Von der Biographie zur Sendung. Ein Lebensweg im Bereich von Philosophie,Theologie und Pädagogik. (Vortrag zum Vorlesen)
Foto von mir, von Konstanze Graziotto
Roberto Graziotto, geboren 1960.
Basel, Juni 2012, Cornelia Capol, zum ihrem 95. Geburtstag gewidmet!
Inhaltsverzeichnis
– Einführung
– Die Begegnung mit Hans Urs von Balthasar (1978)
– Aus der Begegnung mit Hans Urs von Balthasar die Begegnungen mit Ferdinand Ulrich (geboren 1930) und Robert Spaemann (geboren 1927)
– Die Ehe als Ort um die Einheit zwischen Mann und Frau, so wie sie am „Anfang“ vorgesehen war, zu leben (Vgl.. Johannes Paul II, Katechesen über die menschliche Liebe; Genesis 1-2 und Matthäus 19)
– Die Schule als Ort um die „Disziplin des Lobes“ (Anton N. Schmid) zu üben (Einführung, philosophisch; Aspekte meines pädagogischen Handelns; Mein pädagogisches und pastorales Wirken in Facebook; Aspekte meines ökumenischen Handelns; ; Theodramatik in der Pädagogik; Schlusswort, philosophisch;
– Freundschaften aus dem Geist Balthasars. Cornelia Capol, P. Servais und die „Casa Balthasar“, Adrian Walker
– Die Fraternität von „Comunione e Liberazione“ als Ort um die „Abstraktion“ endgültig zu überwinden
– Schlusswort. Eine Stele mit einem Satz des Papstes in Altötting vor dem Bruder Konrad gewidmeten Brunnen.
– Anhang. Ansprache, Schulgottesdienst Weihnachten 2011: Vernunft, Glaube, Freiheit und Menschwerdung Gottes
Es ist eine unverdiente Ehre hier in Basel sprechen zu dürfen!
Einführung
Wenn man die Spiritualität der Bewegung von „Comunione e Liberazione“, zu deren Fraternität ich gehöre, kennt, mag der Titel meines Vortrages merkwürdig klingen. In der letzten Zeit insistiert der spanische Priester don Julián Carrón, der die Bewegung seit dem Tod des Gründers Luigi Giussani (1922-2005) leitet, über das Entstehen des Ichs aus dem Geist einer „Begegnung“ mit dem christlichen „Ereignis“. Das Thema der Exerzitien der Fraternität im Jahr 2011 lautete: „Wenn jemand in Christus ist, dann ist er eine neue Schöpfung“ (Rimini 2011). Das „Thema“ der Bewegung in letzter Zeit ist also ein Ich als neue Schöpfung auf Grund der Begegnung mit Christus und wenn man den Titel meines Vortrages betrachtet, könnte man denken, dass ich von einem Ich zu so etwas wie einer
„Sendung“ übergehen will! Es handelt sich aber in dem was Carrón sagt nicht um ein „biographisches“ Ich. Dieses biographische Ich muss sterben, um Früchte zu bringen. Das wird auch in dem paulinischen Titel der Exerzitien in diesem Jahr betont: „Non vivo più io, ma Cristo vive in me“ (Rimini, 2012; „nicht mehr ich lebe, sondern Christus lebt in mir“: Gal, 2,20). Er muss ein Zuhörer der
„Sendung“ werden und dem in ihr enthaltenen „Auftrag“! Er muss diese Sendung tun! Das Hören soll Gehorsam werden. In der Sprache von Comunione e Liberazione übersetzt: das neue erweckte Ich, die neue Schöpfung entsteht auf Grund des Charismas, das als „domum Dei Altissimi“ von don Giussani gesehen wird. Der Heilige Geist wirkt ein Charisma: „durch sein Hinwirken in die Geschichte zielt der Geist vor allem auf das Fortleben des Menschwerdungsgeheimnisses in der Kirche“ (Marc Ouellet, Charismen, Freiburg 2011, 15). Der Heilige Geist erweckt also ein Ich, ja ein Wir, um das Geheimnis Christi fortleben zu lassen. Dieses Ich ist freilich nicht ein biographisches, sondern ein mit einem Auftrag beschenktes Ich, ein mit einem Auftrag in die Welt gesendetes Ich. Don Carrón insistiert mit recht: es fehlt nicht Gott heute, es fehlt ein solches Ich. Wenn man die Sache so pointiert, muss man aber dann klar stellen: „die Existenz gehört dem
Auftrag, nicht die Biographie“ (Hans Urs von Balthasar, Nochmals – Reinhold Schneider, Freiburg 1991, 19).
