohl sein, dass der gleiche Geist Gottes mich aus gewissen Gründen zu dem einen drängt und andere zum Gegenteil“. Was die Themen, die in dem Synodalen Weg diskutiert worden sind, anbelangt nur kurz meine Position. Zum einen die Missbrauchsskandale sind tatsächlich eine Katastrophe und nach dieser Katastrophe - ich muss sagen, dass wenn es um Sex geht lese ich lieber eine marxistischer Philosoph wie Žižek als ein Dokument der Kirche. Und heute noch ist es notwendig, sich die Frage zu stellen, wieso es passiert ist und wie können wir es vermeiden, dass wieder passiert. Nun zu den einzelnen Themen. 1) Ich bin mit Bischof Dr. Genn einverstanden, dass ich nicht genau verstehe, wenn wir tatsächlich ernst machen mit deinem Synodalen Weg. Wieso sollte nicht einen synodalen Rat auf der Ebene der deutschen Bischof Konferenz einzurichten sein. Rein formal scheint mir ein Synodalen Rat, der freilich das Amt des Bischofs und des Priesters respektiert und der sich cum et sub Petro versteht einen möglichen Instrument. 2) Ich bin ein großen Liebhaber von Priestergestalten, wie wie die von Pater Alexander Schmemann und Alexander Men (in der orthodoxen Kirche) und sehe nicht wirklich der Grund warum heute einen Weltpriester nicht verheiratet sein könnte; ich denke jedoch, dass die Jungfräulichkeit für die Kirche, eine Gabe Gottes ist und ich denke nicht, dass der Skandal der Pädophilie mit dem Zölibat zu tun hat, nicht primär mit ihm zu tun hat. 3) Ich denke, dass es eine Selbstkastration ist oder gleichkommt, wenn Frauen in der Kirche sich nicht ausdrücken und Entscheidungen treffen können. Dennoch bin ich nicht für den Priestertum für die Frauen. Ich sage es polemisch: wir brauchen nicht mehr Bürokraten. Wir brauchen weniger Bürokratie und es sollen Wegen gefunden werden in denen Frauen sich ausdrücken ohne in dem Amt und in den Bürokratie der Kirche vereinnahmt zu werden. Und heute angesichts des technokratischen Paradigma haben wir ein Mangel an echte Frauen und an echte Männer . 4) Ich empfinde die Ehe Beziehung mit meiner Frau als eine gelungene Beziehung und als ein Geschenk Gottes. Ich bin mit Bischof Dr. Genn einverstanden, dass der Begriff der Sünde zu bemühen für die Homosexualität eine Sackgasse ist. Dennoch ist die gleichgeschlechtliche Beziehung zwischen Lesben oder zwischen Gay nicht vergleichbar mit der Beziehung zwischen einem Mann und eine Frau. Abgesehen davon, dass eine solche Gleichstellung zu einem geistigen Bürgerkrieg führen würde, heißt letztendlich auch die Wirklichkeit umzudrehen und die Bedürfnisse von einer Minderheit als Diktat für die Mehrheit durchzusetzen. Es gebe noch viel zu sagen, aber ich habe jetzt die Aufgabe Kartoffeln für meine gelungen Beziehung zu schälen. PS Freilich nicht nur meine Position ist die einzige richtige. Ich teile zum Beispiel nicht der Meinung der Bischöfe, die sich gegen die AfD positioniert haben, aber ich respektiere, wenn jemand diese Position der Bischöfe für richtig hält. Für mich ist nur ein Nachgeben an den Mainstream
(27.3.24) Sehr geehrte Katrin Grell, sehr geehrte Damen und Herren
Hier in Malta, wo ich mit Schülern bin, habe ich gelesen was Sie mir gesendet haben; ich finde die Idee, die ich schon von Papst Franziskus und von Bischof Oster kenne: Synodalität aus dem Hören des Heiligen Geistes, und so aus dem gegenseitigen Zuhören, sehr gut. Mit einer Formulierung kann ich jedoch wenig anfangen: „Gelingende Erfahrung“; der Wunsch nach einem Gelingen kann menschlich gesehen, sehr sinnvoll sein, aber, wie Hans Urs von Balthasar zu sagen pflegte, Erfolg ist nicht eine der Name Gottes. Die Liebe Gottes ist umsonst: gratis et frustra! Deswegen sollte man so wenig wie möglich Kampagne starten die nur politischen Charakter haben, wie die Positionierung gegen die AfD (in unserer Pfarrei sind einige Menschen dennoch dafür, aber einige auch dagegen). Wie Sie sich vorstellen können, habe ich als Italiener, der seit mehr als 20 Jahren in Sachsen/ Sachsen-Anhalt/ Thüringen lebt, keine besondere Interesse für eine Alternative, die sich nur für Deutschland versteht, aber es ist nicht Aufgabe der Kirche eine solche Kampagne zu starten. Auch weil die Themen, die der Gesamtkirche und die Menschen interessieren sind andere: in erster Linie die Prophetie des Friedens, in der der Papst regelrecht allein von den Mächtigen in und ausserhalb der Kirche gelassen ist, so dass er wie Christus die Erfahrung der Vergeblichkeit am Kreuz machen muss; aber das rechtfertig uns nicht ihn kurz vor einem möglichen Ausbruch eines dritten Weltkrieg allein zu lassen.
In Verbundenheit, Roberto Graziotto, Pfarrei St. Elisabeth in Gera
(8.3.24) Über meine Zugehörigkeit zur Kirche in Deutschland
Ich würde gerne ein paar Gedanken über meine Zugehörigkeit zur Kirche in Deutschland in den letzten 30 Jahren teilen, wobei die letzten 20 Jahre in der Diaspora in Sachsen-Anhalt/Thüringen verbracht wurden. Eine der Dinge, die mich am meisten verletzt haben, ist die ideologische Unfähigkeit hier in Deutschland, eine Position zu formulieren, die jenseits der pseudo-alternativen Ansätze liegt: zwischen links und rechts, zwischen fortschrittlich und rückschrittlich. Mein Lehrer Hans von Balthasar (1905-1988) ist möglicherweise vergessen worden, und diejenigen, die ihn kennen, nehmen aufgrund der Komplexität seiner Theologie nicht die Mühe auf, zu verstehen, was er wirklich sagt. Inmitten der dramatischen Erfahrungen unserer Zeit, mit unzähligen Tragödien, habe ich nur in ihm eine theologisch ausgearbeitete Antwort gefunden, um genau zu verstehen, warum Gott diese theodramatische Dimension zulässt. Eine Situation, die nicht einmal seinem Sohn erspart blieb. Bei der Begegnung mit anderen Theologen wie zum Beispiel Pater Paolo Dall’Oglio habe ich andere Elemente entdeckt, die bei Balthasar weniger beleuchtet werden. Zum Beispiel den Dialog mit dem Islam, und es war mir möglich, von meinem Standpunkt aus mit diesen neuen Ansätzen ins Gespräch zu kommen. Im Vergleich zu den Theologen oder Priestern, die ich hier in Deutschland kenne, sind sie im Grunde alle sehr klar "klerikal", unabhängig davon, ob sie politisch rechts oder links stehen. Oft hatte ich das Gefühl, dass die deutschen Katholiken mich als widersprüchlich betrachten, manchmal als zu konservativ, manchmal als zu verwirrt. Aber was mir hier in Deutschland fehlt und immer noch fehlt - Gott sei Dank gibt es Ausnahmen - ist der Wille, tatsächlich in einen Dialog mit mir und meiner Person einzutreten, und zwar mit dem ganzen Gewicht ihrer Sendung. Man wird immer eliminiert, entweder als zu links oder als zu rechts, aber es gibt kaum einen Blick des Mitgefühls für den anderen! Die Erfahrung eines solchen Mitgefühls, insbesondere wenn man anderer Meinung ist, fehlt fast völlig. Oder wie Cesare Pavese es ausdrückt, es fehlt "ein Tag des menschlichen Mitgefühls“. Ich habe sehr viel auf Deutsch gelesen, sogar mehr als die Deutschen selbst! Ich habe Goethe durchdrungen, während ein Schulleiter, den ich in Bayern kannte, sagte, Goethe würde ihm nur helfen einzuschlafen (einzupennen, war seine Formulierung). Im Dialog mit der holländisch-hebräischen Etty Hillesum habe ich vieles gefunden, was weder links noch rechts ist. Die bedeutendsten Begegnungen meines Lebens waren alle mit Deutschen oder deutschsprachigen Menschen (meine Frau, meine Kinder, Ulrich, Spaemann, Balthasar, Oster...), also hege ich keinen anti-deutschen Affekt. Ich sehe nur, wie der Zug der Kirche hier in Deutschland gegen eine Wand fährt, und ich würde so gerne helfen, ihn zu bremsen, mit einer Unterscheidung der Geister, die weder links noch rechts ist. Mir ist auch bewusst, dass nicht die Gesamtkirche mit dem Papsttum vereinbar ist, sondern das Papsttum mit der Gesamtkirche. Und obwohl ich den Satz wiederhole (ubi Petrus ibi ecclesia…), bin ich mir auch bewusst, dass auch Petrus sich irren kann oder die Umgebung um ihn herum, wenn er nicht ex cathedra spricht. Leider, mein liebster Papst Franziskus, dem ich mit meiner Frau jeden Sonntag im Angelus-Gebet folge, gibt zu vielen Interviews und mit spontanen Äußerungen Hoffnungen erweckt, die jemand, der die römisch-katholische Kirche kennt und liebt, weiß, dass sie sich nie verwirklichen lassen werden. Dann muss ich auch feststellen, dass der Papst sehr selektiv zugehört wird, je nachdem, ob man politisch links oder rechts steht, und bestimmte Aussagen über anthropologische Wenden, die dem Christentum radikal entgegenstehen, einfach ignoriert werden. Aber auch seine Aussagen über den Krieg (insbesondere seine Kritik an der Logik von Rotkäppchen) werden kaum ernst genommen, und das nicht nur in Deutschland. All das macht mich traurig, aber nicht verzweifelt, denn letztendlich kenne ich keinen anderen Ort als die Kirche, an dem trotz aller Schwierigkeiten Worte des ewigen Lebens ausgesprochen werden...
(17.2.24) "Über Glaubens Wahrheiten abzustimmen, ist lächerlich.
In einer Kirche, die wesentlich "kleine Herde" ist, hat nicht die Mehrheit recht, sie hat sie nie gehabt und hat es heute weniger als je. Recht haben die Gläubigen, deren Glaubensinn tief, lebendig, umfassend, nah bei den Quellen ist… Es sind vielleicht wenige, und vielleicht ganz andere, als man annimmt. Es sind sicher nicht die, die demagogisch die Menge der Gläubigen auffordern, sich aufgrund ihres Glaubenssinnes gegen das Dienstamt zu stellen. Der Glaubensinn ist eben wirklich Glaubenssinn, und nicht irgendeine "Instinkt" für Dinge, die in der Luft liegen und nach allgemeiner Ansicht jetzt geschehen müssten" (Hans Urs von Balthasar).
PS Das sei es so gesagt, aber nicht gegen die Synodalität und auch nicht gegen die Demokratie, die auch ihre Regeln der Repräsentation hat; Jedoch ohne diesen "Gegensatz"(Guardini) von Hans Urs von Balthasar, ist die ganze Synodalität und Demokratie ganz und gar banal und blass. RG
(10.7.22) In der heutigen 'Beichte' wollte ich alles beichten, was in meinem Leben 'hängengeblieben' ist: meine Mitgliedschaft in der CL-Bruderschaft, meine Nicht-Beziehung zu bestimmten Klassen in der Schule und andere 'Blockaden' - im Gespräch mit meinem Beichtvater wurde mir unter anderem klar, wie weit ich vom 'Manifest' des 'Neuanfangs' entfernt bin, das mir einer meiner Mit-Brüder gegeben hat. In diesem Manifest werden zu viele Linien gezogen, um angeblich den wahren katholischen Glauben zu verteidigen, mit einem totalen Misstrauen gegenüber dem Heiligen Geist, der uns dazu bringt, Wege zu beschreiten, auf denen mit "Zeit" und "Geduld" wirklich Schritte unternommen werden, um die Kirche zu reformieren, was ihrer Natur als "sempre reformanda" entspricht. In diesem Beitrag in meinem Blog habe ich versucht, die verschiedenen kirchlichen Stile zu beschreiben, aber ich bin schließlich Philosoph und kein Theologe, und ich habe vielleicht ungewollt einige der Reformschritte, die versucht werden müssen, gebremst. Die Formel, die mich darauf aufmerksam machte, dass mit dem Manifest etwas nicht stimmte, war die des "Missbrauchs des Missbrauchs", in der der Missbrauch der Pädophilie mit dem Missbrauch der Interpretation der Pädophilie verglichen wurde. Ich verstehe, was die Verfasser des Manifests gemeint haben, denn es gab in der Tat Übertreibungen bei den Angriffen auf die Kirche, aber die Formel ist eine Verharmlosung einer Tragödie. Und ich bin mit dieser Verharmlosung nicht einverstanden.
Die Katholische Kirche in Deutschland befindet sich auf einen synodalen Weg und da die Kirche "semper reformanda" (sie ist immer in einem notwendigen Weg der Reform, des sie sich reformieren, unterwegs) ist, ist es gut, dass sie auf diesen Weg geht. Und es ist gut, dass man über alles reden möge, nicht ausgeschlossen einer Theologie der Geschlechter und Fragen, die das Amt betreffen. Die Skandalen bezüglich der Pädophilie haben auch die Kirche in Deutschland "beansprucht" und sie dürfen nicht ohne eine ernsthafte "Unterscheidung der Geister" (Ignatius von Loyola) gelassen werden. Aber das Reden allein hilft nicht, wenn es nicht von einer Verantwortung und Hoffnung geleitet ist. Und zur Hoffnung und Verantwortung gehören einige Kriterien, die angewendet werden sollten, auch um ein Schisma zu vermeiden, wenn man theologisch denkt (1). Die von mir hier besprochenen Kriterien sind Thema eines Teils meines Kurses über die Kirche in der Oberstufe eines Gymnasiums seit einigen Jahren und sie sind inspiriert von Hans Urs von Balthasar, Das antirömische Affekt, Einsiedeln, 1974.
Zuerst das Kriterium-Maria: Maria stellt Fragen; sie ist frei und sie möchte wissen wie es geschieht, was es ihr verkündet wird (Lk. 1,34). Sie spricht ihr Jawort (1,38), nachdem sie die Frage (Lk. 1,34) gestellt hat. Also Fragen sind immer legitim; es gibt gar keine Frage, die man nicht stellen sollte, es sei, dass eine Frage das Selbstverständliche in Frage stellt; wenn jemand fragt: wieso soll ich meine Mutter nicht prügeln? hat er keine Antwort verdient (das Beispiel stammt von Aristoteles, der den Satz mit einem "sondern Schlägen" beendet). Aber abgesehen davon sind Fragen immer legitim.
Ich wünsche mir eine Kirche, in der man einen Dialog mit Frauen intim gepflegt ist, und nicht nur mit Katholikinnen; für mich sind zum Beispiel Etty Hillesum und Hannah Arendt Teil meines inneren Dialogs zur Wahrheit hin notwendig geworden. Das deutsche Wort "notwendig" ist viel sagend: notwendig ist etwas, das die Not "wendet", "überwindet". Was die Catholica betrifft, so ist die Frau, die mir theologisch in meinem Leben am meisten geschenkt hat, Adrienne von Speyr, die mir mit ihrer Theologie des Karsamstags erlaubt hat, in einem Akt der Liebe all das zu integrieren, was sich in unserer Welt an der Kraft des nihilistischen Nichts ausbreitet (für das Bild des sich ausbreitenden Nichts, siehe Michael Ende): von Auschwitz (Etty Hillesum) über Tschernobyl (Swetlana Alexijewitsch) bis hin zu den Dramen unserer Tage, wie Krieg, Migration und Folter in Syrien. Adrienne hat von Maria, das Jawort gelernt! Last but not least: seit fast 30 Jahren lebe ich mit meiner Frau das wunderbare Geschenk der sakramentalen Ehe und vor meinen Augen habe ich jeden Tag den kleinen Weg eines großen Ja zu Gott und zu unserer Familie. Und endlich: das Jawort ist immer Jawort zu einem Ereignis als eine wirkliche Bejahung (John Newman, Luigi Giussani).
Dann das Kriterium-Johannes: Er ist der Lieblingsjünger Jesu. Sein Name bedeutet: Gott ist gnädig. Gott ist Liebe, wird er selbst in seinem ersten Brief formulieren (1 Joh 4,16) und Liebe ist gratis, noch mehr umsonst (gratis et frustra). Unser Handeln in der Kirche darf nicht von Ansprüchen, sondern von Gratis-Liebe motiviert werden (und das betrifft, wie auch in Apg. 4,32-35 zu lesen ist, die ökonomische Spähre).
Ich wünsche mir eine Kirche, in der Gratis-Liebe das letzte Kriterium ihres Handelns sei. Eine Kirche, die von Johannes lernt den Herrn zu lieben.
Dann das Kriterium-Petrus: Jeder Katholik, der tatsächlich katholisch sein will, denkt wie der Kirchenvater Ambrosius: "Ubi Petrus, ibi ecclesia. Ubi ecclesia vita aeterna" (dort wo Petrus (der Papst) ist, ist die Kirche, und dort wo die Kirche ist, ist das ewige Leben). Ein Theologisieren, das nicht mit und unter Petrus (cum et sub Petro) steht, ist nicht katholisch. Vom Petrinischen her ist auch das amtliche Priestertum zu verstehen, das für uns allen Eucharistie und Beichte verwaltet (die Frage des Zölibat ist eine Frage, die diskutiert werden darf, so wie andere Fragen, die zum Beispiel das "Verlassen "des Amtes betreffen: es ist nicht gerecht, dass ein Priester, der die Kirche mit Liebe eine lange Zeit zur Diest stand, und wegen einer Liebesgeschichte, das Amt zu verlassen hat, sich in ökonomischen Schwierigkeit befinden muss. Das sei nur als Beispiel gesagt.
Ich wünsche mir eine Kirche, in der beim Schauen von Petrus, die Hand, die uns der Himmel gibt, schauen lernt. Von Papst Franziskus lernen wir die Freude des Evangeliums,; die Wichtigkeit der Schöpfung und der Geschwisterlichkeit aller; den Dialog mit anderen Religionen, Konfessionen und Kulturen und eine Bevorzugung von Armen und Migranten. Aber in erster Linie lernen wir auf den gekreuzigten und auferstandenen Herr zu schauen.
Zum Schluss das Kriterium- Paulus: Es ist das Kriterium der Prophetie und der Gnade, die Gott direkt spendet; einem Volk direkt, so dass das ganze Volk "priesterlich" ist und den Individuen mit ihrer eigenen Sendungen und Charismas. Wenn ich etwa einen Auftrag in der Erziehung oder in der Arbeit mit Frauen, die Gewalt angetan worden ist, habe, dieser Auftrag kommt mir direkt von Gott nicht vom Papst. Es handelst sich nur um 2 Beispiele.
Ich wünsche mir eine Kirche, die im Gebet hören lernt, was Gott uns zu sagen hat. Was Er mir persönlich zu sagen hat.
In Deutschland, in der Kirche, gibt es viele mutige Menschen, die etwa, in schwierigen Situationen arbeiten, aber oft fehlt an die oben genannten theologischen Kriterien und so werden Energie verwendet für Themen, wie das Priestertum der Frauen, die nie zu der katholischen Kirche gehören werden (wenn Bischöfe oder Pfarrer auf diese Unmöglichkeit nicht aufmerksam machen handeln verantwortungslos, da sie unbegründete Hoffnungen entstehen lassen). Das Kriterium der "Gleichheit" ist zwar ein wichtiges Kriterium, aber es ist kein theologisches: "Gleichheit in der Differenz" ist das theologische Kriterium in der Kirche. Hildegard von Bingen hat in dem Dom zu Köln gepredigt übrigens ohne Priester zu sein oder es zu wünschen.
Niemand kann mit meinem Selbstsein (das, was ich wirklich bin als Gabe Gottes) "basteln" oder es überspringen; um mit Charles Peguy zu reden: weder die Kleriker-Kleriker noch die Laien-Kleriker entscheiden was mein Selbstsein ist, aber als Katholik ist dieses mein Selbstsein in der katholischen Tradition verankert, die aus der Bibel, noch mehr aus Christus selbst, angefangen hat zu fliessen. Die Freiheit des Selbstseins ist die größte Gabe Gottes, der eben Liebe, sprich dreifaltig ist. Das habe ich von meinem deutschen Meister und Freund Ferdinand Ulrich gelernt.
Zum Schluss möchte ich sagen, was implizit schon gesagt worden ist: ich wünsche mir eine Kirche, die auf Christus, den gekreuzigten, in die Hölle hinabgestiegenen und auferstanden Herr schaut, der uns den dreifaltigen und liebenden Gott offenbart hat und nicht sosehr eine Kirche, die sich ständig fragt, was sich die heutige Deutsch*innen vermeintlich wünschen, weil diese vom Herrn seit immer schon geliebt sind.
(1) Noch eine Anmerkung: ich möchte auf keinen Fall, dass meine Position von anderen Positionen vereinnahmt wird, die Gefahren von Schismas überall sehen. Wie neulich der Kapuziner Vater Kardinal Cantalamessa mit Recht gesagt hat, ist die katholische Geschwisterlichkeit verletzt worden ("La fraternità cattolica è ferita!"), besonders in den USA, aber der Grund ist kein dogmatischer sondern , das was der Kardinal "opzione politica" ("politische Option") nennt, damit ist gemeint, dass politische Kriterien wichtiger als die kirchliche werden (siehe meine 4 oder die 4, die hier unten der Papst nennt: Wo ist dort der Heilige Geist? Wo ist das Gebet? Wo ist die gemeinschaftliche Liebe? Wo ist die Eucharistie?). Und diese Verletzung erreicht nicht das Herz Jesu, da er ein für alle male Satan besiegt hat, dennoch kann gravierende "historische" Konsequenzen haben. In Deutschland spielt diese "politische Option" auch eine Rolle, aber in einigen Fragen sind auch "dogmatische" Aspekten im Spiel, die dennoch nicht pauschal als "Irrlehre" zu bestempeln sind. Ich habe auch von Verantwortungslosigkeit gesprochen, aber limitiert auf bestimmten Fragen und sehr differenziert. Es gibt eine sich selbst ernannte katholische Presse (Beispiel "kath.net"), die gar nichts zum Frieden untern den Schwestern und den Brüdern einladen will, sondern, sie polarisiert ständig Positionen, die in einer offenen fruchtbare Polarität zu halten sind. Das geschieht weil das, was ich "Kriterium Petrus" genannt habe, nicht ernst genommen wird. Die Kirche ist eine geleitete Gemeinschaft, sub et cum Petro.
Ich will auch nicht eingespannt werden in theologischen Diskussionen, die in nichts beitragen, dass der Herr heute als Liebe erfahren wird. Die theologische Spannung (was unsere Diözese betrifft) etwa zwischen Tomáš Halik und Stefan Thiel (die womöglich nicht gegenseitig ist, sondern nur vom Thiel thematisiert worden ist, eben in kath.net) ist für mich nicht eindeutig klar zu entscheiden. Stefan Thiel sagt, über die Frage des verborgen Gottes, dass Halik eine "ganz fatale Irrlehre" verbreitet. Mit den ähnlichen Argumenten haben konservativen Kreisen sogar den Heiligen Vater bezichtig eine "fatale Irrlehre" zu vertreten. Ich wäre über so ein Thema sehr vorsichtig: wieviel Gott verborgen oder nicht ist, würde ich theologisch in Ruhe reflektieren. Halik's Position erlaubt eine gewisse mythologische Doppelwirklichkeit zu überwinden (das Thema habe ich in meinem Post in Dialog mit Hannah Arendt kurz angesprochen) und Thiel's Position hilft vielleicht besser die Sichtbarkeit Gottes in der Auferstehung wahrzunehmen: aber im NT gibt es eine Polarität, die offen gehalten werden muss. Maria aus Magdala erkennt beim Sehen Jesus nicht und dennoch ist Jesus keinen Gespenst: er isst mit den Seinen, etc...
Und als Lehrer weiss ich, dass Jugendlichen total an diese theologische Spannungen desinteressiert sind und auch die normalen Menschen, deswegen ist mein letztes Kriterium das johanneische: wie kann ich beitragen, dass Christus heute als liebende Gegenwart wahrgenommen worden wird?
Reaktionen auf meiner Stellungnahme
Mit Einverständnis der Autoren werde ich hier einige Reaktionen auf meiner Stellungnahme veröffentlichen. Bis jetzt habe ich eine Reaktion schriftlich bekommen, abgesehen von den Danksagungen.
Von Dr. Johannes A. Kudera, Diözese Paderborn:
PAPST FRANZISKUS
GENERALAUDIENZ
Mittwoch, 25. November 2020
Liebe Brüder und Schwestern, guten Tag!
Der Takt für die ersten Schritte der Kirche in der Welt war vom Gebet vorgegeben. Die apostolischen Schriften und der große Bericht der Apostelgeschichte geben uns das Bild einer Kirche wieder, die auf dem Weg ist, einer tatkräftigen Kirche, die jedoch in den Gebetsversammlungen die Grundlage und den Impuls für das missionarische Wirken findet. Das Bild der Jerusalemer Urgemeinde ist der Bezugspunkt für jede weitere christliche Erfahrung. Lukas schreibt in der Apostelgeschichte: »Sie hielten an der Lehre der Apostel fest und an der Gemeinschaft, am Brechen des Brotes und an den Gebeten« (2,42). Die Gemeinde hält am Gebet fest.
Wir finden hier vier wesentliche Eigenschaften des kirchlichen Lebens: erstens das Hören auf die Lehre der Apostel; zweitens die Wahrung der gegenseitigen Gemeinschaft; drittens das Brechen des Brotes und viertens das Gebet. Sie erinnern uns daran, dass die Existenz der Kirche dann einen Sinn hat, wenn sie fest mit Christus vereint bleibt, also in der Gemeinschaft, in seinem Wort, in der Eucharistie und im Gebet. So vereinen wir uns mit Christus. Die Verkündigung und die Katechese bezeugen die Worte und die Gesten des Meisters; die beständige Suche nach brüderlicher Gemeinschaft bewahrt vor Egoismen und Partikularismen; das Brechen des Brotes verwirklicht das Sakrament der Gegenwart Jesu mitten unter uns: Er wird nie abwesend sein; er ist in der Eucharistie gegenwärtig. Er lebt und geht mit uns.
Und schließlich das Gebet, der Raum des Dialogs mit dem Vater durch Christus im Heiligen Geist. Alles, was in der Kirche außerhalb dieser »Koordinaten« wächst, entbehrt jeder Grundlage. Um in einer Situation eine Entscheidung zu finden, müssen wir uns fragen, wie in dieser Situation diese vier Koordinaten aussehen: die Verkündigung, die beständige Suche nach brüderlicher Gemeinschaft – die Nächstenliebe –, das Brechen des Brotes – also das eucharistische Leben – und das Gebet. Was nicht in diese Koordinaten hineinpasst, ist ohne Kirchlichkeit, ist nicht kirchlich. Gott ist es, der die Kirche macht, nicht das Aufsehen um die Werke. Die Kirche ist kein Marktplatz; die Kirche ist keine Gruppe von Unternehmern, die dieses neue Unternehmen voranbringen. Die Kirche ist das Werk des Heiligen Geistes, den Jesus gesandt hat, um uns zu versammeln.
Die Kirche ist das Wirken des Geistes in der christlichen Gemeinde, im Gemeinschaftsleben, in der Eucharistie, im Gebet, immer. Und alles, was außerhalb dieser Koordinaten heranwächst, ist ohne Grundlage, ist gleichsam ein Haus, das auf Sand gebaut ist (vgl. Mt 7,24-27). Gott ist es, der die Kirche macht, nicht das Aufsehen um die Werke. Das Wort Jesu erfüllt unsere Bemühungen mit Sinn. In der Demut wird die Zukunft der Welt aufgebaut. Manchmal verspüre ich große Traurigkeit, wenn ich eine Gemeinde sehe, die – mit allem guten Willen – den falschen Weg geht, weil sie meint, man könne die Kirche in Versammlungen machen, so als wäre sie eine politische Partei: die Mehrheit, die Minderheit, was dieser oder jener oder der andere meint… »Das ist wie eine Synode, ein synodaler Weg, den wir gehen müssen.« Ich frage mich: Wo ist dort der Heilige Geist? Wo ist das Gebet? Wo ist die gemeinschaftliche Liebe? Wo ist die Eucharistie?
Ohne diese vier Koordinaten wird die Kirche zu einer menschlichen Gesellschaft, zu einer politischen Partei – Mehrheit, Minderheit –, Veränderungen werden gemacht als sei sie eine Firma, durch Mehrheits- oder Minderheitsbeschluss… Aber der Heilige Geist ist nicht da. Und die Gegenwart des Heiligen Geistes wird gerade durch diese vier Koordinaten gewährleistet. Um eine Situation zu bewerten, ob sie kirchlich oder nicht kirchlich ist, müssen wir uns fragen, ob diese vier Koordinaten vorhanden sind: das Gemeinschaftsleben, das Gebet, die Eucharistie… [die Verkündigung], wie das Leben sich in diesen vier Koordinaten entwickelt. Wenn das fehlt, dann fehlt der Heilige Geist, und wenn der Heilige Geist fehlt, dann sind wir eine schöne humanitäre Einrichtung, ein Wohlfahrtsinstitut – gut, gut –, vielleicht auch sozusagen eine kirchliche Partei, aber nicht die Kirche.
Und darum kann die Kirche nicht mit diesen Dingen wachsen: Sie wächst nicht durch Proselytismus, wie eine x-beliebige Firma, sondern sie wächst durch Anziehung. Und wer bewirkt die Anziehung? Der Heilige Geist. Wir dürfen nie dieses Wort Benedikts XVI. vergessen: »Die Kirche wächst nicht durch Proselytismus, sondern durch Anziehung.« Wo der Heilige Geist fehlt, der zu Jesus anzieht, dort ist nicht die Kirche. Dort ist ein schöner Club von Freunden – gut, mit guten Absichten –, aber dort ist nicht die Kirche, dort ist keine Synodalität.
Wenn wir die Apostelgeschichte lesen, entdecken wir also, dass die mächtige Triebkraft der Evangelisierung die Gebetsversammlungen sind, wo jene, die daran teilnehmen, die Gegenwart Jesu persönlich erleben und vom Heiligen Geist berührt werden. Die Glieder der Urgemeinde – das gilt jedoch immer, auch für uns heute – spüren, dass die Geschichte der Begegnung mit Jesus nicht im Augenblick der Himmelfahrt haltgemacht hat, sondern in ihrem Leben weitergeht. Wenn man erzählt, was der Herr gesagt und getan hat – das Hören auf das Wort –, wenn man betet, um in Gemeinschaft mit ihm einzutreten, dann wird alles lebendig. Das Gebet flößt Licht und Wärme ein: Das Geschenk des Heiligen Geistes lässt in ihnen den Eifer entstehen. In diesem Zusammenhang hat der Katechismus ein sehr gehaltvolles Wort. Dort heißt es: »Der Heilige Geist, der seiner betenden Kirche Christus in Erinnerung ruft, führt sie auch in die ganze Wahrheit ein. Er regt an, das unergründliche Mysterium Christi, das im Leben, in den Sakramenten und in der Sendung der Kirche am Werk ist, neu in Worte zu fassen« (Nr. 2625).
Das ist das Werk des Heiligen Geistes in der Kirche: Jesus in Erinnerung zu rufen. Jesus selbst hat es gesagt: Er wird euch lehren und euch erinnern. Die Sendung besteht darin, Jesus in Erinnerung zu rufen, aber nicht als Gedächtnisübung. Wenn die Christen auf den Wegen der Sendung unterwegs sind, dann rufen sie Jesus in Erinnerung, indem sie ihn wieder gegenwärtig machen; und von ihm, von seinem Geist, bekommen sie den »Antrieb«, weiterzugehen, zu verkündigen, zu dienen. Im Gebet taucht der Christ in das Geheimnis Gottes ein, der jeden Menschen liebt – jenes Gottes, der will, dass das Evangelium allen verkündigt werde. Gott ist der Gott aller Menschen, und in Jesus ist jede trennende Mauer endgültig niedergerissen: Wie der heilige Paulus sagt, ist er unser Friede: »Er vereinigte die beiden Teile« (Eph 2,14).
Jesus hat die Einheit hergestellt. So ist der Takt des Lebens der Urkirche vorgegeben von einer beständigen Aufeinanderfolge von Feiern, Zusammenkünften, Zeiten des gemeinschaftlichen und des persönlichen Gebets. Und der Geist ist es, der den Verkündigern die Kraft schenkt, sich auf den Weg zu machen und aus Liebe zu Jesus über Meere zu fahren, sich Gefahren auszusetzen, sich Erniedrigungen zu unterwerfen.
Gott schenkt Liebe, Gott bittet um Liebe. Das ist die mystische Wurzel des ganzen gläubigen Lebens. Die ersten Christen im Gebet, aber auch wir, die wir viele Jahrhunderte später kommen, machen dieselbe Erfahrung. Der Geist beseelt alle Dinge. Und jeder Christ, der keine Angst hat, dem Gebet Zeit zu widmen, kann sich die Worte des Apostels Paulus zu eigen machen: »Was ich nun im Fleische lebe, lebe ich im Glauben an den Sohn Gottes, der mich geliebt und sich für mich hingegeben hat« (Gal 2,20). Das Gebet macht es dir bewusst. Nur in der Stille der Anbetung erfährt man die ganze Wahrheit dieser Worte. Wir müssen den Sinn der Anbetung wieder aufgreifen. Anbeten, Gott anbeten, Jesus anbeten, den Heiligen Geist anbeten. Den Vater, den Sohn, den Heiligen Geist: anbeten. In der Stille. Die Anbetung ist das Gebet, das uns Gott als Anfang und Ende der ganzen Geschichte erkennen lässt. Und dieses Gebet ist das lebendige Feuer des Heiligen Geistes, das dem Zeugnis und der Sendung Kraft verleiht. Danke.
* * *
Herzlich grüße ich die Gläubigen deutscher Sprache. Die Lesungen und Gebete in dieser letzten Woche des Kirchenjahres weisen uns darauf hin, dass Jesus am Ende der Zeiten wiederkommt; und er kommt schon jetzt in den Kleinen und Bedürftigen, um uns einzustimmen auf die große Begegnung mit ihm in der Fülle. Der Heilige Geist begleite uns auf dem Weg dorthin!
Einige Fragmenten aus meiner Tätigkeit in dem pastoralen Rat der Pfarrei
Diese Fragmenten sind entstanden nach der Lektüre der alten pastoralen Vereinbarung in unserer Pfarrei oder in Dialog mit Gedanken, die geäußert worden sind bei der Entstehung der neuen.
(19.4.21)
Lieber Pfarrer (...),
(19.5.21) Mein Vorschlag für die Pastoralvereinbarung: “Wo zwei oder drei in meinem Namen zusammen sind, da bin ich mitten unter ihnen!“ (Mt.18,20)
Glauben verbindet: Gruppen und Kreisen, die sich der Begegnung (auch in der Arbeitswelt), der geistlichen Bildung und dem Gebet widmen, drücken das Leben unserer Pfarrei (Verantwortungsgemeinschaft) aus. Wir pflegen und vertiefen die bestehende ökumenische Kontakte zu christlichen Gemeinden und Schulen vor Ort. Das geschieht z. B. durch ökumenische Gottesdienste, Martinsfeiern, Weltgebetstage, Kulturreisen (Armenien, Rom…) lebendiger Adventskalender (existiert noch?), Sternsingeraktion, Bibelwochen und gemeinsames öffentliches Zeugnis bei Ortsfesten. Wir lassen uns gerne vom Neuen überraschen, da der Heilige Geist weht wohin er will. Offenheit setzt jedoch eine Verankerung statt, die für uns römisch-Katholiken der Papst ist (vgl. Mt 16,18), der allerdings in der ganzen Welt von sehr vielen als moralische Autorität betrachtet wird (nach Möglichkeit werden seine Schriften in unserer Pfarrei vorhanden sein und seine Vorschläge ernstgenommen, von Gruppen oder von vielen, je nach Wichtigkeit).
(20.05.21) Was der Mensch heute braucht ist das man ihn konkret liebt; wenn er das nicht erfährt, dann auch diese hier in diesem Post, sind nur Worten.
(21.05.21) „Für eine synodale Kirche: Gemeinschaft, Partizipation und Mission“.
Kurz vor Pfingsten kommt nun eine neue Nachricht, die den synodalen Weg in D innerhalb eines gesamten Synodalen Weg der katholischen Kirche in der Welt integriert: "Die Bischofssynode gibt sich ein neues Verfahren. Papst Franziskus wird im Oktober einen synodalen Weg in drei Schritten eröffnen, der mit breiten, weltkirchlichen Konsultationen und Unterscheidungsprozessen auf die Bischofssynode zum Thema Synodalität im Herbst 2023 zuführt. Das hat der Vatikan diesen Freitag bekannt gegeben."
Das Generalsekretariat der Bischofssynode im Vatikan, geleitet von Kardinal Mario Grech, hat dieses Vorhaben in einem Dokument von 7 Seiten bekannt gemacht und durch ein Video (https://www.vaticannews.va/de/vatikan/news/2021-05/bischofssynode-ortskirchen-synodalitaet-synodaler-weg.html?fbclid=IwAR1vrUcZkQMmRBpzGy5JeCS89YKcOPzbmds0J8tzndWLZEiS8XtE7uXQrxk). Mit den Worten von Monsignor Luis de san Martin, Untersekretär der Bischofssynode, bitte ich den Heiligen Geist, dass wir in der Lage sein werden uns gegenseitig zuzuhören und den Heiligen Geist zu hören, damit cum et sub Petro ein echter Zuwachs an Gemeinschaft, Partizipation und Mission stattfinden möge.
Da ich als Mitglied des Ortskirchenrates und des Pfarrgemeinderates gewählt worden bin, habe ich vielleicht die Möglichkeit ein bisschen mitzudenken und mitzubeten und mitzureden (falls auch die Pfarreien in der Diözesenebene berücksichtig sein werden), aber nicht die aktive Teilnahmen an den Sitzungen, sondern das Gebet genügt; deswegen lade ich ein "Vater unser" für diesen synodalen Weg der ganzen Kirche zu beten. In der Formulierung des oben zitierten Artikel erscheinen die Pfarreien nicht: "Das Dokument geht an die Kurienbehörden, die Vereinigungen der Ordensoberen, die Vereinigungen oder Föderationen des gottgeweihten Lebens, die internationalen Laienbewegungen, die Universitäten und theologischen Fakultäten". Aber da das ganze Gottesvolk integriert werden soll, hoffe ich, dass auch die Laien in den Pfarreien etwas beitragen können.
(23.5.21 - Pfingsten) Bruder Jeremias Kiesl OSA hat in diesen Pfingsttagen eine sehr wichtige Predigt zum Thema "Ut unum sint", den ich hier nur kurz erwähnen will, ohne deren Reichtums gerecht werden zu können, gehalten. Er verweist auf das Gebet Christi in Johannesevangelium (14-17) und sagt mit Recht, dass wir auf Christus zu schauen haben, wenn wir ökumenisch handeln wollen. Ökumene ist keine Extravaganz, sondern entspricht zutiefst den Wunsch Christi, dass wir eins sind (ut unum simus). Und er bietet ein wichtiges Kriterium für das christliche Handeln: die Freude! Auch die hier oben (am Anfang des Links) genannten Kriterien: Maria, Petrus, Johannes und Paulus sind nur Ausfaltungen der Freude, die nur Gott uns schenken kann.
Er zitiert hat auch den Wunsch von heiligen Johannes Paul II, im Jahr 1995, in seiner ökumenischen Enzyklika "Ut unum sint", über das Petrusamt zu diskutieren. Auf seiner Weise, mit der Einberufung eines synodalen Weg für die ganze Kirche, Papst Franziskus entspricht dem Wunsch seines polnischen Vorgänger. Das Petrusamt ist nur Dienst auf den synodalen Weg! Neulich hat Papst Franziskus während eine Audienz gesagt: als ich in meiner anderen Diözese war... Er meinte Buenos Aires, jetzt ist er in Rom. Also er ist Bischof von Rom, keinen Supermann, auf einen synodalen Weg. Und er ist "Petrus", der Fels, aber nur weil Christus für ihn betet (und das Volk Gottes mit Christus). Die Polarität zwischen Bischof von Rom, mit einem "Primat der Liebe" (Ignatius von Antiochien), und "Petrus" (Vikar Christi...) muss aufrechterhalten werden. Und Balthasar in seinem Buch über den "Antirömischen Affekt" hat nicht das Problem Petrus zu isolieren, sondern ihn in die Gesamtkirche zu integrieren.