Wenn Balthasar uns mehr auf ein „Desinteresse für das eigene Ich und so für die eigene Biographie“ hin und Giussani mehr auf eine „Aufmerksamkeit für das eigene Ich“ hin erzieht, der „Intellekt“ sieht, um mit Hegel zu reden, einen Widerspruch, weil der Intellekt nur „sich widersprechende Extreme“ analysieren kann; die Vernunft sieht hier eine Einheit, eine „Bruderschaft im Geist“, eine gegenseitige Bereicherung. Ein echtes zu einer bestimmten Sendung berufenes Ich kann nur durch ein Desinteresse für das eigene biographische Ich entstehen.
Auch in diesem Lebensweg, den ich heute Ihnen vortragen darf, geht es um
meine Existenz, nicht um eine Biographie – biographische Daten werden nur minimal eine Rolle spielen, nur so weit sie nötig sind, um die in mir und auch durch mich gewirkte „Werkgestalt“ zu sehen, eine Werkgestalt, die, so Gott will, jetzt noch nicht vollendet ist! - Ähnliches sagt Balthasar selbst über den dritten Band von
„Erde und Himmel“: „Wichtig sind nur die Äußerungen Adriennes selbst. Und das Biographische in diesen ist nur noch Anlass für das Theologische“ (Einsiedeln 1976, 5). Biographie ohne Sendung ist nur das, was das Ich ohne Gott will. Sendung ist das, was Gott will: es offenbart sich zuerst in einer Biographie, aber in einer Biographie, die immer mehr Existenz, Auftrag wird. Entscheidend in einem Leben
ist nur das, was „Material für die Erfahrung der objektiven Offenbarungsgeheimnisse“ (ibidem, 5) ist. Das kann sich freilich auch in einem weniger wichtigen biographischen Details offenbaren, etwa in der Beziehung zu unserem Nachbarn, aber, was mitgeteilt werden muss, ist nur das, was
das objektive Offenbarungsgeheimnis der Liebe Gottes ausstrahlen lässt.
Die Freundschaft zwischen diesen beiden Männern, Hans Urs von Balthasar und Luigi Giussani, ist der Ort, in dem meine Existenz, ohne die Sklaverei eines Epigonentum, sich situiert. Die Biographie der Beiden hatte freilich einige Berührungspunkte, aber als ich in Rom beim ersten Symposion über Adrienne von Speyr, die Umarmung Balthasars mit Giussani, nach dem Schlussvortrag des
erstgenannten über das Beichten der Weltsünde am Kreuz seitens unseres Herrn gesehen habe, habe ich nicht eine biographische Kuriosität gesehen, sondern das, was der Herr am meisten wollte, das Durchscheinen Seiner Sendung: „Lass alle eins sein, wie Du, Vater, mit mir eins bist und ich mit dir. Lass auch sie eins mit uns sein, damit die Welt glauben kann, dass Du mich gesandt hast“ (Joh 17,21; Übersetzung von Klaus Berger, Frankfurt am Main und Leipzig, 2005)
Die Begegnung mit Hans Urs von Balthasar (ab 1978)
Die italienische Gesellschaft, in der ich meinen ersten Brief von Hans Urs von Balthasar (1905-1988) bekam (eine Kopie davon ist auch in dem Basler Archiv), datiert im Jahr 1978, ist die, die Augusto Del Noce in seinem Aufsatz „Appunti sull'irreligione occidentale“ (1963, in „Il problema dell'ateismo, Bologna 1964, vierte Ausgabe, 1990, 293 Fg.) philosophisch durchgedacht hat. Eine Gesellschaft, die ökonomisch reich ist (Del Noce spricht von „società opulenta“), und die auf Grund der Konzentration auf die immanente Problemen im Leben und in der Arbeit irreligiös ist. Ich wohnte damals in Turin in einem für die Arbeiterklasse errichteten Stadtviertel („Mirafiori Sud“), dem ich aber nicht die Romantik, wie Ernst Bloch (1885-1977) bei seiner Geburt in Ludwigshafen (contra Mannheim als bürgerliche Stadt) verleihen kann. In diesem Fakt, also, dass ich in diesem Stadtviertel von Turin lebte, ist interessant nur das, was Augusto Del Noce, philosophisch bewiesen hat: Marxismus und kapitalistische Gesellschaft erzeugen beide den heutigen abendländischen Mangel an „religiösem Sinn“ (Giussani) und christliche Zugehörigkeit, wobei in letzter Zeit auch eine neue Entdeckung der Religiosität stattfindet, die aber zu keiner echten christlichen Zugehörigkeit führt und die womöglich nur einen dialektischen Gegenschlag zur Immanenz des heutigen Abendlandes ist. Ferdinand Ulrich hat sie analysiert in: „Der Atheismus der egoistischen Gott-süchtigkeit“ (Gabe und Vergebung, Freiburg 2006, 399 Fg.), aber in den siebziger Jahren des XX Jahrhunderts, in den Jahren, in denen ich die erste Briefe Balthasars empfang, war sie noch nicht „Mode“.
Der Versuch meiner Urgroßeltern, Gaetano und Matilde Graziotto, sofort nach dem zweiten Weltkrieg, dem Atheismus von Tito in dem von ihm gegründeten
Jugoslawien, durch ihre Flucht aus Istrien zu entkommen, hatte nur teilweise Erfolg, weil die Gesellschaft, in die sie als Flüchtlinge kamen und zuerst alle zusammen in einer leeren Kaserne lebten, nachdem sie den Schock des Krieges überwunden, und sich in einer üppigen Gesellschaft verwandelt hatte, immer stärker von dem Phänomen der Irreligiosität geprägt war. Die christliche Form eines Familienlebens konnte noch bis zu der Zeit, in der meine ganze Familie in Piemont (dorthin kamen sie aus Istrien), genauer in Casale Monferrato, zusammen mit meinen Großeltern Maria und Vincenzo, der aber in der Familie „Nani“ (Giovanni, Johannes) genannt worden ist, lebte, sprich bis zu dem Anfang der 60jahren, gerettet werden. Die kleine Familie meiner Eltern in Turin (Fernanda, Francesco, Loredana und ich), ab 1962, hat schon nicht mehr zusammen gebetet, auch wenn meine Mutter dem Rosenkranz und der christlichen Zugehörigkeit bis Dato treu geblieben ist. Immerhin waren meine Eltern wach genug zu wissen, dass ohne die Hilfe einer Pfarrei, eine christliche Erziehung nicht möglich gewesen wäre: in jenen Jahren kam es zur Begegnung mit dem Pfarrer von San Lukas in Mirafiori Sud, don Paolo Gariglio, der auch durch Freizeiten in den Bergen mich Christus als Gegenwart hat spüren lassen.
Eine wichtige Erfahrung in dieser Richtung war auch der Besuch der Mittelstufe in einer Salesianer Schule in Turin, die meine Eltern bewusst, um meiner christlichen Erziehung willen, wählten. Besonders einem Pater, Luigi Benna, der meinen ersten Brief Balthasars, der auf französisch geschrieben war, übersetzte, als ich nach der Mittelstufe einen staatlichen Gymnasium besuchte, will ich hier kurz erwähnen. Der Spiritualität don Boscos, dem Gründer der Salesianer, verdanke ich sicher auch die Wahrnehmung, dass die Sendung, den Auftrag Jugendliche zu erziehen, kein nebensächlicher Aspekt meiner Existenz sein darf. Dass für die Ausführung dieses Auftrages der Beistand Marias als „Maria ausiliatrice“ (bekannter Weise mit diesen Name hat don Bosco sie verehrt) unerlässlich ist, habe ich im Lauf der Zeit, gerade in den Momenten, in denen ich mit dem „theodramatischen“ Aspekten (was ich mit diesem von Hans Urs von Balthasar geliehenen Terminus meine, werde ich später erklären) dieses Berufes konfrontiert worden bin, immer mehr schätzen gelernt.