Reformen entstehen nicht aus "Ungehorsam", weil der Sohn, Christus, ist dem Vater gehorsam. Gehorsam hat mit "hören" zu tun. Gehorsam und Freiheit lassen sich selbig füreinander verwenden. In einer Interview hat der Pastoraltheologe Paul M. Zulehner indirekt gezeigt, dass Ungehorsam keinen guten Weg der Reformen sein kann: der "Aufruf zum Ungehorsam" seitens einiger Pfarrer vor 10 Jahren in Österreich hat nicht viel Früchte gebracht. Er setzt seine Hoffnung auf "einen synodalen Weg aller" und er wirbt für Vertrauen in dem Vorschlag des Heiligen Vaters:
"Der Papst könnte autoritär handeln (um bestimmten Reformen durchzusetzen; rg) und dabei vor das Zweite Vatikanum zurückfallen. Das tut er nicht. Er will Entwicklungsprozesse anstoßen. Man muss dem Papst gegenüber gerecht sein: Es ist ein Kunststück, die ganze Weltkirche in Bewegung zu bringen, ohne dass diese auseinanderbricht. Ich erwarte viel von der Weltbischofssynode 2022, bei der es um die Synodalität, also ein geordnetese Hören aller auf den Geist Gottes heute, gehen wird. Wir sollten dem Papst dabei Unterstützung geben. Misstrauen gibt es im Vatikan schon genug. Die Kirchenreformer können ihre guten Ideen über die Delegierten der Ortskirche in die Synode einbringen. Die Bischöfe sind gefordert, ihre Diözesen mutig in Rom zu vertreten und nicht nur umgekehrt. Die Reformfreude in den Ortskirchen entscheidet letztlich über den Erfolg des Pontifikats. Dann tragen wir auch dazu bei, dass unsere Weltkirche die anstehenden epochalen Herausforderungen meistert." (Kirchenzeitung.AT, 20/21).
Aber wie (von wem?) empfangen wir die Freude, die Bruder Jeremias Kiesl, als Kriterium uns gegeben hat? Ich glaube nur vom Heiligen Geist, damit wir vor Freude überrascht sind (C.S. Lewis). Und in der Freude dürfen wir über alles reden: desto weniger klerikal, je besser. Die Phänomenologen (Husserl, Heidegger...) haben uns ein Kriterium gegeben: Zur Sache hin! Nicht zu Ideologien, welche auch immer, sondern zu das, was Sache ist, was der Fall ist, in unserem konkreten Leben. Dann können wir über Macht, Sex, Geld, Liebe, Freundschaft reden in einem gegenseitigen Sich-zu-hören und im Zuhören des Geistes, den wir nicht aus uns aussperren dürfen (Br. Kiesl).
(5.6.21) Damit der tote Punkt einen Wendepunk wird - über den Rücktritt von Kardinal Marx
Nur mutigen Menschen scheiden freiwillig von höhnen Ämter aus. Benedikt XVI tat es schon 2013 und nun tut es auch, falls der Papst das zustimmt, Kardinal Reinhard Marx, Erzbischof von München und Freising. Und die Gründe, die er nennt sind nicht nur "ehrenwert", sondern zutiefst christlich: "Wir sind ...an einem einem gewissen 'toten Punkt', der aber auch , das ist meine österliche Hoffnung, zu einem 'Wendepunkt' werden kann. Der 'österliche Glaube' gilt doch auch für uns Bischöfe in unserer Hirtensorge: Wer sein Leben gewinnen will, wird es verlieren; wer es verliert, wird es gewinnen! Seit dem letzten Jahr denke ich intensiv darüber nach , was das auch für mich persönlich bedeutet, und bin...zu dem Entschluss gekommen, Sie zu bitten, mein Verzicht auf das Amt des Erzbischofs von München und Freising anzunehmen. Im Kern geht es für mich darum, Mitverantwortung zu tragen, für die Katastrophe des sexuellen Missbrauchs durch Amtsträger der Kirche in den vergangen Jahrzehnten" ( Reinhard Marx, Brief an Papst Franziskus, FAZ, 5.6.21). Ecclesia semper reformanda! Die Kirche muss immer zu reformieren sein und gerade aus dem Evangelium her! Wenn sie tatsächlich mit der Freiheit von uns Christmenschen zu tun haben will! Freilich Freiheit und Gehorsam verwenden sich in der Kirche selbig füreinander: sie sind die zwei Seite der selben Medaille. Mein Lehrer Ferdinand Ulrich war ein solcher freier-gehorsamer Mensch, aber wenn auch am seinen Sterbebett Bischöfe oder gar Kardinälen gekommen oder anfragen haben, spielte er in dem System Kirche, der mit seinem Rücktritt Kardinal Marx kritisiert, keine Rolle. Dieser Post trägt den Titel: Auf der Suche nach der verlorenen Freiheit und ich meine ernst damit. Und zu diesem Punkt: Kardinal Marx und nicht Kardinal Woelki, bis dato, zeigt den einzigen Weg, den zu gehen ist: Freiheit aus dem Evangelium her!
Mein Post zieht auch eine Bremse, aber nur weil Chaos keine Freiheit ist. Die Gründe einer "Bremse" hat Reinhard Müller heute in der FAZ präzise genannt: "Das Leben ist bunt - und so ist heute auch das politische und gesellschaftliche Angebot. So ist die Lebenswirklichkeit. Sogar die Kirche ändert sich. Aber Abziehbilder sind nicht von Dauer" (Abziehbilder sind nicht von Dauer, FAZ 5.6.21) - am Beispiel der Gender- Problematik präzisiert Müller: "Entscheidend ist: das Leben muss diskriminierungsfrei gestaltet werden. Das ist Herausforderung genug. Aber weder sind alle gleich, noch ist die Natur paritätisch besetzt. Dieses Ziel kann auch nicht erreicht werden, ohne neue Ungerechtigkeit zu schaffen. Auch eine Partei mit Anspruch einer Volkspartei kann es nicht allen recht machen" (ibidem). Und das gilt noch mehr für eine Kirche! Reformen werden getan mit dem Blick auf Christus gerichtet, nicht auf den Zeitgeist (Zeitgeister).
(10.6.21) Hier die Antwort von Franziskus an Kardinal Marx in Wortlaut:
Lieber Bruder,
vor allem: Danke für Deinen Mut. Es ist ein christlicher Mut, der sich nicht vor dem Kreuz fürchtet, und der keine Angst davor hat, sich angesichts der schrecklichen Wirklichkeit der Sünde zu erniedrigen. So hat es der Herr getan (Phil 2, 5-8). Es ist eine Gnade, die der Herr Dir geschenkt hat, und ich sehe, dass Du sie annehmen und bewahren willst, damit sie Frucht bringt. Danke.
Du sagst mir, dass Du einen Augenblick der Krise durchmachst, und nicht nur Du, sondern auch die Kirche in Deutschland. Die gesamte Kirche ist in der Krise wegen des Missbrauchs; ja mehr noch, die Kirche kann jetzt keinen Schritt nach vorn tun, ohne diese Krise anzunehmen. Die Vogel-Strauß-Politik hilft nicht weiter, und die Krise muss von unserem österlichen Glauben her angenommen werden. Soziologismen und Psychologismen helfen da nicht. Die Krise anzunehmen, als einzelner und als Gemeinschaft, das ist der einzige fruchtbringend Weg; denn aus einer Krise kommt man nur in Gemeinschaft heraus, und außerdem müssen wir uns klar machen, dass man aus der Krise als ein besserer oder als ein schlechterer Mensch hervorkommt, aber niemals unverändert.[1]
Du sagst mir, dass Du seit letztem Jahr am Nachdenken bist: Du hast Dich auf den Weg gemacht, den Willen Gottes zu suchen, und bist entschieden, ihn anzunehmen, was immer er sei.
Ich stimme Dir zu, dass wir es mit einer Katastrophe zu tun haben: der traurigen Geschichte des sexuellen Missbrauchs und der Weise, wie die Kirche damit bis vor Kurzem umgegangen ist. Sich der Heuchelei in der Art, den Glauben zu leben, bewusst zu werden, ist eine Gnade und ein erster Schritt, den wir gehen müssen. Wir müssen für die Geschichte Verantwortung übernehmen, sowohl als einzelner als auch in Gemeinschaft. Angesichts dieses Verbrechens können wir nicht gleichgültig bleiben. Das anzunehmen bedeutet, sich der Krise auszusetzen.
Nicht alle wollen diese Tatsache annehmen, aber es ist der einzige Weg. Denn „Vorsätze“ zur Änderung des Lebens zu machen, ohne „das Fleisch auf den Grill zu legen“, führt zu nichts. Die persönliche, soziale und geschichtliche Realität ist Konkret. Es genügt nicht, sie nur mithilfe von Ideen anzunehmen. Denn über Ideen wird diskutiert (zu Recht). Aber die Wirklichkeit muss immer angenommen werden und braucht Unterscheidung. Es stimmt, dass die geschichtlichen Vorkommnisse mit der Hermeneutik jener Zeit bewertet werden müssen, in der sie geschehen sind. Das befreit uns aber nicht von der Aufgabe, Verantwortung zu übernehmen und diese Vorkommnisse anzunehmen als die Geschichte der „Sünde, die uns bedrängt“. Deswegen glaube ich, jeder Bischof der Kirche muss sie annehmen und sich fragen: Was muss ich angesichts dieser Katastrophe tun?
Das „mea culpa“ angesichts so vieler Fehler in der Vergangenheit haben wir schon mehr als einmal ausgesprochen, in vielen Situationen, auch wenn wir persönlich an dieser historischen Phase nicht beteiligt waren. Und genau dieses Verhalten wird von uns auch heute verlangt. Man verlangt von uns eine Reform, die – in diesem Fall – nicht in Worten besteht, sondern in Verhaltensweisen, die den Mut haben, sich dieser Krise auszusetzen, die Realität anzunehmen, wohin auch immer das führen wird. Und jede Reform beginnt bei sich selbst. Die Reform in der Kirche haben Männer und Frauen bewirkt, die keine Angst hatten, sich der Krise auszusetzen und sich selbst vom Herrn reformieren zu lassen. Das ist der einzige Weg; andernfalls wären wir nur „Ideologen der Reformen“, ohne das eigene Fleisch aufs Spiel zu setzen.
Der Herr hat sich niemals auf eine „Reformation“ (ich bitte um Erlaubnis für diese Formulierung) eingelassen: weder auf das Projekt der Pharisäer, noch auf das der Sadduzäer, der Zeloten oder der Essener. Sondern er hat sie mit seinem Leben bewirkt, mit seiner Geschichte, mit seinem Fleisch, am Kreuz. Und das ist der Weg, den auch Du, lieber Bruder, annimmst, indem Du Deinen Amtsverzicht anbietest.
Du sagst in Deinem Brief zu Recht, dass es uns nichts hilft, die Vergangenheit zu begraben. Das Schweigen, die Unterlassungen, das übertriebene Gewicht, das dem Ansehen der Institutionen eingeräumt wurde – all das führt nur zum persönlichen und geschichtlichen Fiasko; es führt uns dazu, dass wir mit der Last leben, - wie die Redewendung sagt – „Skelette im Schrank zu haben“.
Es ist wichtig, die Realität des Missbrauchs und der Weise, wie die Kirche damit umgegangen ist, zu „ventilieren“ und zuzulassen, dass der Geist uns in die Wüste der Trostlosigkeit führt, zum Kreuz und zur Auferstehung. Es ist der Weg des Geistes, dem wir folgen müssen, und der Ausganspunkt ist das demütige Bekenntnis: Wir haben Fehler gemacht, wir haben gesündigt. Es sind nicht die Untersuchungen, die uns retten werden, und auch nicht die Macht der Institutionen. Uns wird nicht das Prestige unserer Kirche retten, die dazu neigt, ihre Sünden zu verheimliche. Uns wird nicht die Macht des Geldes retten und auch nicht die Meinung der Medien (oft sind wir von ihnen allzu abhängig). Was uns retten wird, ist: die Tür zu öffnen für den Einen, der allein uns retten kann, und unsere Nacktheit zu bekennen: „ich habe gesündigt“, „wir haben gesündigt“ – und zu weinen, und zu stammeln, so gut wir können: „Geh weg von mir, denn ich bin ein Sünder“, ein Vermächtnis, das der erste Papst den Päpsten und Bischöfen der Kirche hinterlassen hat. Dann werden wir jene heilsame Scham empfinden, die die Türen öffnen wird zu jenem Mitleid und jener Zärtlichkeit des Herrn, die uns immer nah sind. Als Kirche müssen wir um die Gnade der Scham bitten, damit der Herr uns davor bewahrt, die schamlose Dirne aus Ezechiel 16 zu sein.
Es gefällt mir, wie Du den Brief beendest: „Ich bin weiterhin gerne Priester und Bischof dieser Kirche und werde mich weiter pastoral engagieren, wo immer Sie es für sinnvoll und gut erachten. Die nächsten Jahre meines Dienstes würde ich gerne verstärkt der Seelsorge widmen und mich einsetzen für eine geistliche Erneuerung der Kirche, wie Sie es ja auch unermüdlich anmahnen“.
Und genau das ist meine Antwort, lieber Bruder. Mach weiter, so wie Du es vorschlägst, aber als Erzbischof von München und Freising. Und wenn Du versucht bist, zu denken dass dieser Bischof von Rom (Dein Bruder, der Dich liebt), indem er Deine Sendung bestätigt und Deinen Rücktritt nicht annimmt, Dich nicht versteht, dann denk an das, was Petrus im Angesicht des Herrn hörte, als er ihm auf seine Weise seinen Verzicht anbot: „Geh weg von mir, denn ich bin ein Sünder“ – und die Antwort hörte „Weide meine Schafe“.
Mit brüderlicher Zuneigung
FRANZISKUS
[1] Es besteht die Gefahr, die Krise nicht anzunehmen und sich in Konflikte zu flüchten, eine Verhaltensweise, die damit endet, zu ersticken und jede mögliche Veränderung zu verhindern. Denn in der Krise steckt ein Keim der Hoffnung, im Konflikt hingegen ein Keim der Hoffnungslosigkeit. Die Krise involviert uns – der Konflikt hingegen hält uns gefangen und führt zu der aseptischen Haltung des Pilatus: „Ich bin unschuldig am Blut dieses Menschen. Das ist eure Sache“ (Mt 27, 24) – eine Haltung, die uns schon so viel Schaden zugefügt hat und immer noch zufügt.
(vatican news - mg): https://www.vaticannews.va/de/papst/news/2021-06/papst-franziskus-kardinal-marx-wortlaut-brief-antwort-deutsch.html?fbclid=IwAR0hcJS2T1Kaxkj9LBJBavyGl2taJSPuUKZakblZclkowbJjkn2HZaOHVxM
(9.6.21) Über das Frauenpriestertum
Womöglich ist in diesen meinen Überlegungen als die größte "Bremse" eines Reformprozesses mein Nein zum Frauenpriestertum zu sehen. Mir ist ganz bewusst, dass zu diesem Thema der Risiko ist, dass man sich gegenseitig überhaupt nicht versteht. Und nicht alle Argumente pro oder contra sind gleiches Wert.
Fangen wir an mit den 4 von mir vorgeschlagenen Kriterien, die rein als Typologie betrachtet werden können. Gabriela Wozniak, in seinem Buch "Göttliche Erlösung und geschöpfliche Partizipation", Regensburg 2021, sagt mit Recht: "Im Blick auf auf die realsymbolischen Gestalten der Kirche sind die Berufungen Maria, Johannes und Paulus von allen Gläubigen durch die Zeit hindurch realisierbar, die des Petrus bezieht sich auf eine personale Repräsentanz Christi, die ontologisch nur in einem Mann geschehen kann. Wenn hier keinen Unterschied zwischen Repräsentanz und Typus ausgearbeitet wird, was bei Balthasar ja in keiner Stelle passiert, so gerät die Argumentation in eine Schieflage" (233). Die Schieflage bestünde etwas in der Art, dass eine Frau wegen ihr Typus (Frau sein), keine Macht in der Kirche ausüben könne. Was freilich Blödsinn ist: wie eine Frau Bundeskanzlerin werden kann, kann sich auch Macht in der Kirche verwalten" (man muss nur an die Rolle einer Äbtissin, die manchmal mächtiger als ein Bischof ist und war, denken). "In diesem Sinne ist eine saubere Trennung zwischen der Zuordnung des Weihpriestertums an den Mann und den ganzen Geflecht der Fragen um die Macht vorzunehmen" (Wozniak, 300).
Der Mann und sein Mächtigkeit (Mann sein als Typus) haben mit der Repräsentanz Christi gar nichts zu tun: am Altar handelt Christus, nicht der Mann. Jedoch Christus ist als Person ein Mann und wegen der "Dialogizität des Menschen" (Wozniak, 301), brauch er die Frau als Person und nicht ein Typus, oder mindestens nicht nur als ein Typus, um den "Dialog" zu gestalten. "Aus der direkten Bezogenheit des Mysteriums auf jeden einzelnen Menschen sowie dem empirischen Charakter der Verwandlung wird das Priestertum im viel umfassender Rahmen betrachtet. Die Zuordnung dessen an den Mann resultiert aus einem vertieften Verständnis der Maria-Ecclesia im Sinne des Wir-Raumes der Freiheit wie auch aus der Realpräsenz Christi in Priester selbst, vor allem beim Sprechen der Wandlungsworte" (Wozniak, 301).
Auch wenn ich dazu neige, aber ehr aus philosophischen Gründe zur Typologie Mann/Frau, lasse ich mich von dem phänomenologischen Ansatz Wozniak's gerne korrigieren, den ich beim Lesen ihrer Dissertation erfahre. In diesem Post mein Hauptargument war jedoch nicht typologisch, sondern den philosophischen Satz der Einheit in der Dualität zwischen Mann und Frau und dachte weniger als eine trinitarische Ableitung der Prozessionen, sondern an eine ehr anthropologische Betrachtungsweise, die sich fragt ob Gerechtigkeit und Gleichheit ehr eine Alternative als Synonymen sind.
Ferner denke ich an einem kirchlichen Realismus, der den synodalen Weg innerhalb des allgemeinen synodalen Weg der ganzen Kirche integrieren will (Bischof Oster) und der um katholisch zu sein sub et cum Petrus stattfinden soll. Zum Thema "Frauenpriestertum" sagte der Heilige Johannes Paul II: "Damit also jeder Zweifel bezüglich der bedeutenden Angelegenheit, die die göttliche Verfassung der Kirche selbst betrifft, beseitigt wird, erkläre ich kraft meines Amtes, die Brüder zu stärken (cfr. Lk 22,32), dass die Kirche keinerlei Vollmacht hat, Frauen die Priesterweihe zu spenden, und dass sich alle Gläubigen der Kirchen endgültig an diese Entscheidung zu halten haben" (Ordinatio sacerdotalis, 4). Und zu diesem Thema spricht Papst Franziskus von einer geschlossen Tür (vgl. Osservatore Romano, 31.7.2013, am Tag des Heiligen Ignatius). Zitaten aus Wozniak, 296, Anmerkung 121).
(24.6.21. Hl. Johannes der Täufer) Den Glauben vorsetzen, nicht voraussetzen.
Nicht vielen hatten, wie Luigi Giussani (1922-2005), und das schon in den 50er jähren des letzten Jahrhunderts, das Bewusstsein, dass die Evidenz des Glaubens verloren war, auch wenn damals die Kirchen voll waren. Was wir auch tun wollen, um das Leben in einer Pfarrei lebendig zu halten oder zu erneuern, muss man nicht vergessen, dass wir den Glauben vorsetzen, nicht voraussetzen können und dürfen, etwa mit der Ausrede, dass einige Sätze evident sind, weil sie es in der Tiefe nicht sind. Etwa wenn wir über Musik reden, sollten wir genau vorsetzen, was das Wesentliche in der Musik in der Kirche ist.
Kultur der Anerkennung oder Krankheit des Geistes?
In einer Sitzung der Pfarrei habe ich behauptet, dass die "Anerkennung", in Sinne einer anerkannt-werden-müssen für einen Dienst, eine "Deutsche Krankheit" ist; jemand sagte mir, dass ich es mir sehr einfach tue, mit diesem Antwort. Zu klären wäre, dass ich mehr Jahren meines Lebens in Deutschland verbracht habe als in Italien. Sprich, ich bin von dieser Krankheit nicht immun. Da es zu wenig Priester gibt, gibt es Laien (keine Diakonen), die auch am Sonntag Wortgottesdienste halten und freilich ohne bezahlt zu werden und die womöglich einer Anerkennung für Ihren Dienst brauchen. So wie bei der Musik noch mehr im Gottesdienst der Adressat unserer Bemühungen ist Gott, der uns das Sein geschenkt hat, also um so zu sagen, dass uns eine "ontologische" Anerkennung unseres Selbst schenkt. Das bedeutet nicht, dass man keine Kultur der gegenseitigen Anerkennung oder Achtsamkeit haben darf oder soll, aber in erster Linie nur Gott kann uns die Anerkennung geben, die unserem Tun in der Kirche rechtfertigt. Das ist leider nicht mehr existentiell war, sprich, dass ist die erste Tatsache, die wir voraussetzen, ohne dass es tatsächlich vorgesetzt oder in Erinnerung gerufen ist. Oder besser noch: bezeugt wird.
(11.7.21. Heiliger Benedikt) Yes, God, Yes - Bose Mädchen beichten nicht, 2019 (deutsche Ausgabe 2020).
Der Film handelt um ein Mädchen, Alice, die streng katholisch erzogen worden ist und der nach einem Chatgespräch die Freuden der Masturbation entdeckt. Der Film ist im amerikanischen Kontext gedreht worden und der ist freilich einseitig anti-katholisch. Auf deutsch zu sehen ist er bei "prime video". Wenn ich sage, dass es einseitig anti-katholisch ist, sage ich nicht, dass es nicht ein Moment der Wahrheit enthält und wenn ich sage, dass es im amerikanischen Kontext gedreht worden ist, sage ich nicht, dass in der Frage der Sexualität auch in D sehr viel schief, sehr schief gelaufen ist. In den letzten Jahrzehnten in unserer Region (ich spezifiziere hier die Diözesen nicht) habe ich von einem Kaplan, der Kinderpornographie gesammelt hat, und von einem anderen, der Jugendlichen zum Trinken motiviert hat, bis er sie dann sexuell missbrauchen konnte, erfahren. Sprich die Kirche hat sich nicht besonders glaubwürdig gemacht hat.
Hier die Handlung des Films, sowie sie in Wikipedia zu lesen ist:
Im Herbst 2000 ist Alice eine Schülerin einer streng katholischen Highschool. Ihre aufkeimende sexuelle Neugier unterdrückt sie, weil Pfarrer Murphy im Unterricht Sexualität außerhalb der Ehe als Sünde darstellt. Während eines Chats lässt sie sich zu Cybersex hinreißen, den sie abbricht, als ihre Mutter nach Hause kommt.
Nach einer Party am Wochenende geht in der Schule das Gerücht um, Alice hätte ihrem Klassenkameraden Wade „die Sahne geschlagen“ (im Original „tossed the salad“). Alice kennt die Redewendung nicht und bestreitet, irgendwelche sexuellen Handlungen ausgeführt zu haben. Das Gerücht erreicht auch die Lehrerin Mrs. Veda. Diese entbindet Alice in letzter Minute von ihrer Rolle als Gabenbringerin in der Messe.
Mit ihrer besten Freundin Laura nimmt Alice am schulischen „Kirkos Retreat“ teil. Im Camp lernt sie den attraktiven Chris kennen, der zusammen mit Nina und anderen älteren Schülern als Mentor agiert. In der Nacht entdeckt Alice ihr Mobiltelefon als Vibrator, bricht allerdings ab, als sie das Kruzifix an der Wand sieht.
Auf der Wanderung am zweiten Tag simuliert Alice einen Sturz, um Chris näherzukommen. Am Nachmittag entdeckt Nina Alices Telefon, das sie bei ihrer Ankunft eigentlich hätte abgeben müssen. Zur Strafe muss sie Reinigungsarbeiten in der Kantine übernehmen. Sie nutzt die Gelegenheit, um auf Vater Murphys Computer einen Schwulen-Chat zu betreten und die Redewendung „Sahne schlagen“ zu ergründen. Bevor sie Ergebnisse erhält, hört sie Schritte und schaltet den Computer hastig aus.
Am dritten Tag konfrontiert Vater Murphy die Gruppe mit dem Chat auf seinem Computer und fordert den Schuldigen auf, sich noch vor Ende des Retreats zu bekennen. Bei der Beichte drängt er Alice, die Gerüchte um sie zu gestehen, glaubt ihren Beteuerungen allerdings nicht. Während ihrer Reinigungspflichten stellt sie Wade zur Rede, weil er die Gerüchte um sie nicht bestritten hat. Er gibt lediglich Alice die Schuld daran und lässt sie stehen, ohne sich zu entschuldigen. Dabei vergisst er jedoch sein Armband, das Alice an sich nimmt. Beim Bodenwischen beobachtet Alice, wie Nina im Garten einen anderen Mentor küsst und felliert. Dabei stimuliert Alice sich mit dem Besenstiel, bis sie abermals unterbrochen wird. Als sie Laura erzählt, was Nina getan hat, glaubt sie ihr nicht und es kommt zu einem Streit. Laura wirft ihr vor, das Gerücht mit Wade selbst in die Welt gesetzt zu haben, und unterstellt, sie habe sich am Computer des Pfarrers zu schaffen gemacht.
Bei der nächsten Gelegenheit versteckt Alice das Armband von Wade unter der Tastatur im Büro von Vater Murphy. Als er eintrifft, versteckt sie sich und wird Zeugin, wie er zu einem Porno masturbiert. Verwirrt trifft sie auf Chris, mit dem sie sich in Ruhe unterhält. Dabei küsst sie ihn, doch er rennt davon. Am Abend stiehlt sie sich vom Camp und betritt eine Lesben-Bar. Die Besitzerin Gina gibt ihr Ratschläge und fährt sie zurück. Beim Abschied erfährt Alice endlich, dass die Redewendung „jemanden den Penis zu rubbeln“ (im Original Anilingus) bedeutet.
Am letzten Tag schließt Laura Frieden mit Alice, nachdem Wade der Vorfall am PC zugeschoben wurde. Laura glaubt nun, Wade wäre schwul und hätte selbst das Gerücht erfunden, um seine Homosexualität zu verbergen. In einer Rede auf der Gruppensitzung erinnert Alice daran, dass jeder etwas verheimlicht und man andere trotzdem mit Respekt behandeln sollte.
Wieder in der Schule entschuldigt sich Alice bei Chris. Während der Beichte bei Vater Murphy gesteht Alice, dass sie während des Retreats einen Porno gesehen hätte und beschreibt dabei die Details des Videos, das der Pfarrer selbst geschaut hatte. Beschämt erteilt Vater Murphy ihr die Buße, die Alice jedoch nicht vollführt. Stattdessen geht sie nach Hause, um zu der Sexszene aus Titanic zu masturbieren. (https://de.wikipedia.org/wiki/Yes,_God,_Yes_–_Böse_Mädchen_beichten_nicht)
Natürlich ist die Kirche nicht nur und nicht hauptsächlich das, was der Film darstellt; heute am Tag des Heiligen Benedikts muss gesagt werden, dass die katholische Kirche für Europa eine enorme karitative, kulturelle und liturgische Präsenz gewesen ist und ist. Dass es Priester gegeben hat, dass während der Pandemie (um ein Beispiel zu machen), das eigene Leben für anderen geopfert haben. Aber zweifelsohne die Gestalt von Pfarrer Murphy ist "Legion", sprich es ist nicht nur eine Ausnahme. Und das was Alice widerfährt, die Entdeckung der eigenen Sexualität, entsprich einem Faktum, der unleugbar ist. Sowohl in streng lutherischen wie in streng katholischen Milieus hat man eine Erziehung erteilt, die leugnet, was nicht zu leugnen ist: Sexualität, auch in der Form der Masturbation, ist einen sehr verbreiteten Phänomen, die einem echten Bedürfnis entspricht (wie Essen...). Freilich es gibt auch "Edlen Seelen" (ich rede nicht von mir; ich bin es nicht), die nicht vergessen werden müssen: also die sexuell rein sind und überhaupt nicht verlogen. Aber in aller Deutlichkeit, mehr als was der KKK zugeben hat, muss gesagt werden: Masturbation ist kein Delikt, sondern die Antwort an einem Bedürfnis. Ähnliches lässt sich sagen auch über das Thema: sex vor der Ehe.
Ich denke durchaus, dass es eine echte und fruchtbare Berufung zur Jungfräulichkeit und zur Ehe gibt und dass in beiden Stände Heiligkeit möglich ist; ich weiss auch, dass die Freude, die ein echte katholische Ehe geben kann etwas ist, dass keine einseitige Erfahrung von Sexualität geben kann und dennoch ist für die meisten, der sexuelle Trieb, etwas, das ihnen Kraft zum Leben gibt und das zu verteufeln ist fatal. Es gibt auch Menschen in der Kirche die nicht masturbieren, aber die das nur durch eine Kompensation an Macht ertragen: sie befriedigen dann selbst mit Macht, statt mit Sex. Und auch Bewegungen und geistlichen Gemeinschaften sind nicht frei davon: das nicht zu "beichten" ist verlogen. Möge der Herr uns seine Freude schenken und dennoch in keinen biblischen Kurzschlüsse geraten, weil wenn auch Sex (Spass) in unseren Medien-Angeboten überbewertet ist, in unseren Kirchen ist es oft unterbewertet: die Freude der Masturbation (um hier bei Beispiel des Films zu bleiben) lässt sich nicht mit Predigen ersetzten.
Möge die Mutter Gottes uns helfen weder verlogen noch unrein zu sein, soweit das für den einzelnen Mensch in unserer Transparenzgesellschaft es möglich ist. Das Herz Marias und Jesu sind voller Barmherzigkeit, Nähe und Mitleid mit uns allen: möge ihre Präsenz in uns eine echte, nicht eine verlogene sein. Und wenn Alice die verlogene Busse von Vater Murphy nicht durchführt, ist sie unendlicher authentischer als er.
PS Um nicht bezichtig zu werden "meine" (sit venia verbo) Kirche zu verteidigen, dort wo sie nicht verteidigt werden kann, habe ich einen Aspekt bis jetzt nicht betont: dieser Film entspricht der liberalen Narration, die wir allzu gut von Netflix kennen, in der Lesben positiv besetz sind, etc. Ich habe genügend Glenn Greenwald und seine Kritik an die "corporate media", um nicht zu wissen, dass es bestimmten Gestalten zu dieser Narration gehören (etwa die verlogene Gestalt von Vater Murphy), aber zum Beispiel Kardinäle, die unschuldig in Sache Pädophilie angeklagt worden sind oder die sogar deswegen unschuldig in Gefängnis gesessen haben, gehören eben nicht zu einer "liberalen" Narration der Ereignisse.
(17.7.21) Es scheint, aber ich habe es noch nicht gelesen (Meine Informationen sind die 2 heute in der FAZ erschienen Artikeln), dass mit dem "Motu Proprio" "Traditionis custodes" Papst Franziskus das Recht die Verwendung des Missale von 1962 zu verwenden stark eingeschränkt habe. Der Grund ist, dass nach dem freundlicheren Kurs von Johannes Paul II, Benedikt XVI und selbst von Franziskus, die "Gefahr der Spaltung" noch größer geworden sei. Die Heilige Messe in diesem Ritus habe ich nur in meiner Münchener Zeit (erste Jahren der 90er Jahren) kennengelernt, als ich bei Robert Spaemann studiert habe - einige Studenten von ihm besuchten die Heilige Messe in diesem Ritus und dann haben wir mit ihm gefrüstückt. Die 2 Argumente Spaemanns fand ich stark: man kann nicht einen Ritus verbieten, durch den auch Heiligen Gott gepriesen haben. Die Priester, die ein solches Ritus zelebrieren, sind sehr gute Priester. Nun, Gott lob, nicht ich, sondern der Papst hat die letzte Verantwortung für die Kirche und das Argument von ihm, dass in der FAZ von heute gelesen habe, ist bedenkenswert.
(22.7.21) Können wir uns von Gott entfernen? - in Dialog mit dem Heiligen Augustinus (Die Bekenntnisse, Kapitel 5,2).
In einer Predigt des Monats Februar 2020 Papst Franziskus sprach von dem Unterschied zwischen David und Salomon. Der erste hat sehr schwer gesündigt: nicht nur mit der Frau eines anderen Mannes geschlafen, sondern auch ihn töten lassen, aber er hat seine Beziehung zu Gott nicht verloren. Salomon, der als junger Mann sehr weise war, hat sich peu a peu, durch seine Frauen, die anderen Göttern verehrt haben, von Gott entfernt. Ich habe meinem Beichtvater neulich gefragt, ob man sich durch eine bestimmte Haltung von Gott entfernen kann. Er hat mich zu der oben genannten Stelle von Augustinus verwiesen; später beim Nachschlagen der Stelle in einer meinen Aufgaben der "Bekenntnisse" habe ich gemerkt, dass ich diese Stelle schon unterstreichen hatte. Ich besitze die Übersetzung Balthasars und die von Kurt Flasch und Burkhard Mojsisch und freilich den lateinischen Text. Augustinus sagt, dass Gott "keinen von Deinen Geschöpfe verlässest". Balthasar, zwar mit dem schwierigen Konjunktiv, übersetzt den Lateinischen Text vielleicht präziser als die andere Übersetzung, die ich erwähnt habe: "denn du überlässt nicht von dem, was du gemacht hast, sich selbst": "quia non deseris aliquid eorum, quae fecisti". Also er verlässt niemand, weder David noch Salomon. Ich meine auch nicht den Typ David und den Typ Salomon, der Gott für die Götter verlässt (Geld, Macht und alle anderen Abstraktionen).
Aber um es zu merken, dass Gott uns nicht verlässt, brauchen wir eine Umkehr, Umwendung. Wir sollen anfangen ihn zu suchen, aber jemand der nie aufgehört hat uns/mich zu sehen, uns/mich zu lieben. Und sobald man erst macht mit dieser "Umwendung", entdeckt man, dass Gott schon in meinem Herzen ist und in dem Herzen der Menschen, die ihn bekennen. Wenn wir von ihm weglaufen, Er steht vor und in mir. Also wir können nicht von Gott weglaufen, da er alles ist, aber wir können nicht merken, dass er da ist. In der Flucht finden wir weder uns selbst, noch weniger Er, der absolute Gratis Liebe ist.
Die genauere Anwendung all dieser Gedanken an konkreten Sünden, sprengt den Rahmen dieses Post. Besonders im Bereich der Sexualität gibt es eine Kluft zwischen dem, was die Kirche als Sünde betrachtet und was die Katholiken machen und denken; wenn man nicht offen ist (besonders in Dialog mit konkreten Menschen oder auch in der Beichte), trägt man nur zu der Vergrößerung der Heuchelei bei. Ich denke nicht (um ein Beispiel zu machen), dass sexuelle Beziehung außerhalb der Ehe Sünde sind, aber freilich gibt es auch sexuelle Beziehungen, die auch in der Ehe Sünde sind. Grundsätzlich all das, was den anderen gegen seinen Willen manipuliert. Augustinus hilft uns in einem Punkt: die liebende Präsenz Gottes ist nicht eine Leistung von uns; die Umwendung von der er redet ist keine Leistung, sondern eine Gnade, die wir annehmen können oder auch nicht. Wie auch die Sache im Details sein mag (welche Sünde wann genau ist Sünde?), Den, den wir mit der Umkehr suchen, ist schon da!
(11.8.21 Santa Clara) "Gott will keine zerrissene Demut, sondern Vertrauen" (Adrienne von Speyr, Die Streitreden. Johanneskommentar Kapitel 6-12, Einsiedeln 1949, 212). Über die Erzkonservative und das Gesetz
Die Reaktionen auf den Motu Proprio "Traditionis custodes" seitens der Konservativen spricht Bände. Sie, die nur Sinn für das Gesetz haben, bezichtigen den Papst der Barmherzigkeit unbarmherzig zu sein. In der Tat in diesen 8 Jahren des Pontifikats sind gerade die Erzkonservativen, die normal Päpste verteidigen, die Papst Franziskus attackieren (die linke Attacken sind auch da, aber weniger intensiv). Und womöglich bedienen sie sich auch der "alten" Messe um ihren wiedersinnigen Widerstand zu leisten; deswegen ist es gut, dass Bischöfe vor Ort einen Blick darauf werfen über das Wieso und Wie der Verwendung des alten Ritus, der freilich als Ritus, mit dem vielen Heiligen zelebriert haben, nicht in sich schlecht ist.
Aber noch wichtiger ist die Frage nach dem Gesetz, den Papst Franziskus mehrmals übertreten hätte. In der heutigen Mittwochskatechese, die eigentlich auswendig zu lernen wäre, Papst Franziskus erklärt, dass die Verheissung an Abraham viel älter als das Gesetzt ist. Deswegen mit der Verkündungen der "sola fide" Paulus (Galati) keinen Gesetz übertrat oder das "Alte", verleugnete sondern er ging zum Ursprung. Und der Ursprung ist das Vertrauen, das Abraham in der Verheißung hatte. Nicht die zerrissene Demut wegen unseres Handeln gegen das Gesetzt (sowieso sind wir alle böse), sondern das Vertrauen in Jesus ist unser Glaube. Freilich das Christentum steht und und fehlt mit der Idee der Erlösung (Adrienne) und das Gesetz hat eine pädagogische Funktion (Papst Franziskus), aber allerdings das Gesetz in seiner Reinheit und Einfachheit und nicht dessen übertriebenen Interpretationen. Christus verkörpert sicher auch einen Blick der Gerechtigkeit, aber seinen ersten und letzten Blick ist der, der Liebe (Adrienne) und der Zärtlichkeit (Franziskus).
Und das Vertrauen in dem Heilgen Vater, für den Christus und ein ganzes Volk betet, wäre der erste Schritt, der mir erlauben würde auch mit einem mehr an Sympathie den Moment der Wahrheit in der konservativen Position anzunähern.
(3.9.21) Was ist Ökumene? Ökumene, den Dialog unter den Konfessionen und auch, in einem gewissen Sinne, unter den Religionen, ist zu lernen die Dinge, die Beziehungen, die Meinungen...noch mehr die Personen, so zu sehen, wie Christus sie sieht, so zu sehen wie der Vater sie sieht. Und freilich darf man auch einen Mitmenschen, der nicht an Gott glaubt oder der sich nicht einer Religion oder Konfession gebunden fühlt, so sehen, wie der Vater, die absolute Liebe, ihn sieht. In einer gewissen Hinsicht Ökumene ist mehr Hören, Zuhören als Reden, besonders sollte man vermeiden zu sagen, was ich denke, dass der andere denkt oder spürt.
Um das zu tun, können wir es nur in dem Ort, in dem geistigen Ort in dem wir uns befinden: also ich kann es nur in der römisch-katholischen Kirche und auf Grund der Sendung, die ich habe. Ob mich jemand versteht oder nicht, ist es nicht besonders wichtig (da ich nur ein "unnützer Knecht" bin), aber das Verständnis meiner Sendung ist insofern wichtig, weil ohne sie es mich als Hörender nicht gibt und dazu gehören diesen Kriterien, die ich am Anfang dieses Posten erwähnt habe: das marianische, das petrinische, das johanneische und das paulinische. Ich kann nur in dieser Konstellation ein Hörender sein. Wie Maria versuchen zu hören, zu tragen, zu dienen. Mit Petrus zu lieben und das Hierarchische in der Kirche zu vertrauen (auch und besonders im Sinne des "Ubi Petrus, ibi eccelsa, ubi ecclesia vita aeterna"). Mit Johannes zu lieben ohne unbedingt ein Amt zu haben, aber in dem Maria als "Mutter" hat; mit Paulus manchmal Dinge zu sagen, dass nicht ein Mal Petrus hören will, besser er hört sie schon, aber er macht einen Schritt nach vorne und viele nach Hinten (siehe Galati 2).
Aber ich bin auch ein Kind dieser Welt und mit Walker Percy würde ich sagen, dass der existentielle Ordnung von dem, was ich liebe (die Beispiele sind von dem amerikanische Autor) ist eher so: Schöne Frauen, meine Schriften, Whisky und dann Gott, aber immer hin an der vierten Stelle und den ganzen Kram der katholischen Kirche gehört eben zu meinem Glauben an Gott.
Meine Freunde sind mir sehr wichtig, aber hier will ich nicht darüber reden (ich habe ihnen schon meinen intellektuellen Werdegang, den ich in diesem Blog auf italienisch gepostet habe, gewidmet); ein letztes Wort dieses Posten geht es um zu sagen, dass einigen Autoren mich so gemacht haben wie ich bin; zwar Gott hat es gemacht, aber durch die Vermittlung dieser Menschen. Innerhalb der Philosophie und Theologie handelt sich u.a. um folgenden Menschen: Hans Urs von Balthasar, Adrienne von Speyr, Ferdinand Ulrich, Luigi Giussani, John Newman, Charles Peguy, Paolo Dall'Oglio, Etty Hillesum, Henri de Lubac, Hannah Arendt...Augustinus...unter den Lebenden gibt es noch ein paar Namen, aber damit genügt es.