Den Kapuzinerpatern, besonders Pater Felice, von „Santa Maria del Tempio“, in der Nähe von Casale Monferrato, verdanke ich u. a. einen Aufenthalt als Gast im Kapuzinerkloster in Münster (1981), der mir erste Schritte im Erwerb der deutschen Sprache ermöglichte und mich so der außerordentlichen Gestalt Balthasars in seiner eigenen Sprache anzunähern. Dem Charisma von San Francesco verdanke ich das starke Empfinden, dass ein radikaler Zugang zu Christus nur durch die Bindung an die hierarchische Kirche möglich ist. Besonders eine Szene aus dem Film Liliana Cavanis, den ich oft mit meinen Schülern gesehen habe, hat sich in meinem Gedächtnis eingeprägt: Innozenz III. fragt bei einer Audienz, ob Franziskus auch ihn und die Kardinäle um ihn herum lieben würde, sie seien doch reich und mächtig. Franziskus erhebt langsam den Kopf und schaut die Versammelten mit Aufmerksamkeit: „ohne Einschränkung und ohne Urteil“.
Aber auch etwas Weltlicheres muss hier zur Sprache gebracht werden. Meine Liebe für die Philosophie, die ich meinem Lehrer Francesco Coppellotti, Übersetzer von Ernst Bloch, aber auch Freund von Henri de Lubac, verdanke, war sicher auch eine Reaktion auf eine Lebensweise, die nur Arbeit und Technik pries; aber der „Atheismus im Christentum“ und der „Geist der Utopie“, um zwei berühmte Werke Ernst Blochs zu zitieren, waren keine echte Alternativ zur Immanenz der üppigen Gesellschaft. Das „Transzendieren ohne Transzendenz“ Blochs stellt mit einem gewissen Recht die Frage nach einer Kritik an der politischen Ökonomie und deren Voraussetzung, die Kritik einer zur Ideologie reduzierten Religion – die Finanzkrise und die perversen Formen von Religiosität, die bis heute uns verfolgen, lassen auch ihre Notwendigkeit sehen – aber unsere Sehnsucht nach einem nicht zu einer Art zweitem Stockwerk des Lebens reduzierten „übernatürlichen Sinn“ (Henri de Lubac) wird dadurch nicht gesättigt. Als Henri de Lubac eine Kopie seines „La postérité spirituelle de Joachim de Flore“ (Paris, 1978) meinem Philosophielehrer schenkte, mit dem Hinweis, er würde ihn sicher dadurch enttäuschen, verwies er, auf diskreter Weise, auf die entscheidende Frage: der Geist des „Transzendierens ohne Transzendenz“, in welcher Form auch immer, beruhigt das menschliche Herz nicht.
In diesen Jahren lernte ich auch den Versuch von Giulio Girardi kennen, der Paul der VI. für einen genialen Denker hielt, auch wenn er sein Versuch, Marxismus und Christentum zu vereinigen, nicht billigte, und auch durch diese Begegnung angeregt, habe ich Hans Urs von Balthasar einen Brief geschrieben (die Adresse besorgte mir Francesco Coppellotti, der mich auch dazu animierte ihm zu schreiben), mit der Frage: was soll ich tun um ein guter Christ zu werden? Soll ich ein Priester, der in einer Firma wie FIAT arbeitet, werden? Postwendend kam die „ignatianische“ Antwort: nicht was Sie planen, sondern was Gott von ihnen will ist das Entscheidende! Diese Antwort habe ich monatelang, ja jahrelang in meinem Herzen getragen (im Latein gibt es eine bessere Formulierung: „in animo volvere“), auch wenn die Präsenz Blochs in meinem Leben, zuerst emotional wichtiger war und sie führte zu sieben Jahren (1980 -1987) „Atheismus im Christentum“. In meiner Existenz bedeutete diese Entscheidung von mir ein vollständiges Scheitern! Sowohl existenziell (ich gelangte dadurch zu einen Mangel an Konsistenz meines Ichs) wie auch philosophisch und theologisch!
Die persönliche Begegnung mit Hans Urs von Balthasar im Sommer 1987, (kurz danach, im selben Sommer, lernte ich meine Frau Konstanze in Heidelberg kennen), die für mich auch „Begegnung“ mit Adrienne von Speyr (1902-1967) bedeutete – ich las sehr aufmerksam, schon als ich in meiner atheistischen Phase die Universität in Turin besuchte, die italienische Übersetzung von „Ersten Blick auf Adrienne von Speyr“ – bot mir eine endgültige Lösung der Krise: nicht im „Geist der Utopie“, sondern in dem Gott, der für uns gestorben, ja bis in die Hölle hinabgestiegen ist, gibt es Hoffnung! Die Ehe mit Konstanze und dann mit unseren zwei Kinder, Johanna und Ferdinand, und die Zugehörigkeit zu der Bewegung von „Comunione e Liberazione“ – ich hatte don Angelo Scola, den jetzigen Kardinal von Mailand, gefragt, ob in der Bewegung für einen Sohn Balthasars Platz gäbe –
boten mir „dimore“ (Wohnstätte), um das Geschenkte zu leben.