(12.9.21) Gestern bin ich von dem Rat unserer Pfarrei zum Kirchenrat der Diözese gewählt worden. Der richtige Geist, in dem dieser Auftrag, so klein er sein möge, steht in "Gaudete et exultate", 28: "Ein Einsatz, der von der Angst, vom Stolz oder vom Bedürfnis, gut dazustehen und zu herrschen, motiviert ist, wird sicherlich nicht heiligend sein. Die Herausforderung besteht darin, die eigene Selbsthingabe so zu leben, dass die Bemühungen einen dem Evangelium entsprechenden Sinn haben und uns immer mehr Jesus Christus angleichen. Deshalb ist es üblich, z.B. von einer Spiritualität des Katecheten, von einer Spiritualität des Diözesanklerus, von einer Spiritualität der Arbeit zu sprechen. Aus demselben Grund schloss ich Evangelii gaudium mit einer Spiritualität der Mission, Laudato si’ mit einer ökologischen Spiritualität und Amoris laetitia mit einer Spiritualität des Familienlebens.". Die Schwierigkeit wird es sein die Polarität der vielfältigen Positionen in der Kirche fruchtbar und cum sentire ecclesiae zu leben; die Neigung hier in D ist als Reform nur bestimmten Themen zu sehen, die eigentlich zu Sackgassen führen: etwa das Frauenpriestertum. Auch wenn zweifelsohne Frauen mehr Gewicht in der Kirche haben sollten...
(18.9.21) Über das Wesen der Kirche. In einem synodalen Beitrag, der den Titel trägt: "Vollmacht und Verantwortung - Thesen zur Kirchenreform", Marianne Schlosser (Professorin), Alina Oehler, Florian Wörner (Weihbischof) und Wolfgang Picken (3.9.21, Bislang unveröffentlicht), sagen: "Die Kirche muss dieses Thema (Missbrauch) sehr ernst nehmen und sich den drängenden Fragen stellen. Aber sie kann dies nur auf der Basis dessen tun was nach katholischen Glauben ihr Wesen ausmacht" (Seite 3). Mein Beitrag zum Thema befindet sich sehr nah an diese Aussage, und jedoch versucht er konkrete und personale Kriterien zu geben, gerade um sich nicht in einem abstrakten "Wesen" der Kirche zu fixieren. Ganz einverstanden bin ich aber mit der Aussage: "Situationen der Krise rufen alle Glieder dazu auf, neu zu entdecken, was sie von Christus her ist, und mehr zu werden, was sie nach seinem Willen sein soll" (ibidem). Auch die Zielformulierung ist beizustehen:
"Um dieses Ziel zu erreichen, sind der Umgang mit amtlicher Vollmacht in der Kirche zu überdenken und Möglichkeiten vertiefter Partizipation aller Getauften im Rahmen kirchlicher Synodalität zu erschließen. Wir wollen konkrete Schritte für Reformen skizzieren, die in Treue zum Glauben der Kirche und in Entsprechung zu ihrer Rechtsordnung umgesetzt werden können, die aber ebenso erkennen lassen, dass Anfragen, die aus der Gesellschaft an die Kirche herangetragen werden, ernst genommen werden. Der Blick auf die Strukturen darf nicht den Blick von Gott weglenken. Ohne neues Leben und echten, vom Evangelium inspirierten Geist, ohne ,Treue der Kirche gegenüber ihrer eigenen Berufung‘ wird jegliche neue Struktur in kurzer Zeit verderben“, schreibt Papst Franziskus." (3).
Und dennoch, möchte ich es nochmals betonen, unterscheidet sich diesen meinen Versuch gerade bei dem ersten Schritt: "Der Ausgangspunkt: Wesen und Sendung der Kirche", von dem Versuch von Marianne Schlosser und....den ich hier angefangen haben zu besprechen.
"Was ist die Kirche? Von dieser einfachen Frage hängt viel ab. Die Was-Frage ist die Wesensfrage. Ihre Beantwortung entscheidet darüber, wie man auf die Kirche blickt: auf Notwendigkeit und Zweck ihrer Existenz, auf ihre Ämter und Strukturen. Und auch auf Schuld und Versagen in der Kirche, in deren Gefolge Diskussionen über Begründung, Verteilung und Ausübung kirchlicher Macht unausweichlich geworden sind." (5). Um so zu sagen mein Versuch stellt die Frage: Wer nicht was ist die Kirche. Es gibt kein "Wesen der Kirche", die nicht in der Polarität von Sein und Wesen gründet und diese Polarität ist höchst "personal", Wir fragen auch nicht primär: was ist Gott, sondern "Wer ist Gott"? Der dreieinige Gott ist Geber des Sein und des Logos als Gratis Liebe. Und die Person des Geistes ist die letzte Begründung der Institution selbst. Dennoch verspreche ich mir von der Lektüre von dem Beitrag von Marianne Schlosser... viel, da er sehr authentisch wirkt und versucht nicht die Problemen zu verschleiern.
(22.9.21) Ich habe angefangen, dass Buch von Pater de Lubac SJ über die Kirche als Paradox und Geheimnis zu lesen (edizione italiana: "Paradosso e mistero della Chiesa); freilich ein Text, der sofort nach dem Konzil , sprich ca. 60 Jahre vor uns, geschrieben worden ist, muss in der heutigen Situation gelesen und interpretiert werden. Zum Beispiel, wenn damals die "bittere Kritik" vielleicht mehr von links kam, kommt sie heute mehr von rechts, auch wenn diese politische Kategorien cum grano salis zu benutzen sind. Und dennoch nicht nur ist es sehr aktuell sich nicht in einer "Kritik der Kritik zu verlieren", sondern dieser Text sagt, 2 Dinge, die total wichtig sind: 1. Die Kirche verkündet nicht sich selbst, sondern Christus. 2. Und sie ist unsere Mutter. Ja, nach den soviel Skandalen (Sex und Geld betreffend) sieht man mehr die Nutte als die Mutter, aber sie ist jedoch die einzige "überwesenhafte" (Ferdinand Ulrich) Mutter! Eine Mutter, die nicht in der Raum-Zeitlichkeit des endlichen Wesens reduziert werden kann. Und was für eine Gnade es ist eine leibliche Mutter zu haben, die mir dieses Geheimnis der Mutterlichkeit der Kirche überliefert hat und weiterhin tut. Und was für eine Gnade es ist Lehrer gehabt zu haben, dass es mir in überzeugender Weise bestätigt haben: Balthasar, de Lubac, Giussani... Die Kirche ist eine Mutter, die von der Mutter Gottes, Maria, das inkarnierte Wort zu hören und zu leben gelernt hat. Wie der Pater Congar OP sagt, wir haben alles von dieser Kirche gelernt und unsere Aufgabe ist nur ein kleines Dankeschön unserer kleinen Person und unserer kleinen Sendung für das, was wir empfangen haben. Womöglich wird es notwendig sein einige Akzenten auszusprechen, die zu unseren eigenen Mission gehören, aber ohne Gehorsam und Demut werden sie sicher keine Früchte bringen. Und noch ein Wort über die zwei "Zeugen" die am Ende des Kapitels de Lubac zitiert: Augustinus und Johannes XXIII - was de Lubac über den "papa buono" sagt, könnte man genau so auch über Papst Franziskus sagen. Die Neuheit beider Päpsten stammt aus einer Verankerung im Evangelium. Und was Augustinus anbelangt: unser psychologischer Zeithalter brauch mehr den je, jemand der uns lernt unser Ich zu forschen und die Catholica zu lieben.
PS Philosophisch ist von großer Wichtigkeit die Definition der Kirche als "complexio oppositorum".
(25.9.21) Bezüglich der Affaire Woelki sagt Daniel Deckers (DD) (FAZ von heute): „Es sieht eher danach aus, dass das „Vertrauen in die Führung des bischöflichen Amtes“ (Bätzing) weit über Hamburg und Köln hinaus unwiederbringlich verloren ist. Das Vertrauen in die Integrität des Bischofs von Rom auch“. Ob eine „geistliche Auszeit“ für den Kölner Bischof Woelki, der übrigens auch für DD sich keine „Pflichtverletzung zuschulden kommen lassen hat“, hinreichend wird, weiß ich nicht, aber ich weiß, dass die Härte des Urteils über den Bischof von Rom seitens DD nicht mit der Sache selbst zu tun hat: es ist ganz klar, dass die FAZ schon aus wirtschaftlichen Gründen mit dem Papst aus Argentinien nichts anfangen kann. DD schreibt interessante Dingen, wenn er nicht über die Kirche schreibt, sonst ist er einfach nur „ungerecht“ und „untheologisch“: mein Vertrauen in dem Papst hat mit dem Gebet Christi zu tun, nicht mit den Analysen eines verbitterten Journalisten.
(4.10.21) Mein Erster Brief an den Kirchenrat Dresden:
Sehr geehrte Frau (...),
vielen Dank für Ihre Email und für die Dokumenten, die ich nur heute nachmittags habe lesen können. Ich fand den Beitrag von der Vorsitzenden, Martina Breyer, sehr interessant und denke auch, dass zu dem Thema Kindermissbrauch absolute Transparenz nötig ist - freilich nicht nur in diesem Thema, sondern auch zum Beispiel in der Frage des Baus des neuen Ordinariats, der auch unsere Gemeinde vor Ort beschäftigt hat. Am 19.10. wird es Thema in unserer Gemeinde in Hermsdorf sein, die einen Brief an dem Ordinariat zum Thema geschrieben hat. Es wird auch jemand aus Dresden kommen.
Da ich seit 19 Jahren in einem ökumenischen Kontext arbeite, im CJD Christophorusschule in Droyssig (CJD = Christlicher Jugenddorf ist von einem evangelischen Pfarrer, A. Dannenmann, 1947 gegründet worden), bin ich sehr an das Entstehen eines Ausschuss "Ökumene" interessiert.
Meine geistige Position, mit der ich an die Arbeiten des Kirchenrates teilnehmen möchte (freilich zuerst als Zuhörer), lässt sich einfach und in twitterformat zusammenfassen: die Kirche ist complexio oppositorum (Umarmung der Gegensätzen) - die Polen in der Kirchen sollen ins Gespräch bleiben, damit die Gegensätzen nicht zu fruchtlosen Widersprüche entarten. Wir haben 4 Evangelien, nicht nur ein! Die respektvolle Art und Weise wie in den Dokumenten von Papst Franziskus die Rede ist, finde ich auch sehr gut. Das Wagnis im Denken ist immer auch eine Frage der Gabe von oben: ohne Gnade und geschenkte Gratis Liebe sind unsere Bemühungen nur eine neue Form des Pelagianismus (vgl. Gaudete et Exultate von Papst Franziskus).
Ich kann leider zum Symposium über Bischof Otto Spühlbeck nicht kommen, aber ich finde diese Bischofsgestalt, die aus dem Geist des Vatikanum II arbeitete, sehr anregend.
Vielen Dank für Ihren Zusendung und verbleibe ich mit herzlichen Grüßen, Ihr RG
(10.10.21) Predigt zum Wortgottesdienst in der 28. Sonntag des Jahreskreises - Notizen (also nur den Skelett der Predigt)
Gestern hat der Heilige Vater den synodalen Weg der gesamten Kirche mit einer Ansprache gestartet. Er hat 3 Gefahren genannt: Formalismus, Intellektualismus und Unbeweglichkeit. Und eine Einladung formuliert: zum einem gegenseitigen Zuhören im Geist der/des "Nähe, Mitleids und Zärtlichkeit". Kirche-sein auf den kleinen Weg. Die Beziehung zwischen Kleriker und Laien ist nicht im Sinne einer Beziehung zwischen Chefs und Untergeordneten zu verstehen. Der Priester ist in erster Linie "Hirte".
Die drei Lektüre des 28. Sonntag im Jahreskreis ermöglichen uns die erste Schritte dieses synodalen Weg zu machen. Reformen, die keine Auseinandersetzung mit dem Wort Gottes sind, führen zu nichts: nur das Wort Gottes kann "unbestechlich" "unsere innerste und der Welt verborgenste Haltung" (Balthasar, Licht des Wortes) durchschauen. Und vor diesem Wort her dürfen wir "nackt und bloß" stehen und nur wenn jemand "nackt und bloß" vor dem Wort Gottes steht ist reformfähig und kann nicht in der Gefahr der Unbeweglichkeit verfallen. (cfr dazu die 2. Lesung: Heb 4,12-13). Weisheit allein ohne einen echten "Geist der Armut" kann in Torheit enden (1. Lesung Wh 7,7-11): Salomo selbst, der als weiser König angefangen hat, hat sich dann unterwegs verloren und im Alter war er ganz und gar unvernünftig. Formen allein und Intellektuelle Diskursen allein retten den Menschen nicht. Zum Schluss, das Evangelium (Mk 10,17-30) bringt uns vor dem je persönlichen Ruf Gottes. Die erste und zweite Phase des Evangeliums, sagt Balthasar, gehören zusammen und sie sind verbunden mit den Worten Jesus über die Schwierigkeit des Reichen im Reich Gottes einzutreten. Um welche Reichtum handelt es sich hier? Ist der Junge, der Jesus angesprochen hat, nur Reich an Geld und Vermögen? Man kann auch als armer Mensch an das Wenige, was man hat, hängen. Jesus bricht hier sehr barsch (er ist zärtlich, aber auch besonders mit den seinen ab und zu barsch) die Analysen (davon kann man auch sehr reich sein), weil er das Schrecken der Jungen sieht: für Gott ist alles möglich! Giussani: das Hundertfache hier und das ewige Leben. Balthasar: ja, das Hundertfache, aber mit der Klausel: "wenn auch unter Verfolgungen" und mit der Präzisierung: es handelt sich um mich, Jesus, nicht um einer Gemeinschaft, die nie einen "sicher Hafen" sein kann: "Kreuz in dieser Welt und Auferstehung in der jenseitigen".
(28.10.21) Über den Ausdruck "veraltete Theologie"
In unserer Diözese wird um bestimmte theologische und liturgische Inhalten zu diskreditieren den Ausdruck "veraltete Theologie" benutzt. Dieser ist in sich schlicht und einfach "Blödsinn". Freilich der Heilige Geist hat nicht aufgehört in der Kirche und in der Welt zu wehen: aber eine Theologie entspricht oder entspricht nicht dem Schönen, dem Guten und dem Wahren. Ob sie alt ist oder nicht, spielt gar keine Rolle. Und wenn doch eine, dann eine gute Rolle: sie hat die Zeit und den Raum getrotzt.
(29.10.21) Nicht unsere Kämpfe, sondern nur der Herr kann die Kirche und in ihr uns von einer Sackgasse retten. Wir müssen im Herrn beitragen Frieden zu stiften und nie polarisieren, auch wenn wir Recht haben sollten (RG)
»Selig, die Frieden stiften; denn sie werden Kinder Gottes genannt werden.«
87. Diese Seligpreisung lässt uns an die zahlreichen Kriegssituationen denken, die sich wiederholen. Es kommt häufig vor, dass wir Auseinandersetzungen oder zumindest Missverständnisse verursachen. Zum Beispiel, wenn ich etwas über jemanden höre, zu einem anderen gehe und es ihm weitersage; dabei mache ich vielleicht eine zweite, etwas erweiterte Version daraus und verbreite sie. Wenn ich damit mehr Schaden anrichten kann, scheint es mir größere Befriedigung zu bereiten. Die Welt des Geredes, gemacht von Menschen, die gerne kritisieren und zerstören, baut den Frieden nicht auf. Diese Menschen sind vielmehr Feinde des Friedens und in keiner Weise selig.[73] - [73] Die üble Nachrede und die Verleumdung sind wie ein Terrorakt: Es wird eine Bombe geworfen, es gibt Zerstörung und der Attentäter geht glücklich und ruhig davon. Dies unterscheidet sich sehr von der Redlichkeit dessen, der sich mit gelassener Aufrichtigkeit annähert, um ein Gespräch von Angesicht zu Angesicht zu führen und dabei an das Wohl des anderen (Papst Franziskus, Gaudete et Exultate, 87)
(6.1.22 Erscheinung des Herrn) Der Heilige Vater Franziskus hat in seiner Predigt zum Hochfest des Tages über den Unterschied zwischen Bedürfnis und Wünschen/Sehnsüchten gesprochen. Was wünschen wir wirklich? Oder sind wir schlicht und einfach von unseren Bedürfnissen gesteuert? Diese Frage sollte ein Leitfaden für den synodalen Weg sein.
Ich frage was wir, nichts was die Lobbies in der Welt und in der Kirche, wünschen. Ein ernsthafte Schritt zum Vater hin war der Wunsch des Heiligen Josephs. Sein "persönliches Priestertum" war die "Hinordnung" aller Menschen zum Vater hin, sagt Marie de la Trinité (Josephs Schwiegen, Freiburg , 2021). Man darf mich ruhig "vergessen", wenn mein Leben ein Beitrag ist, dass alle Menschen sich zu dem Geheimnis der Gratis Liebe einordnen lassen. Und ich mit Ihnen. Wenn der synodale Weg kein Weg der Gratis Liebe ist, dann ist er nur eine Angelegenheit der Macht. Aber mächtig ist nur Einer!
(21.1.22) Joseph Ratzinger war Erzbischof von München und Freising von 1977 bis 1982. Also der angeblich "belastende Material", von dem gestern als 1. Nachricht auch in MDR zur Sprache gekommen ist, betrifft eine Geschichte, die mindestens 40 Jahre alt ist. Und diese Anschuldigungen waren schon bekannt als er Papst war und darüber hatte er schon Stellung genommen. Was mich betrifft ist jemand unschuldig oder in diesem Fall unbelastet, bis man nicht das Gegenteil bewiesen hat; eine Nachricht im Fernsehen ist für mich keinen Beweis, auch ein Dossier ist kein hinreichender Beweis.
Die Attacken an Benedikt XVI sind also "alt"; sind sie auch wahr? Dass weiß ich natürlich nicht, da ich weder ein Richter noch das ganze Material gelesen habe. Ich weiß, dass auch heilige Männer, wie Johannes Paul II, gravierende Fehler begangen haben: es war der polnische Papst, der zum Beispiel Theodor E. McCarrick als Erzbischof von Washington D.C. gewollt hat, etwa gegen die Meinung von dem damaligen Erzbischof von New York. Ich weiß also nicht, ob es Benedikt, dem XVI Fehler unterlaufen sind, aber ich weiß, dass er in vordersten Front gegen die Pädophilie gekämpft und in Malta sogar geweint hat.
Das bedeutet nicht, dass der Pädophilie Skandal etwas ist, dass man auf Akte legen werden sollte; es ist eine Tragödie, die die Kirche an Glaubwürdigkeit kostet und das Drama ist leider noch nicht zu Ende. Es wird immer mehr der Ausmass des Problems bekannt. Zu sagen, dass es hauptsächlich die Einstellung zur Sexualität der 68-Jahren Schuld daran ist, ist schlicht und einfach frech: das bedeutet keine Verantwortung übernehmen zu wollen. Der sexuelle Diskurs in der Kirche ist oft verlogen und überspringt die naturwüchsige und polymorphe Dimension der Frage. Die undifferenzierte Art wir zum Beispiel zum Thema Pornographie geredet wird, die Unfähigkeit zu unterscheiden was in der "Fantasie" und was in der "Wirklichkeit" möglich ist, um nur zwei der Probleme zu nennen, ist katastrophal. Es gibt freilich heiligen und zarten Seelen in der Kirche (und in der Welt), aber Anweisungen, die für Milliarden gelten sollten, zum Thema Masturbation, voreheliche Beziehungen als wäre es möglich für allen ohne Surrogaten zu leben, sind schlicht und einfach verantwortungslos.
Womöglich ist das, was Papst Benedikt XVI über eine mögliche "Theologie der Geschlechter" sagt für mich nicht hinreichend; ich brauch die Auseinandersetzung auch mit nicht christlichen Autoren (Etty Hillesum, Ayelet Gundar-Goshen, Michel Houellebecq...) oder auch mit christlichen, aber die nicht vergessen, dass man auch Hoden und nicht nur eine Seele hat (Walker Percy...), aber mein ganzen Instinkt (der des Heiligen Geistes) sagt mir, dass er ein Heiliger ist und dass ich von ihm sehr viel zu lernen habe.
Das heutige wahre Problem der Kirche ist nicht mehr die Frage nach der Sexualität, sondern die Diktatur der Befindlichkeit: rechts oder links, Progressiv oder Traditionalist, jeder bleibt nur gefangen in den eigenen Befindlichkeiten und das macht die Kirche noch mehr unglaubwürdig, da "nur die Liebe ist glaubwürdig" (Hans Urs von Balthasar) und Liebe ist nicht eine Befindlichkeit, sondern eine ontologische Einstellung.