Aus der Begegnung mit Hans Urs von Balthasar die Begegnungen mit Ferdinand Ulrich (geboren 1930) und Robert Spaemann (geboren 1927)
In einer Postkarte hatte mich Balthasar auf zwei deutsche Philosophen aufmerksam gemacht, da ich in Deutschland Philosophie studieren wollte.
Ferdinand Ulrich, mit dem mich eine tiefe Freundschaft verbindet, mit dem ich sehr viele Gespräche zwecks einer existentiellen Unterscheidung der Geister geführt habe, der mich zu der Überwindung der Philosophie als Abstraktion geführt hat, hat mir zuerst durch seine Philosophie des Seins als Gabe eine echte Alternative zur ontologischen Einstellung Blochs des „Noch nicht sein des
Seins“ angeboten. In dem ersten ist die „Wirklichkeit“ als Gabe gesehen, in dem zweiten als etwas, das wir zu schaffen haben, die noch nicht ist! Ernst Bloch, der mich zuerst mit seinem “Atheismus im Christentum“ faszinierte, hatte in seinem philosophischen Werdegang schon sehr früh eine präzise Ontologie entfaltet (von „Geist der Utopie“ gibt es zwei Fassungen, 1917 und 1923; diese letzte scheint politisch korrekter dem Marxismus zu entsprechen), die einer säkularisierten Form des jüdischen Messianismus entsprach. Das Sein selbst ist dieser Ontologie nach unvollendet. Zwar ist auch im christlichen Denken mehrmals in der Form eines „schon und noch nicht“ gedacht worden, aber die ontologische Position Blochs, die eine Art Häresie im Marxismus bedeutet, kennt ontologisch kein „schon“ - politisch verhalten sich die andere wohl anders, wenn man sieht, dass Bloch in seinem späteren Werk „Subjekt-Objekt“ Stalin als eine zitierwürdige Quelle ansieht. Aus der Sackgasse dieses ontologischen Denkens herauszukommen half mir die Philosophie Ulrichs.
Das Ziel meiner Zeilen hier ist jedoch nicht, die Gestalt Ulrichs und sein philosophisches Denken darzustellen – das würde sowohl die Rahmen dieses Vortrages wie auch meine spekulative Kraft übersteigen –, sondern zu zeigen, wie ich durch Ulrich einen wichtigen Schritt von der Biographie zur Sendung vollzogen habe. Das gilt auch für alle anderen Personen, die ich in meinem Vortrag zitieren werde.
„Ohne Philosophie keine Theologie“ (Theologik I, Einsiedeln 1985, VI) diese Aussage Balthasars entspricht der Intuition Giussanis, dass ohne „Erziehung“ keine
„christliche Zugehörigkeit“ möglich ist. Zwar vermögen Formen der Frömmigkeit viel, mit denen die christliche Zugehörigkeit gelebt wird. Meine Frau und ich verdanken den Wallfahrten nach Altötting die Geburt unserer beiden Kinder, Johanna und Ferdinand, und der Wallfahrt nach Medjugorje im letzten Sommer, eine Vertiefung unseres Gebetslebens. Wenn Antonio Socci, der große italienische katholische Journalist, Recht hat, verdankt die Menschheit der Frömmigkeit, die aus Fatima
und Medjugorje entsteht, sogar die Abwendung von welthistorischen Gefahren, wie dem Kommunismus in Europa oder sogar dem Ausbrechen eines atomaren Krieges. Aber ohne eine erzieherische Vertiefung des Glaubens, wie sie Giussani in seiner Trilogie („Il senso religioso“, „All'origine della pretesa cristiana“, „Perché la Chiesa?“) angeboten hat, bleiben die christlichen Formen der Frömmigkeit und die Praktiken des christlichen sakramentalen Lebens, etwas, das man dem eigentlichen Leben hinzufügt und nicht etwas, das das eigentliche Leben bis zum Schluss formt. Theologie ohne Philosophie bleibt analog dazu eine Abstraktion, die vielleicht den Reichtum des theologischen Denkens darzustellen vermag, die aber dem „Sein als Gabe“ hinzugefügt bleibt. Die Philosophie war und ist für mich die Möglichkeit über die „ontologische Struktur des weltlichen Seins“ nachzudenken. Ohne diese Arbeit des Nachdenkens werden weder „gnadentheoligischen Engführungen“ (Richard Schenk sieht dieses Gefahr m. E. zu Unrecht auch bei Balthasar) noch eine Theologie als „Auswortung“ eines zweiten Stockwerkes über dem Sein zu vermeiden sein (Henri de Lubac bis Julián Carrón heute ist dies zu vermeiden ein wichtiges Ziel ihrer theologischen und pädagogischen Arbeit). Auch die katechetische Erziehung der Bewegung von „Comunione e Liberazione“ würde für mich ohne Philosophie nur in einem leeren Wiederholen von dem, was der Gründer gesagt hat, enden.
Auch wenn ich der Philosophie einen solchen Wert beimesse, ist und bleibt sie für mich „ancilla Domini“; zwar eine „ancilla“, die selbstbewusst ist, der aber die Demut nicht fehlt, die Demut zu wissen, dass sie das Sein, worüber sie nachdenkt, nicht schafft. Das Auftauchen eines solchen abstrakten Wortes – Sein – verlangt eine kurze Klarstellung. Mit diesem Wort meine Ich die Wirklichkeit in der Gesamtheit ihrer Faktoren, nicht jedoch als Summe ihrer Faktoren, sondern als erster und
letzter Sinn. Dieser erste und letzte Sinn wird von mir in dem Akt der Schöpfung und in dem Akt der Rekapitulation all den Dingen, die wir wahrnehmen oder auch nicht wahrnehmen können, in einer letzten „Einheit“ gesehen. Dieses Sein ist eben Gabe umsonst. Der „Dominus“ ist der Geber. Ein Geber, der nicht geizig ist und der sich wirklich gibt. Der „Geist der Utopie“ bezichtigte den Dominus geizig zu sein, ja sogar wird von Ernst Bloch der Vater als ein Tyrann vorgestellt, von dessen Herrschaft sich der revoltierende Jesus des „Atheismus im Christentum“ befreien wollte. Dieser Geist der Revolte verunmöglicht die Wirklichkeit als Ort des Erscheinens des Schönen, Guten und Wahren, als Transzendentalen des Seins, wie sie in der Trilogie Balthasars (Herrlichkeit, Theodramatik und Theologik) thematisiert sind, zu sehen. Dadurch entsteht ein überspannter säkularisierter Messianismus, der meint, sogar das Sein „verursachen“ zu müssen (vgl. dazu „Zeugen und Verursachen“ in „Gabe und Vergebung, 304 Fg.), weil es eben noch nicht ist. Nicht eine „Verwunderung“ vor dem Sein, vor dem Ereignis, das „etwas ist statt lieber nichts“ (vgl. Herrlichkeit, II, I, Teil II, Einsiedeln, 1965, 943 Fg.), sondern höchstens eine „Bewunderung“ für bestimmte Aspekte des Seins (Musik, Kunst, kosmische Ordnung) und eine Mystik der Arbeit der eigenen Händen und des eigenen Geistes ist das Ergebnis der Philosophie der Utopie. Die Philosophie Ulrichs konzentriert sich schlicht und einfach darauf, den Akt des Seins als „simplex et completum sed non subsistens“ (Thomas von Aquin, De Potentia 1,1) zu denken, aus dem Geist des Dankes! Das heißt: der Akt der Schenkung des Seins ist „einfach“ und „vollendet“: es benötigt nicht eine „Arbeit“ des Menschen (eine politische Arbeit oder eine andere Art von Arbeit), um in seiner Vollkommenheit zu gelangen. Als Akt besitzt er jedoch keine „Subsistenz“: nicht das Schenken einer Rose hat „Subsistenz“, sondern die „Rose“ selbst oder ich, das ich sie schenke oder der Geliebte, der sie empfängt – die Rose, die Geliebte und ich sind das, was die Philosophie „Seiende“ nennt. Sein ist nur im Seiendem wahrnehmbar. Dieser Sachverhalt ist freilich nicht im Geist des „Homo faber“, sondern im Geist der Dankbarkeit überhaupt denkbar.