(2.2.22) Mit der Zusammenlegung von Pfarreien verschieben sich die Aufgabe in der Kirche und womöglich passiert, dass einige Priester, die Pfarrer waren, nun in einer Abhängigkeit von einem anderen Pfarrer geraten. Es ist nur ein Beispiel, worum es mir in dieser kurzen Überlegung geht, sind die Demütigungen, die oft im Spiel sind, bei solchen Verschiebungen. Jemand, der den Gekreuzigte folgt, sollte keine große Schwierigkeiten mit den Demütigungen haben und dennoch, da wir auch Fleisch sind, ist es nicht so einfach. Wir müssen für die Einheit arbeiten, so wie sie in Johannes 17 (besonders Vers 21) beschrieben steht und Priester sollten in dieser Arbeit an vorderem Front stehen, sonst ist ihre Verkündigung absolut unglaubwürdig; nicht die "technische" Fragen (Gottesdienstordnungen...) sollten im Vordergrund stehen, aber die menschliche Bereitschaft (nicht nur beruflichen) mit dem anderen Kollege in Einheit zu leben. Und dafür ist sehr viel Geduld nötig und Demut (Mut zur Demut). Eine Kirche, die diese "menschliche" Arbeit der Einheit nicht leistet ist total unglaubwürdig: es geht nicht darum, wer Recht hat, sondern um die Hoffnung auf Einheit, auf gegenseitige Zugehörigkeit. Oft werden zu viele Kräften verschwendet, um sich zu verteidigen, statt im Zeugnis geben, dass nicht wir, sondern der Herr uns verteidigt.
(3.2.22) Die MZ titelt heute der Hauptartikel zu dem kirchlichen Skandal: " Der Missbrauch weitet sich aus"; das ist freilich problematisch, da nicht der Missbrauch, sondernd das Wissen über den Missbrauch sich ausgeweitet hat. In dem Zitat von Bischof Gerhard Feige (Magdeburg), der auch von der MZ unterstrichen ist, versteht man, dass es sich um die Vergangenheit handelt: Es ist unglaublich, was sich abgespielt hat". Der Kommentator an der Seite 6, Hagen Eichler, "informiert" uns, dass die Verantwortung in München "bis hinauf zum späteren Papst Benedikt XVI", durch "akribischer Arbeit externer Juristen" festgestellt worden ist. Freilich wird nicht gesagt, dass wir gerade Papst Benedikt XVI eine der härteste Versuche das Ganze des Skandals aufzuklären verdanken und dass die Verantwortung, von der hier die Rede ist, als er noch Erzbischof von München und Freising war, betrifft ein einziges Dokument, im dem nicht um die Verschiebung eines pädophilen Priester von einer Stelle zur anderen, sondern um seine Einweisung in einer psychologischen Klinik, die Rede ist und der zuerst nicht erwähnt worden ist (und das nicht absichtlich).
Die weltliche Journalisten brauchen es nicht zu wissen, dass eine katholische Position nur sub et cum Petro eine solche ist, aber sie sollen uns auch nicht dis-informieren. Es gibt ein offener Brief an die dritte Versammlung in Frankfurt (3-5.2.22) von Gruppen von Reformatoren, die kein Beitrag zur Liebe und Wahrheit ist, sondern, dass es tut, was heute Mode ist: Verbreitung von Empörung.
Damit es klar ist, dass ich diese Präzisierungen nicht erwähne, weil ich denke, dass der Missbrauch nicht so wichtig wäre, sage ich sofort, dass es sich um eine Tragödie handelt. Es gibt eine prophetische Seite in dem Tagebuch von Adrienne von Speyr, "Herde und Himmel" (wenn ich mich richtig erinnere, in dem Band 1/3, ca. in den 40-Jahren des letzten Jahrhunderts verfasst, in dem die schweizerische Ärztin sagt, dass fast alles in der Kirche nur Fassade ist, die bald (vielleicht 40 Jahre) einstürzen wird. Als ich neulich diese Stelle erwähnte, einige Priester haben sich lustig über mich gemacht, während diese Stelle sagt, das, was jetzt geschieht: wenn wir wirklich eine kirchliche Präsenz sein wollen, müssen wir von vorne anfangen, als wären wir gerade 12, die mit eben der Verkündigung anfangen, und nicht mit der Verbreitung vo Empörung. Das nicht wahrnehmen zu wollen, ist schlicht und einfach dumm. Ein spanischer Philosoph, Mikel Azurmendi, bringt das ganze auf den Punkt: es gibt kaum Christen, die sich um Christus interessieren. In den Sitzungen in den Pfarreien spielt die Präsenz Christi kaum eine Rolle. Christus hat höchstens mit Liturgie, aber nicht mit dem Leben zu tun. Seine Worte sind nicht das Kriterium mit dem man handelt; nehmen wir zum Beispiel Joh 17, 21 ("Sie sollen allen untrennbar eins sein, so wie Du, Vater, mit mir verbunden bist und ich mit Dir. Dann können auch sie mit uns verbunden sein. Dann kann auch diese Welt glauben, dass du mich gesandt hast"): dies ist oft nicht das Kriterium mit dem Christen handeln. Etc.
Wir brauchen eine Theologie, die in einer Diskussion immer die beiden Polen fruchtbar in Kontakt bringt - so wie die zwei Naturen Christi eine fruchtbare Polarität bilden (nicht vermischt und nicht getrennt). Jungfräulichkeit und Erotik sind keine Gegensätze, sondern Polen innerhalb der Kirche. Staat und Kirche, Philosophie und Theologie, Laien und Kleriker, Männer und Frauen etc. als das dine keine widersprüchliche Gegensätzen.
(4.2.22) Die spießbürgerliche und geschmacklose Aussagen von Bischof Bätzing über Joseph Ratzinger/Benedikt XVI sind peinlich, frech uns sehr "mondän" - sie passen eben zum politischen Salon von Anne Will. Entscheidendes jedoch in der katholischen Kirche passiert in der Verborgenheit: in Tamanrasset in Algerien (Charles de Foucauld), in Regensburg in Deutschland (Ferdinand Ulrich)... das Schicksal der Kirche, ganz im Geist von Nazareth und nicht von der ARD, tragen Menschen in Verborgenheit. Und diese Menschen würde nie von Papst, oder von einem Papst emeritus so reden.
Und was sogenannten Reformbewegungen in der Kirche, die sogar die Verantwortung von der Kirche in der ganze Welt tragen wollen, anbelangt, sie sind nur Formen vom neuen (nicht mal so neuen) Klerikalismus. 95% der Diskussionen in der Kirchen (inklusive Frauenpriestertum, der in der evangelischen Kirche schon vorhanden ist) öden mich an und haben mit meinen Problemen als Laie gar nichts zu tun.
In dem Passauer Bistum Zeitung hat eine Frau, Johanna Grassl, sehr gut die Gründe vorgetragen, wie so sie in der Kirche bleibt: "Wenngleich ich alle verstehe, die so wütend und enttäuscht sind, dass sie es nicht mehr aushalten können, Teil dieser Kirche zu sein, ich für mich kann diese Kirche nicht aufgeben – dafür ist mir die Vision von Kirche zu heilig, dafür sind mir die Begegnungen mit kirchlichen Menschen zu wertvoll, dafür sind die in dieser Kirche geschenkten Glaubenserfahrungen für mich zu existentiell lebensstiftend. Aber es wird immer ein Kompromiss sein – ein Balanceakt zwischen aus dem Glaubensethos heraus notwendigem Widerstand, erforderlicher klarer Abgrenzung zu den Sündenstrukturen dieser Kirche und der in der Glaubenserfahrung getragenen Liebe und Zugehörigkeit zu ihr.
Ich bete um Geist und Kraft für alle, die diese Spannung und Zerrissenheit spüren, um die Fähigkeit zum Wandel durch Widerstand aus und in Liebe, dass Kirche allumfassend ein guter, menschen- und gottwürdiger Ort werden möge." Und sie erinnert sich auch an das Gute, das in der Kirche herrscht und nicht nur im verborgen, ohne das Böse zu verheimlichen: "Eigentlich fehlen die Worte. Aber wie soll man schweigen angesichts dessen, wie jetzt die Abgründe der Realität unserer Kirche noch weiter aufklaffen. Man würde meinen, auch die Verantwortlichen dürften nicht schweigen können und hätten nie schweigen können dürfen. Was soll man sagen, angesichts dieses Entsetzens und dieser Wut und dieser Ohnmacht darüber, wie Menschen, die „Jesus Christus repräsentieren“, Menschlichkeit verraten, Verantwortung und Mitgefühl verraten, die Wahrheit verraten – systematisch alles verraten, was Christus ist. Was soll man sagen, wenn man damit konfrontiert ist, als katholische Christin Teil dieser Kirche zu sein? Ich weiß es nicht. Es macht mich sprachlos. Was ich weiß, ist, dass es sich für mich anfühlt wie ein Verrat an den Betroffenen, sich nicht abzuwenden und zu distanzieren. Was ich auch weiß, ist, dass es sich für mich, wenn ich diese Kirche verließe, andererseits anfühlen würde wie ein Verrat an all den vielen Katholikinnen und Katholiken, die tagtäglich in Gemeinden, in der Krankenhausseelsorge, in der Trauerbegleitung, in der Jugendarbeit, in der Telefonseelsorge, in der Obdachlosenhilfe, in der Seniorenseelsorge, in qualitätvoller theologischer Bildungsarbeit, in der Hospizarbeit, in der Frauenseelsorge, in der Notfallseelsorge, in der Pflege, in der Präventionsarbeit, im Einsatz für Menschen mit Flucht- und Verfolgungserfahrungen, in der Seelsorge für queere Menschen, im Einsatz für soziale und ökologische Gerechtigkeit und Frieden, in der sinnvollen und stärkenden Gestaltung von Liturgie und Sakramenten, in der humanitären Hilfe, in der ökumenischen und interreligiösen Dialogarbeit, in der Begleitung von Exerzitienangeboten, die Menschen Kraft geben, und in so vielen anderen Bereichen mehr und in der Gestaltung ihres persönlichen Lebens und ihrer Beziehungen ihr Bestes tun, im Namen des daseienden Gottes der Liebe für andere da zu sein und einzustehen. Denn sie sind doch die Kirche und sie repräsentieren die Liebe und die Wahrheit und die Vision Jesu Christi für Seine Kirche. Christus ruft so in Seine Nachfolge und Er will, dass die, die Seine Kirche sind, solche Menschen sind." (Passauer Bistumsblatt, 6.2.22, S. 3).
(12.2.22) Offener Brief an Bischof Stefan Oster
Lieber Bischof Stefan,
ich lese grundsätzlich keine religiöser Blätter (mit einigen Ausnahmen), da ich denke, dass das was die Kirche zu sagen hat, soll ganz einfach in der zivilen Qualitätspresse auch zu lesen sein, da die Christen in der Welt zu wirken haben) und sowieso durch die Soziale Media hat man ganz viele Informationen, viel mehr als was man überhaupt wahrnehmen kann. Da aber Sie in Ihrem Pinnwand uns auf den Blatt Ihrer Diözese und dessen Fusionierung mit dem "Altöttinger Lebensfragen boten" uns aufmerksam gemacht haben, habe ich mir ein Abo besorgt, in dem ich richtig wunderschönen Zeugnissen gelesen habe, zum Beispiel, den vom Johanna Grassl, am 6.2.22 über ihre Gründe in der Kirche zu bleiben und den Sr. Lea Ackermann "Hoffnung ist eine Lebensquelle in der Ausgabe dieser Woche, 13.2.22). Es hat mich auf gefreut über Ihre Verteidigung von Papst emeritus Benedikt XVI etwas zu lesen (6.2.22) und von Ihrer Predigt über don Bosch und dessen Freundschaft mit Jesus. Sehr wichtig fand ich auch den Bericht von Roland Juchem über die "Kinder Abrahams" (13.2.22, 8). Auch das Photo an der Seite 40, "zwischen den Heiligen" fand ich sehr interessant: es gäbe viel darüber zu sagen.
Mir ist es bewusst, dass Sie nicht der Verantwortlicher des Blattes sind, aber ich lese ihn nur, weil Sie dort Bischof sind und deswegen wollte ich Ihnen auch einigen meiner Problemen mit dem Blatt mitteilen. Ich übersetze hier auf deutsch ein Teil meines "diario notturno" von gestern, den ich in meiner Pinnwand in Facebook regelmässig auf italienisch veröffentliche:
Heute habe ich das Passauer Bistumsblatt erhalten, in dem der Frankfurter Synodentagung viel Aufmerksamkeit geschenkt wird. Obwohl ich in den Diözesanrat in Dresden gewählt worden bin (aus Covid Gründen habe ich noch an keiner Sitzung teilgenommen), fühle ich mich als einer der Gläubigen des "normalen" Kirchenvolkes, wie der Papst das "heilige Volk Gottes" nennt. Die Begeisterung, mit der von diesem Treffen in Frankfurt gesprochen wird, und auch der Wert, der der "Deutschen Bischofskonferenz" und überhaupt einer "Bischofskonferenz" beigemessen wird, ist mir völlig fremd, zum einen, weil ich von Hans Urs von Balthasar gelernt habe, dass die Bischofskonferenz nicht die theologische Würde des einzelnen Bischofs hat (wie es auch sei darüber lässt sich vielleicht auf Grund des Akzentes an einem synodalen Weg, der Franziskus der ganzen Kirchen der Welt vorschlägt theologisch streiten) zum anderen aber auch, weil mir der Gedanke, die deutsche Bischofskonferenz "neben" dem Papst und den Konzilien "eine offizielle Instanz des Lehramtes" zu geben, nichts sagt. Die Kirche ist kein demokratisches Gebilde, auch wenn man mit teilweise demokratischen Methoden bestimmte Entscheidungen treffen kann, und Petrus steht nicht "neben" (vgl. Bericht von Ludwig Ring-Eifel, S.4-5) all den anderen genannten Dingen, sondern die anderen Dinge stehen "sub et cum Petro" (und darüber lässt es sich nicht streiten, wenn man römisch-katholisch ist). Was nicht heißen soll, dass ich immer mit einem "petrinischen Zensor" denke oder mein Tagebuch schreibe, der mir verbietet, dieses oder jenes zu denken, und ich glaube auch nicht, dass ich bei den Themen, über die in Frankfurt abgestimmt wurde, nicht auch schreibe oder zumindest nicht mutige Dinge denke. Die Frage der Verwaltung der bischöflichen Macht, des Zölibats, der Transparenz in der Frage des Missbrauchs, einer Theologie der Geschlechter, die nicht nur eine Wiederholung des Katechismus ist, über all das denke ich frei (zum Beispiel, indem ich den Papst mit Etty Hillesum in meinem Tagebuch in Interaktion bringe), nur dass ich letztlich weiß, dass der Gehorsam gegenüber dem Papst wichtiger ist als meine eigenen Gedanken: Und der Gehorsam ist nicht das Gegenteil der Freiheit, sondern ihr letzter Garant. Das letzte Kriterium dafür, ob es in der Kirche einen "Tiefschlag" (Vgl. was der Chefredakteur in der S. 2 sagt) gibt oder nicht, hängt nicht von den "demokratischen" Entscheidungen in Frankfurt oder in der Herbstversammlung ab, sondern von unserer echten Freundschaft mit Jesus.
Ich verbleibe mit alter Verbundenheit, Ihr Roberto
(Pfingsten, 5.6.22) Vielleicht ist es eine der größten Gaben, die wir Christen brauchen: dass jeder uns in seiner eigenen Sprache sprechen hört (Apg. 2,11-11) - wenn das nicht geschieht, bleibt die Verkündigung des auferstandenen Christus völlig abstrakt. Als ich auf der Homepage der Kirche von Mailand einen Artikel über das geweihte Leben und die Synodalität las, kam mir in den Sinn, dass das Thema des Titels der Weltsynode das ist, was wir alle - Bewegungen, Gemeinschaften, Orden, Pfarreien, Diözesen... - am meisten brauchen: Für eine synodale Kirche: Gemeinschaft, Teilnahme und Mission. Wenn auch nur auf der sprachlichen Ebene: Gemeinschaft, Teilhabe und Mission, ist es ein sehr stilvolles Programm. Und vielleicht bin ich zu sehr ein Einzelgänger, um dazu beizutragen. Un dennoch auch für mich gilt: Gemeinschaft mit den Menschen, die mir anvertraut sind und denen ich anvertraut worden bin. Teilnahme an der Friedensarbeit der Kirche. Mission als Verkündigung Christi: tot, in die Hölle hinabgestiegen und wieder auferstanden! Zu diesem Thema - synodaler Weg - ist letzte Woche in unserer Pfarrei ein Treffen organisiert worden, aber während der Woche bin ich sosehr von der Schule und von meiner Arbeit als Philosoph in Anspruch genommen, dass ich keine Kraft dazu hatte. In normalen Leben der Pfarrei war dieses Thema bei uns kaum präsent. Ich nehme eine Kirche wahr, die total zerstritten ist und in der jeder dem anderen verdächtigt, wenn er nicht so genau ist wie ihm selbst. Man sollte einfach aus der einfachen Wahrheit starten, dass wir von Gott geliebt sind und als solche unsere Aufgabe erledigen und ernst nehmen können. Wer ständig meckert wird von niemand ernst genommen. Meine Hoffnung liegt in all den Menschen, die im Lauf der Jahrhunderten bis heute, versucht haben Christus, nicht selbst, zu bekennen; nicht Problemen, sondern eben und allein Christus! Versuchen wir mit der Person, die gerade neben uns lebt: Communio, Teilnahme und Mission (nicht Proselytismus) zu leben.
(8.6.22) Während ich gegessen habe, habe ich den Vortrag von Bischof Oster über das Thema: Warum überhaupt die Kirche?“ (YouTube, vor drei Tagen) gehört. Auch wenn er Bischof ist und ich „nur“ ein Religionslehrer in der Diaspora bin, haben wir, einiges gemeinsam: wir bekennen unsere Liebe für Christus (und auch für Maria) in der katholischen Kirche; wir lieben don Bosco: ich bin in einer Salesianer Schule in der italienischen Mittelstufe gegangen (und in Malta seit Jahren lassen wir unsere Jugendlichen mit einem Salesianer Pater treffen, der für uns einen Paulusabend gestaltet) und er ist Ordensmann in dem Orden, der von don Bosco gegründet worden ist; wir haben beiden eine entscheidende Begegnung mit Ferdinand Ulrich gehabt. Und dennoch eine Erfahrung ist Bischof in Bayern und eine andere ist Religionslehrer in der Diaspora, mit 2 % Katholiken, zu sein. In seinem Vortrag spricht er von der Kirche als Verwandtschaft, in der man nicht in der Beobachterolle, sondern in der Teilnehmerolle eintreten darf. Er sagt, dass die Kirche eine Mutter hat und eine Mutter ist: Maria ist diejenige, die vollkommen an dem Geheimnis der Inkarnation teilgenommen hat. Ferner redete er von der Kirche als Wohnung Gottes in der Welt und von der Möglichkeit der Beichte. Meine Leute in Sachsen-Anhalt haben normalerweise eine positive Erfahrung von „Verwandtschaft“ (aber auch die Erfahrung des für sie normalen Vorganges, wenn sie ein Jahr alt sind, in einer Krippe gegeben worden zu sein), aber der Rest des Vortrages wird es hier schwierig zu vermitteln sein. Oster’s „katholische Sprache“, die er wunderbar einfach für die Jungendliche verwendet, wird bei mir in Sachsen-Anhalt sogar im ökumenischen Dialog, schwierig zu verwenden sein, geschweige in dem Dialog mit dem Konfessionslosen, aber ich würde sagen, dass es einen Punkt gibt, den er im Bezug auf die Gestalt von don Bosco erklärt, der auch hier in der Diaspora eine Hilfe sein kann: die erfahrene Begegnung mit einem real-existierenden Vater, mit einer real-existierenden Mutter, aber da der alte Adam und die alte Eva in uns allen am Werk sind, wird es schwierig zu sein, gerade an diese Aufgabe teilzunehmen: Mutter und Vater sein für die, eine tiefe Erfahrung von Mutterschaft oder Vaterschaft nur auf der ebenen der Biologie gemacht haben und die oft nicht so tief und nicht so „umsonst“ war, wenn man die so viele gescheiterte Ehen - ich sage es ohne Urteil - betrachtet. In einer flüssigen Gesellschaft wie die unsere, in der man oft in einer nur institutionellen (Schule) oder oberflächlichen Beziehung bleibt, wird es schwierig zu sein eine solche Mutter oder ein solcher Vater oder meinetwegen einen solchen Freund oder Freundin, Bruder oder Schwester zu sein, und deswegen werden alle andere Worten: Christus, Maria, Wohnort in der Welt, nur Worten bleiben. Aber jenseits aller klerikalen Disputen über die Kirche, gerade diese Erfahrung: eine Mutter zu sein, ein Vater zu sein, etc. ist das, was wir wirklich brauchen. Und manchmal das überfordert uns, uns der tatsächlich an der Kirche teilnehmen wollen, da wir in uns selbst und nicht nur in den andern zentrifugalen Kräften erleben. Es liegt auf der Hand, dass in einer Situation wie der unseren, in der Diaspora, in der es nicht viel kirchliche Erfahrung gibt, belasten Nachrichten über Katastrophen in der Kirche (Pädophilie, Korruption...) die Wahrnehmung der Kirche natürlich noch massiver, zumal die Sünden nie nur die der anderen sind, sondern auch meine, auch wenn ich sie nicht persönlich begangen habe. Veni Sancte Spiritus, veni per Mariam!
(29.6.22) Ich stehe mehr mit Menke als mit Streit, der sich an Kant und Habermas beruft. ich lese gerade das letzte Buch von Habermas: "Auch eine Geschichte der Philosophie" und in meinem Tagebuch habe ich mich mit dem Problem befasst, aber meine Sendung seit 20 Jahren findet in einer Region mit 2% Katholiken und deswegen sind nicht die Inhalten, aber sicher die Betonungen anders als die von Menke..
In dem Sinne, dass der Versuch gestartet werden muss zu sagen, dass die Heilige Schrift und das Lehramt nur insofern von Hilfe sind, wenn sie dem "interior intimo meo" entsprechen. Freilich habe ich nicht einen "libertarischen Freiheitsbegriff", weil dann kein Katholik mehr wäre, aber meine Freiheit ist durchaus mir sehr wichtig und ich sehe die Kirche selbst, mit allen ihren Widersprüchen" als einen Ort der meine Freiheit mehrt und nicht zügelt...
Manifest neuer Anfang
Als katholische Christen bekennen wir uns zur Notwendigkeit grundlegender Reformen der Kirche. Noch nie gab es jedoch wirkliche und tiefe Erneuerung ohne Umkehr und die lebensverändernde Neuentdeckung des Evangeliums. Deshalb verfehlt der Synodale Weg auf dramatische Weise den Ansatz wahrer Reform. In seiner Fixierung auf die äußere Struktur geht er am Kern der Krise vorbei; er verletzt den Frieden in den Gemeinden, verlässt den Weg der Einheit mit der Weltkirche, beschädigt die Kirche in der Substanz ihres Glaubens und läuft auf ein Schisma hinaus.
Wir bekennen uns zum lebendigen Wort Gottes, in dem Licht und Wahrheit ist. Wir finden es lebendig bezeugt in der Heiligen Schrift, lebendig überliefert durch die Kirche, lebendig sichtbar gemacht durch gelebten Glauben. Dieses lebendige Wort Gottes wird verbindlich gemacht und bewahrt durch die mit dem Lehramt beauftragten und gesendeten Zeugen. Unser Gewissen verpflichtet uns, niemals Forderungen zu unterstützen oder Initiativen zu folgen, die diese Bindung an das lebendige Wort Gottes auflösen oder relativieren. Vielmehr geht es darum, in seinem lebendigen Wort den Willen Gottes für seine Kirche heute zu suchen...
https://neueranfang.online/manifest/#unterzeichnen
Lieber (...), Die im Manifest genannten Punkten sind gut formuliert, aber für meinen Geschmack zu sehr apologetisch, aber darüber würde ich gerne mit Dir reden; in letzter Instanz im Manifest scheint mir nichts neues zu sein (das Neue sehe ich in der Art und Weise wie Papst Franziskus redet und diese ist überhaupt nicht apologetisch). Und nach 20 Jahren Diaspora denke ich tatsächlich, dass ein synodaler Weg nötig ist, und ich bin nicht sicher, dass diese Leute des Manifests ihn tatsächlich wollen. Dein, R
(16.1.23) Aus meinem Tagebuch: Der von den Augustinern in Erfurt organisierten Vortrag von Prof. Dr. Bernd Dennemarck (Theologische Fakultät Fulda), „Recht schafft keine Wirklichkeit - Wirklichkeit ohne Recht ist Willkür, war sehr interessant. Zuerst eimal ist der Titel selbst interessant und wichtig. Das Erlassen eines Gesetzes seitens einer Autorität (Kirche, aber gilt auch mutatis mutandis für die Schule, etc.) schafft noch nicht die erwünschte Wirklichkeit, da auch die rezipierende Gemeinschaft berücksichtig werden soll. Und diese Gemeinschaft kann durch „Gewohnheit“ einiges durchsetzen, das die zuständige Autorität nicht vorgesehen hatte, und das nicht um der eigenen Faulheit willen, sondern weil sie sich ein anderes Gesetzt wünscht. Wenn diese Gemeinschaft die Kirche ist, sollte sich freilich an das Evangelium richten, da wir eben Kirche und nicht ein Verein sind. Ziemlich mit dem Professor einverstanden bin ich auch bezüglich der Einfragestellung, dass man theologisch, also im Namen eines liebenden Gottes, Strafen und Sanktionen legitimieren kann, auch wenn ich mehr die Analogie zwischen Gesetz und Liebe betonen würde. Wenn recht aber, für Straftaten die gegen die Menschenwürde sind, wird es nötig sein, die Täter den staatlichen Behörden zu übergeben. Ich bin auch einverstanden, dass man in Fragen des sexuellen Missbrauchs, sich an das Opfer und nicht etwa an die Gebundenheit des Täters an das versprochene Zölibat orientieren sollte, etc. Zur Frage ob in der Entwicklung des Strafrechts (1917, 1983, 2019, 2021) tatsächlich die Sanktionen effizienter geworden sind, müsste man viel argumentieren…ich lasse es dabei bewenden. Zum Schluss will ich sagen, dass der Vortrag bereichernd war, aber dass ich einige flapsige Bemerkung des Professors, etwa gegen die Bischöfe, die in Minderheit im deutschen synodalen Weg sind und die angeblich gegen die Synodalität verstoßen, als unfair empfunden habe, da die Leute, Bischöfe oder nicht, die den Mainstream widersprechen, werden regelrecht gemobbt, und das ist der Grund, warum dann einige nicht mehr öffentlich debattieren wollen. Und wenn es mir erlaubt ist es zu sagen, einige Formulierungen des synodalen Wegs in D entsprechen mehr den liberalen Mainstream als dem Evangelium (Tatsache diese, die in der Nicht-Würdigung des verstorbenen Papstes Benedikt XVI gerade hier in D, klar zu Tage gekommen ist), ohne in Frage zu stellen, dass Reformen tatsächlich notwendig sind und dass die Kirche Gottes in D in manchen Bereichen echt mutig ist. Aber wie es auch sei, es ist nicht gut, sich immer gegenseitig vorzuwerfen, den Dialog nicht zu wollen. Ich bin dennoch dankbar für den organisierten Vortrag.
(22.5.23) Liebe Frau Breyer,
Ich habe nun mit Aufmerksamkeit das Dokument von Herrn Thomas Arnold gelesen. Ich bin mit der Identifikation des Themas (Machtmissbrauch) und auch mit der Idee der Transparenz der Machtausübung, einverstanden und nicht weil ich denke, dass wir ausschliesslich von der heutigen Demokratie etwas lernen können (auch in der Gesellschaft gibt es, um die Formulierung von Charles Peguy zu benutzen, „Klerikalen Antiklerikalen“) und müssen, sondern primär weil es zu dem Verständnis der Kirche selbst gehört, transparent Macht auszuüben. In dem Film „Von Menschen und Götter“ sieht man es genau wie die Mönche nicht in Frage stellen, dass der Oberer, Pater Christian, Entscheidungen trifft, sondern dass er es im Alleingang und ohne Transparenz es tut, also „klerikal“. Die im Dokument erwähnten Leitprinzipien, die sich an der katholischen Sozialehre orientieren, sind auch gut (besonders wichtig ist das Prinzip der Diversität zu unterstreichen ohne in der Sackgasse der Priesterweihe für Frauen zu kommen; auch die Feministin Lucetta Scaraffia meint, dass die Frage nach der Diversität auf die Frage von der Priesterweihe zu reduzieren, bringt es mindestens im Moment in der Weltkirche und in Rom gar nichts. Einmal, dass das alles zugeben worden ist, denke ich, dass die Sprache und die Eindringlichkeit, mit der man das Wort „Kontrolle“ im Dokument benutzt wird, wird es nicht helfen einen Dialog mit Rom zu führen; die Frage, die gestellt werden soll, ist m.E: wollen wir richtig etwas erreichen oder wollen wir nur Recht haben? Haben wir noch „sentire cum ecclesia“ genügend, um die Hierarchie als Mutter zu sehen (Ignatius), oder wollen wir mit einem „Verdacht“ anfangen? Geht es wirklich noch um Liebe (Glaubhaft ist nur Liebe, Balthasar) oder um Kontrolle der Macht? Das Dokument betont, dass Lernfähigkeit keine Anpassung an die Welt ist, aber dann werden bestimmten Themen übernommen als wären sind „Dogma“, währen die Welt selbst sich Fragen stellt ob es zum Beispiel Gleichheit gleichzusetzen wäre mit Gerechtigkeit (vgl bei Suhrkamp: Gleichheit oder Gerechtigkeit? Herausgegeben von Angelika Krebs). Oder um ein letztes Beispiel zu machen, man beklagt, dass man kein positives Bild des Priesters gibt, während ich als Philosoph (nicht primär Theologe) weiß, dass es sehr tiefe Literatur darüber gibt: Balthasar, Ratzinger zum Beispiel…
Ich höre jetzt auf, um nicht Ihre Zeit zu beanspruchen, aber mindestens das wollte ich Ihnen mitteilen, damit sie auch sehen, dass das, was Sie rumschicken auch gelesen wird; verzeihen Sie bitte einige Ungenauigkeiten meiner deutschen Sprache
Ihr Roberto Graziotto
(19.10.23) Aus meinem Tagebuch in automathische Übersetzung: (Abend) In unserer Gemeinde gibt es ein Buch, das dem Pfarrer (von Gera) und anderen gut gefallen hat: Tomáš Halík, Der Nachmittag des Christentums, Freiburg in Br., 2021. Ich bin in diesen Dingen sehr ein Sohn Balthasars, und ich finde diese Rahnersche Interpretation von Papst Franziskus inklusive anonymes Christentum langweilig, kurz gesagt, so etwas wie eine Selbstkastration, die den fruchtbaren Gegensatz zwischen fides qua und fides quae, zwischen emuna und pistis (Buber) zerstört, mit einer Priorität des ersten Faktors (fides qua, emuna), die in Wirklichkeit eine apriorische Kapitulation vor der Welt ist. Wie Balthasar sagen würde, eine solche Kirche bracuht nicht gemartert werden, sie tötet sich bereits selbst. Leider hat der Papst selbst auf Grund der zu vielen Interviews Anlass zu dieser Art von Interpretation gegeben. Natürlich ist nicht alles unwahr: es ist wahr, dass wir persönlich manchmal Zweifel haben können und nicht nur einen granitartigen Glauben, es ist wahr, dass das ursprüngliche Vertrauen, das durch die Worte fides qua und emuna dargestellt wird, ein wichtiger Faktor ist... es ist wahr, dass Abraham sich auf ein Land zubewegt, das er nicht kennt, aber all das ist wahr, gerade im polaren und fruchtbaren Gegensatz (Guardini) zu den Inhalten des Glaubens, zum großen Inhalt des Glaubens: Christus, der universale und konkrete Logos Gottes, der Fleisch geworden ist...
(23.10.23) Tomáš Halík's Buch "Geduld mit Gott. Die Geschichte von Zachäus heute", Praha 2007 (Freiburg i. Br, 2013) finde ich dagegen sehr spannend! In meinem Tagebuch werde ich in diesen Tagen darüber reden.
(24.10.23) Hier 2 Schritte meiner Überlegungen über Tomáš Halík (A und B); die erste ist eher positiv wie oben am 23.10. angekündigt, die zweite eher kritisch
A. (gestern geschrieben) Heute habe ich mit einiger Aufmerksamkeit viele Seiten des Buches von Tomáš Halík (* 1. Juni 1948 in Prag), "Geduld mit Gott", Prag 2007 (Freiburg, 2010), gelesen: im Gegensatz zu seinem Buch "Der Nachmittag des Christentums", Freiburg i.Br., 2021, fand ich es sehr interessant, vor allem seine Art, Teresa von Lisieux als Sympathisantin der Atheisten, der Ungläubigen zu interpretieren (50). So wie ich Etty Hillesum mit Teresa in Dialog bringe (jüdisch-christlicher Dialog), bringt er Nietzsche mit dem kleinen Mädchen von Lisieux in Dialog (atheistisch-christlicher Dialog). Sehr interessant finde ich auch seine Art, den Abschnitt aus dem Zachäus-Evangelium (Lk 19,1-10) zu interpretieren: wie Matthäus ändert er nach seiner Begegnung mit Jesus sein Leben radikal, aber im Gegensatz zu Matthäus wird Zachäus nicht zum Jünger, sondern bleibt ein "Fernstehender" (Halík will seine priesterliche Sendung in besonderer Weise für die Fernstehenden einsetzen). Schließlich finde ich es sehr interessant, wie der tschechische Theologe die Frage nach der Vernünftigkeit des Glaubens anspricht, wobei er mehr die Tatsache betont, dass es allein aus der Vernunft heraus in Wahrheit viele Argumente auch für den Nicht-Glauben gibt, obwohl er die Nicht-Gläubigen auffordert, mit Gott geduldig zu sein...Mir hat auch ein Zitat von ihm von einem tschechischen Philosophen gefallen, über das ich gerne mehr erfahren würde: "Das authentische Erbe des Christentums ist zu wertvoll, um es fundamentalistischen Sonderlingen zu überlassen", Slavoj Žižek, 2001. PS Ganz im Sinne des tschechischen Theologen schreibt Papst Franziskus in seinem apostolischen Schreiben (das war meinen ersten Eindruck, danach habe ich einen anderen Urteil gewonnen): "Teresina lebte den stärksten und sichersten Glauben in der Dunkelheit der Nacht und sogar in der Dunkelheit des Kalvarienbergs. Ihr Zeugnis erreichte seinen Höhepunkt in der letzten Periode ihres Lebens, in der großen 'Glaubensprüfung', die zu Ostern 1896 begann. In ihrem Bericht setzt sie diese Prüfung in direkten Zusammenhang mit der schmerzlichen Realität des Atheismus in ihrer Zeit. Sie lebte nämlich am Ende des 19. Jahrhunderts, d. h. im "goldenen Zeitalter" des modernen Atheismus als philosophisches und ideologisches System. Als sie schrieb, Jesus habe es zugelassen, dass ihre Seele "von der dicksten Finsternis heimgesucht wird", bezog sie sich auf die Finsternis des Atheismus und die Ablehnung des christlichen Glaubens. In der Vereinigung mit Jesus, der die ganze Dunkelheit der Sünde der Welt auf sich nahm, als er den Kelch der Passion zu trinken bereit war, erfasst Teresina in dieser düsteren Dunkelheit die Verzweiflung, die Leere des Nichts" ("C'est la confiance", 25).
B. "Aber die Finsternis kann das Licht nicht auslöschen: Sie ist von dem besiegt worden, der als Licht in die Welt gekommen ist" (vgl. Joh 12,46). Der Bericht von Teresina zeigt den heldenhaften Charakter ihres Glaubens, ihren Sieg im geistlichen Kampf, angesichts der größten Versuchungen. Sie fühlt sich als Schwester der Atheisten und sitzt wie Jesus mit den Sündern am Tisch (vgl. Mt 9,10-13). Sie legt Fürsprache für sie ein, indem sie ihren Glaubensakt immer wieder erneuert, immer in liebender Gemeinschaft mit dem Herrn: "Ich laufe zu meinem Jesus, ich sage ihm, dass ich bereit bin, mein Blut bis zum letzten Tropfen zu vergießen, um zu bezeugen, dass es einen Himmel gibt. Ich sage ihm, dass ich glücklich bin, diesen schönen Himmel nicht auf Erden zu genießen, damit er ihn für die Ewigkeit den ungläubigen Armen öffnet" (Papst Franziskus, C'est la confiance, 26) - Ich denke, es ist gut, die Interpretation der kleinen Teresa von Thomas Nevin und Tomáš Halík zu lesen (die eine bigotte Interpretation der jungen Frau aus der Normandie vermeiden), aber mir scheint, dass sie einen Schritt zu weit gegangen sind und dass es besser gewesen wäre, den heroischen Charakter ihres Glaubens nicht zum Gegenstand einer überlegenen Gnosis zu machen. Die Frage, die ich Nevin stelle, lautet: Ist es möglich, dass ein Heiliger ohne Glauben stirbt? Die Frage, die ich Halík stelle: Ist dieser bedingungslose Respekt vor den Ungläubigen nicht, trotz aller Klarstellungen, ein Verrat an der Aufgabe, die der Herr uns gibt: das Evangelium der ganzen Welt zu verkünden? Denken wir in Ruhe nach: Pater Klein SJ erinnerte seine Mitbrüder angesichts des friedlichen Todes von Karl Rahner daran, dass das Sterben in Frieden eine stoische Tugend ist und keine christliche. Zu den sieben "Worten" Jesu am Kreuz gehört auch der Schrei, an den Matthäus erinnert: "Gegen drei Uhr rief Jesus mit lauter Stimme: 'Eloi, Eloi, lemà sabactàni?', was bedeutet: "Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?" (Mt 27,46) und Markus: "Um drei Uhr rief Jesus mit lauter Stimme: 'Eloi, Eloi, lemà sabactàni?', was bedeutet: "Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?" (Mk 15,34). Aber während er so schreit, zweifelt er nicht daran, dass es einen Vater gibt, sondern dass Er ihn da ist. Johannes erinnert uns daran, dass das letzte Wort war: "Und als er den Essig empfangen hatte, sagte Jesus: "Alles ist vollbracht!" Und er neigte sein Haupt und hauchte sein Leben aus". Es liegt kein Triumphalismus in diesen Worten, und obwohl Jesus in seinem Schrei einen Psalm rezitiert, rezitiert er genau diese Verse und keine anderen. Und am Ende macht er einen sehr diskreten Akt des Vertrauens und stellt fest, dass "alles vollbracht ist". Die Lektüre von Adrienne, die verblüffende "Glaubenslöcher" erlebt hat und ohne die Hilfe ihres Beichtvaters vielleicht verrückt geworden wäre, hat mir einen Einblick in das große Geheimnis der Gottverlassenheit gegeben; Adrienne hat es vielleicht wie kein anderer verstanden und erlebt und hat nicht den Fehler gemacht, von dem Balthasar spricht und den Teresa auch gemacht hätte, die ganze Gott-Sünder-Frage, wie Halík auch berichtet, auf ihre eigene Person zu beziehen: Adrienne ist für die Kirche und die Welt ihrer selbst beraubt, und das nicht für Tage, sondern für Jahre. Vielleicht kann man den Satz des Paulus, dass am Ende nur die Liebe übrig bleibt, um die ganz große kirchliche Mission der kleinen Theresa zu erklären, so interpretieren, dass die Idee einer "aufgeschlossenen Kirche" und der Begleitung von Atheisten in ihrem Atheismus (zumindest in einem ersten Schritt) noch stärker betont werden sollte. Halík selbst betont, dass Atheisten eine Aufgabe nicht in vollem Umfang erfüllen, darin machen sie sich schuldig, aber vielleicht hat der tschechische Theologe zu viel Respekt vor ihrem Sein und Bleiben in Atheisten-Distanz; auf jeden Fall bleibt die Tatsache bestehen, wie der Heilige Vater mit Schlichtheit sagt: dass "die Dunkelheit das Licht nicht auslöschen kann" und dass es nicht möglich ist, nicht "Fürsprache" für Atheisten zu halten, ob sie sich durch diese Fürsprache in ihrer Würde angegriffen fühlen oder nicht. Teresa ist in der Angelegenheit Pranzini sehr mutig: "Indem sie die Messe für ihn feiert und mit vollem Vertrauen für seine Rettung betet, ist sie sicher, ihn mit dem Blut Jesu in Berührung zu bringen und sagt Gott, dass sie sehr sicher ist, dass er ihm im letzten Moment vergeben hätte und dass sie es geglaubt hätte, "auch wenn er nicht gebeichtet und kein Zeichen der Reue gegeben hätte". Sie nennt den Grund für ihre Gewissheit: "Ich hatte so viel Vertrauen in die unendliche Barmherzigkeit Jesu". Welch eine Ergriffenheit also bei der Entdeckung, dass Pranzini, nachdem er das Schafott bestiegen hat, "sich plötzlich, von einer plötzlichen Eingebung ergriffen, umdreht, ein Kruzifix ergreift, das ihm der Priester überreicht, und die heiligen Wunden dreimal küsst!" (Papst Franziskus, C'est la confiance, 28). Sie ist sehr mutig, weil sie auch bereit ist, über die sakramentale Dimension hinauszugehen (ohne Beichte und ohne sichtbare Zeichen), aber mit großer Freude erfährt sie vom Küssen des Kreuzes. Halík hat Recht, wenn er sagt, dass es Teresa nicht um einen Weg der eigenen Vervollkommnung geht, sondern sie verkündet nicht eine allgemeine Solidarität mit den Ungläubigen, sondern die Barmherzigkeit Jesu: "Teresa lebt neben dem Glauben intensiv ein unbegrenztes Vertrauen in die unendliche Barmherzigkeit Gottes. Sie lebt, selbst in der Dunkelheit, das totale Vertrauen des Kindes, das sich furchtlos in die Arme seines Vaters und seiner Mutter begibt. Für Teresina leuchtet Gott vor allem durch seine Barmherzigkeit, die der Schlüssel zum Verständnis aller anderen Aussagen über ihn ist: "Er hat mir seine unendliche Barmherzigkeit geschenkt, und durch sie betrachte und verehre ich die anderen göttlichen Vollkommenheiten! Dann erscheinen mir alle strahlend vor Liebe, selbst die Gerechtigkeit (und vielleicht noch mehr als alle anderen) erscheint mir in Liebe gekleidet". Dies ist eine der wichtigsten Entdeckungen Teresinas, einer der größten Beiträge, die sie für das gesamte Volk Gottes geleistet hat. Auf außergewöhnliche Weise ist sie in die Tiefen der göttlichen Barmherzigkeit eingedrungen und hat daraus das Licht ihrer unbegrenzten Hoffnung geschöpft" ("C'est la confiance", 27). In diesem Punkt ist Papst Franziskus völlig unmodern und unzeitgemäß: Er verkündet niemals eine allgemeine Solidarität mit den Sündern, sondern die Barmherzigkeit Gottes, der in seiner Liebe zu uns bis zum Ende keinen Schritt zurückgeht, nicht einmal den des Abstiegs in die Hölle, in der sich der ganze Schleim unserer Sünden befindet, vor allem der des Egoismus! Ich glaube, dass in diesem Punkt fast niemand den Papst verstanden hat, denn wir haben eine unglaubliche Schwierigkeit, die Sünde zu bekennen, und ich sage das ohne diese klerikale Brille, die überall Sünde sieht (vor allem im Sex), wie diejenigen, die mein Tagebuch lesen, gut wissen.
Vor einigen Jahren habe ich in Malta über Adriennes "Kreuz und Hölle" meditiert und Gott gesagt, dass Er sich um meinen Tod kümmern möge, dass ich ihm mit Angst, aber auch mit Vertrauen grünes Licht geben werde. Mein größter Wunsch ist es, sagen zu können: "Alles ist vollbracht". (mechanische Übersetzung von DeepL aus meinem Tagebuch)
(25.10.23) (Nachmittag) Ich lese langsam das "Instrumentum laboris" der Synode und in besonderer Weise hat mir diese Erklärung der Synodalität sehr gut getan: Der Hauptakteur der Synode ist der Heilige Geist, der uns in seiner Einheit hilft, die Unterschiedlichkeit der persönlichen und kirchlichen Charismen ernst zu nehmen, und der uns in besonderer Weise hilft, das, was uns wichtig ist, im Dialog mit den anderen nicht als Anspruch, sondern als etwas darzustellen, was uns für unser eigenes und das Gemeinwohl wichtig ist; kurzum, die Synode darf nicht auf einen Ort gewerkschaftlicher Ansprüche reduziert werden, sondern wir müssen den Mut zur Unterschiedlichkeit haben und sie zum Ausdruck bringen, damit jeder vom anderen lernen kann, sub et cum Petro! Und das gilt auch für die Pfarrei, für die Diözese, aber auch für eine Familie! (mechanische Übersetzung von DeepL aus meinem Tagebuch)
(27.10.23) (Jonsdorf (Lausitz), 27.10.23) Aus dem Instrumentum laboris, das in diesem Monat in Rom verwendet wurde, mir scheint eine Hauptbotschaft herauszuhören: "Gemeinschaft/Communio, Mission und Partizipation" und eine Methode, sie in die Praxis umzusetzen: "vom Ich zum Wir". In diesem Sinne wird ein anderer Vorschlag zur Radikalität des Rufes Gottes gemacht, ohne in Frage zu stellen, dass es "spezifische Berufungen" gibt: "Die Radikalität des Christentums ist nicht das Vorrecht einiger weniger spezifischer Berufungen, sondern ist der Ruf, eine Gemeinschaft aufzubauen, die eine andere Art des Verständnisses der Beziehung zwischen den Töchtern und Söhnen Gottes lebt und bezeugt, die die Wahrheit der Liebe verkörpert, die auf Gabe und Unentgeltlichkeit beruht. Die radikale Aufforderung besteht also darin, gemeinsam auf synodaler Ebene eine attraktive und konkrete Kirche aufzubauen: eine Kirche, die nach außen geht und in der sich alle willkommen fühlen" (IL, 26).
Dies gilt auf verschiedenen Ebenen: Es gilt für die Ehe, die ein attraktiver und konkreter Ort für den gemeinsamen Aufbau sein sollte. Es gilt für die Diözese und die Pfarrei, es gilt sicher auch für kirchliche Bewegungen oder Ordensgemeinschaften. Eine Ehe, in der es keine "Gemeinschaft/Communio" zwischen den Eheleuten und auch mit den Kindern gibt und in der die Mitglieder lediglich "erzogen" werden, ohne partizipative Formen der Urteilsbildung, ist sicherlich kein attraktiver Ort. Ehepartner, die es nicht verstehen, über ihre eigenen Mauern hinauszugehen, mit einer Aufgabe, z.B. der Arbeit, haben keine missionarische Kraft und riskieren am Ende, ihre Familie auf einen "Egoismus zu zweit" oder einen "Egoismus unter wenigen" zu reduzieren. Was ich für die Ehe sage, gilt auch für die Diözese, für die Pfarrei und für Bewegungen oder Ordens; ich gehe von dem aus, was ich weiß.
Ich gebe ein Beispiel, was das Verhältnis zwischen Bistum und Pfarreien betrifft: In den Pfarreien unseres Bistums (Dresden-Meißen) gibt es Laien, die die Verantwortung für die Abhaltung von "Wortgottesdiensten" mit Kommunionausteilung übernehmen, mit Hostien, die von einem Priester konsekriert werden. Die letztendliche Verantwortung für diese Entscheidung liegt beim Bischof, aber das Ordinariat trägt meiner Meinung nach der partizipativen und synodalen Methode nicht ausreichend Rechnung; Es besteht kein Zweifel daran, dass der Bischof und das Ordinariat Richtlinien formulieren können und sollen (um Formen des "Egoismus unter Wenigen" zu vermeiden), z.B. dass der Wortgottesdienst sich von der Heiligen Messe unterscheiden soll, aber es ist auch wahr, dass Erwachsene im Glauben im Dialog mit ihrem Pfarrer und dem heiligen Volk Gottes die Formen der "Fortbildung" auch ohne Weisungen nur von oben (d.h. aus dem Zentrum) bewältigen können, was eher in Frage gestellt werden sollte, wenn das heilige Gottesvolk oder andere Gemeindemitglieder ein Problem mit einer der Personen haben, die den "Wortgottesdienst" feiern. Zu bedenken ist auch, dass es nicht nur in Dresden, sondern gerade auch im dem "Nicht-bekannten" einer Peripherie oft erwachsene Christen gibt, die einen vollen Terminkalender haben und keinen "zentralisierten" Fortbildungskurs brauchen, an dem sie nicht 'teilnehmen" (im Sinne der Partecipation), sondern passiv dabei sein müssen, ihre wenige Freizeit opfern, oft auch (das ist meine Erfahrung in dreißig Jahren Kirche in Bayern, in Magdeburg und jetzt in Dresden-Meißen), alle innere Kraft, die sie haben, verstecken müssen, weil sie als Arroganz ausgelegt werden würde. Kurzum: Der Prozess vom "Ich" zum "Wir" ist nicht nur zentral, sondern eben "subsidiär" (synodal) - das Leben wird dort gestaltet, wo es geschieht, und nicht zentral, soweit das möglich ist.
Natürlich kann und muss man sich auch im "Zentrum" treffen, wie in diesem Monat in Rom, wo sich so viele Christen aus so vielen Teilen der Welt trafen und gemeinsam Schritte im Dialog und im Zuhören, im Gebet und in der Stille unternahmen. Aber ein Fortbildungungstreffen in einer Diözese hat nicht diesen Charakter: Es gibt einige, die eine gewisse kirchliche Macht haben, die oft in einer nicht partizipativen Weise lehren (das ist meine Erfahrung, besonders im Ordinariat München-Freising), was eine moderne, zeitgemäße Kirche ist. Für mich waren solche Begegnungen oft Formen ständiger Demütigung, und natürlich kann man aus Demütigung auch Demut lernen, wie mich der heilige Ignatius von Loyola lehrte, aber Demut und Demütigung sind nicht dasselbe. Es gab kein wirkliches Interesse an meiner Person und meinem spirituellen Weg, der in Wahrheit weder rechts noch links ist, um diese Art von politischem Vokabular zu verwenden, aber es gab Misstrauen mir gegenüber, und sei es nur deshalb, weil ich nicht glaube, dass es eine Form der katholischen Synodalität gibt, ohne das 'sub et cum Petro'.
Die große Schwierigkeit für mich war immer, dass meine theologische Seele (es ist nicht die einzige, die ich habe) immer eine ernsthafte Auseinandersetzung mit fruchtbaren Gegensätzen (Romano Guardini) gesucht hat, vor allem zwischen dem Glauben als einem Akt des elementaren und ontologischen Vertrauens und den Inhalten des Glaubens (z.B. dem dreieinigen Gott). Je nachdem, welchem Mainstream man angehört, hat man es in der Regel nur mit Ultra-Traditionalisten zu tun, für die nur "Dogmen" entscheidend sind (oft haben diese Ultra-Traditionalisten dann eine für den modernen "Viktimismus" typische Haltung), oder mit dem Glauben allein, für den der Glaube zu einer dunklen Nacht wird, in der alle Kühe schwarz sind. Oder ein pantheistischer Tag, an dem alles zu einer religiösen Erfahrung wird. Oft erlebt man in der Kirche Formen des inneren Exils, in denen man sich nicht traut zu sagen, was man denkt, aus Angst, misshandelt zu werden oder sofort mit einer bestimmten Partei identifiziert zu werden, mit der man sich nicht identifiziert.
Die Nachfolge des Petrus, aber in Wahrheit die Nachfolge Christi, war für mich immer ein Grund zur Freude, wenn ich im Dialog mit großen und kleinen Zeugen des Urvertrauens leben konnte, dass Christus, der dreifaltige Christus, uns nicht allein lässt; in den verschiedenen Institutionen (Ordinariat, Bewegung als Institution) habe ich immer den radikalen Verdacht erlebt, dass meine Person fremd (im Sinne von "strange", "seltsam") ist und nicht jemand, der nur die Unentgeltlichkeit der Liebe braucht: "15 Wir aber wollen, von der Liebe geleitet, die Wahrheit bezeugen und in allem auf ihn hin wachsen. Er, Christus, ist das Haupt. 16 Von ihm her wird der ganze Leib zusammengefügt und gefestigt durch jedes Gelenk. Jedes versorgt ihn mit der Kraft, die ihm zugemessen ist. So wächst der Leib und baut sich selbst in Liebe auf". (Eph 4,15-16). (mechanische Übersetzung von DeepL aus meinem Tagebuch, von mir revidiert).
(8.1.24) Aus meinem Tagebuch: (Nachmittag) Heute, nach Krankheit und Urlaub, habe ich mein Schul-E-Mail-Portal aufgesucht und auch Post vom Diözesanrat Dresden-Meißen gefunden. Zwei Themen möchte ich im Auge behalten und erwähne sie deshalb hier im Tagebuch kurz: Die Position der Ratsvorsitzenden Martina Breyer zur Frage des "synodalen Weges" betont eher den deutschen als den weltweiten, aber vielleicht täusche ich mich. Das andere große Thema, das diskutiert wird, ist das der Demokratie, weshalb ich zwei Folgen von 'SachsenSofa' (eine Sendung der Ökumenischen Akademie Dresden-Meißen) über Demokratie und demokratische Macht gesehen habe; die erste war am 7.7.2021 (demokratische Macht) mit den folgenden Gästen: Wolfgang Schäuble (ich erwähnte ihn im Tagebuch anlässlich seines kürzlichen Todes), der damals Bundestagspräsident war, Heinrich Timmerevers, Bischof des Bistums Dresden-Meißen, und Constance Arndt, Oberbürgermeisterin von Zwickau. Die zweite Folge, auf die auch im Protokoll der letzten Diözesanratssitzung verwiesen wurde, fand am 20.10.23 ("Unsere Zukunft in unserer Hand") mit folgenden Gästen statt: Franziska Schubert, Vorsitzende der Fraktion von Bündnis 90/ Die Grünen im Sächsischen Landtag, Jürgen Opitz (CDU), Bürgermeister von Heidenau, und Alexander Marguier, Chefredakteur des Politmagazins "Cicero". Beide Episoden hatten ein ordentliches Niveau und Schäubles Anwesenheit unterstrich die Bedeutung des demokratischen Staates und der Rechtsstaatlichkeit. In der zweiten hat man die Krise ernst genommen - die AfD in Sachsen hat eine sehr hohe Stimmenzahl -, aber es ist schon interessant, dass keine AfD-Vertreter eingeladen wurden, obwohl Alexander Marguier zu Recht sagte, dass sie vom politischen Diskurs nicht ausgeschlossen werden können. Der Bürgermeister von Heidenau meint, dass sie sich selbst ausschließen wollen. Bischof Timmerevers erklärte mit Recht den Unterschied zwischen der Kirche (Macht kommt von oben) und dem Staat (Macht kommt vom Volk), wies aber zu Recht darauf hin, dass Mechanismen zur Kontrolle der Macht auch für die Kirche notwendig sind. Ich unterstreiche es obwohl die Frage der Demokratie nicht nur eine Frage der "Kontrolle" ist; ich hatte darüber schon in meinem Tagebuch in meinem inneren Dialog mit Kardinal Matteo Maria Zuppi gesprochen: die Frage der Demokratie und auch die synodale Frage sind für die Kirche sehr wichtig, auch wenn sie das "sentire cum ecclesia", das nicht demokratisch ist, nicht ersetzen; aber auch für den Staat gilt (Schäuble zitierte Böckenförde), dass die letzten Grundlagen der Demokratie nicht aus der Demokratie selbst kommen. Ich würde mich sehr freuen, wenn im Leben der Gemeinden und kirchlichen Bewegungen der demokratische und synodale Charakter etwas mehr zum Vorschein kämen, ohne die hierarchische Struktur der Kirche in Frage zu stellen... kraft der Taufe sind wir alle erwachsene Christen!
(21.1.24) (21.1.24) „ Die Zeiten, in denen es Wahl-Hirtenbriefe mit Empfehlungen gab, sind vorbei - und das ist gut so“ (Bischof Bertram Meier, Augsburg). Jasper von Altenbockum, in dem Editorial der FAZ schreibt: „selbst die katholische Kirche ist aufgewacht und verschickt Mahnbotschaften an Gläubige Wähler“ (20.1.24). An der Seite 4 der Ausgabe von Samstag wird dann berichtet über die ostdeutsche Bischöfe, die vor der Wahl der AfD explizit in einem Brief warnen. „Die sechs katholischen Bischöfe in Ostdeutschland haben davor gewarnt, die AfD zu wählen. Sie könnten vor dem Hintergrund ihres eigenes Gewissens die Position „extremer Parteien wie dem III Weg, der Partei Heimat oder auch der AfD nicht akzeptieren“, heißt es in einem am Freitag veröffentlichten Schreiben“ (FAZ). Als heute in der Kirche in Gera dieser Brief vorgelesen worden ist, hab ich sofort gedacht, dass es sich um einen strategischen und inhaltlichen Fehler handelt (Es wäre besser gewesen, wenn Sie das Schreiben, sowie ihre Mitbruder in den Westen, ohne Namen von Parteien veröffentlicht hätten, als eine Einladung zu den Werten der Demokratie und des Rechtsstaates). Der Grund hat der Bischof von Augsburg, Bertram Meyer, den ich vorher zitiert habe, sehr synthetischen und präzise ausgedrückt. Heute morgen habe mich gefühlt wie am Ende der Pandemie als ich in einer Kirche war und die Maske nur teilweise getragen habe (um mich herum war niemand): als ich zur Kommunion gegangen bin, hat mich der Priester erziehen wollen und gesagt, dass ich die Maske zu tragen habe. Ich habe sofort gedacht, dass sene Aufgabe wäre mir den Herrn zu geben, nicht seine Meinung, als gewissenhafter Beamter, zum Thema Pandemie zu sagen. Und was den Brief anbelangt: Die Bischöfe sind da, um zu versöhnen und ihre Aufgabe ist sich auch um die Leute zu kümmern, die die AfD bei uns in dem Osten der Republik wählen. In einer extrem Situation kann man sich auch benehmen wie sich Clemens Augustinus Joseph Emmanuel Pius Antonius Hubertus Marie Kardinal Graf von Galen (* 16. März 1878 in Dinklage, Oldenburger Münsterland; † 22. März 1946 in Münster, Westfalen) benommen hat. Aber dann denke ich, die Bischöfe hätten sich lieber für eine diplomatische Lösung des Konflikts in Ukraine engagieren müssen, statt sich in Parteiangelegenheiten Deutschlands (mi Angaben von Namen bestimmter Partei) einzumischen. Meine Frau hat mir gesagt, dass es ein bisschen verständlich ist, weil sie (die Bischöfen) gelernt haben, ein ganzes Leben lang, dass die Deutschen zu spät in der Zeit des Nationalsozialismus gehandelt hätten, etc. Aber wir sind nicht in der Zeit des Nationalsozialismus und die AfD ist nicht vergleichbar mit der nationalsozialistischen Partei. Auch wenn der Mainstream so denkt und suggeriert. Der Brief, der heute in allen Kirchen gelesen worden ist, (wenn ein Priester sich nicht verweigert hat) ist kein Beispiel von Mut. Das was von Galen tat, das war ein Beispiel von Mut. Was die Bischöfe gestern mit Ihrem Brief gemacht haben, ist nur eine Anlehnung an den Mainstream. Wenn sie schon über den Populismus äußern, dann sollten sie ganz unterschiedliche Narrationen zuhören, und eine Unterscheidung der Geister anbieten, die nicht so simpel ist.
(25.1.24) Sehr geehrte Frau Sylvia Ciesielski (Sekretariat des Kirchenrat- DD),
ich habe Pfarrer Wolf in Gera mitgeteilt, dass meiner Meinung nach ein strategischer und inhaltlicher Fehler gemacht wurde, indem die AfD in dem Schreiben der Bischöfe von Ost-Deutschland explizit genannt wurde. Pfarrer Wolf befürwortete dies, aber vermutlich vertreten viele Mitglieder der Pfarrei eine andere Meinung. Als Italiener hege ich keinerlei Sympathien für die AfD. In Italien, als Giorgia Meloni, deren Parteiprogramm dem der AfD ähnelt, zur Premierministerin gewählt wurde, dürfte Papst Franziskus, den ich in Fragen der Migration und des Friedens uneingeschränkt unterstütze, sicherlich nicht vor Freude gesprungen sein. Dennoch hat er nicht den Dialog durch einen Streit ersetzt. Der Begriff "Remigration" mag fragwürdig sein, jedoch fehlt der Stellungnahme von Pax Christi jegliche Objektivität. Bezüglich des Treffens mit Herrn Martin Sellner handelte es sich nicht um ein Geheimtreffen (eher ein Privattreffen mit einer sehr weiter Mailing List), sondern um die Besprechung seines Buches, das sich bereits in der 4. Auflage befindet. Die Kirche sollte nicht auf die Rolle eines rein politischen Organs reduziert werden; sie ist eine "Mutter" auch für die Menschen, die die AfD wählen.
Mit freundlichen Grüßen Dott. Roberto Graziotto
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