Die postmoderne Philosophie (Vattimo in Italien) in Gegensatz zur Philosophie Blochs erliegt nicht einer Mystik des „Verursachens“ und sie sieht auf Grund einer
„schwachen Ontologie“, dass das Sein „Nichts“ ist (nicht nur noch nicht), aber sie unterliegt der Versuchung, dieses Nichts als Nihilismus zu sehen. Für Ulrich dagegen, der „von der selbigen Verwendung von Sein und Nichts“ spricht (vgl. „Homo Abyssus“, S. 26fg.) ist dieses „Nichts“ das Nichts der Liebe, die nicht an sich festhält, sondern sich ganz hingibt: das Sein ist ein Akt, in dem sich Gott ganz hingibt. Wenn man versucht, es zu betrachten, entpuppt sich als „gar nichts“, wenn man die Bewegung vollzieht, die es vollzieht und die Ulrich die „Verendlichungsbewegung des Seins“ nennt, wird das Seiende in seiner Vielfalt (Steine, Pflanzen, Tieren und Menschen) Erscheinungsort der Gegenwart des Gebers und alle Dinge und Personen werden als Zeichen Seiner Gegenwart gesehen. Die Existenz des Menschen als Selbstbewusstsein und als Bewusstsein der Dinge und Personen wird der Ort sein, in dem der Mensch seinen Auftrag als Dienst und Sendung wahrnehmen kann, gerade weil er in der Wirklichkeit stets Zeichen der Gegenwart des Gebers wahrnehmen kann .
Robert Spaemann verdanke ich die Wahrnehmung der ethischen Dimension des Auftrages, den ich bis dahin eher ontologisch gedacht hatte: das Sein eben als Liebe zu sehen. Sowohl in Giussani wie auch in Balthasar und Ulrich ist die Thematisierung dieser ethischen Dimension eher sekundär, nicht weil sie nicht wichtig ist, sondern weil sie womöglich als „selbstverständlich“ erachte wird. Die ersten drei Autoren wissen, dass eine Ethik, die aus der Ontologie entsteht, nötig ist, aber nur bei Spaemann habe präzise Argumente gefunden, um zu verstehen, dass alle Menschen Personen sind. Und sie sind es nicht, weil sie ein Bewusstsein
davon besitzen, – wenn das der Fall wäre, dann wäre ein Mensch der schläft, keine Person – sondern weil sie zur Gattung des Menschen gehören. Schon die biologische Zugehörigkeit zu der Gattung der Menschen erlaubt und fordert uns heraus, alle Menschen als Personen zu sehen. Angesichts der brutalen Ermordung von Millionen von noch nicht geborenen Kindern, so wie wir sie in unserer Gesellschaft kennen und dulden, wird niemand leugnen können welchen Wert die ethische Dimension des Seins hat. Ferner verdanke ich Robert Speamann den Mut, politisch unkorrekt zu denken – nicht die demokratische politische Korrektheit wird die „Abschaffung des Menschen“ (C. S. Lewis) vermeiden, sondern das Festhalten an die ethische Wahrheit allgemein gültiger Normen. Diese sind nicht im Gegensatz
zur Liebe, zum Sein als Gabe umsonst zu verstehen, sondern als Ausdruck des ersten Teils der Definition von Sein, das wir vorher erwähnt haben: Sein ist „simplex et completum“. Aus der Vollkommenheit und Einfachheit des Seins lassen sie sich „Normen“ formulieren, die zu dieser Vollkommenheit und Einfachheit auch im Handeln einladen. Der Akt des Seins verflüssigt sich nicht im Seienden, sprich in allem was durch ihn Subsistenz hat (Steine, Tiere, Menschen) fast als dieser Akt sich total in einer Vielfalt ohne Gesetz verlieren würde, sondern bringt in ihm eine letzte Struktur, die nicht zur Diskussion steht und welche die religiöse Sprache der Bibel in den 10 Geboten zusammengefasst hat.
Innerkirchlich verdanke ich ihm eine Aufmerksamkeit für das Thema Liturgie, die nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil und gegen den Geist des Konzils die Verwüstungen eines Drangs nach “Verursachen” (machen) erfahren musste: zu dieser Verwüstung gehört in erster Linie das Verständnis der Heiligen Messe als selbstgemachte Unterhaltung von Menschen, statt als „adoratio Dei“. Robert Spaemann spricht von einer Notwendigkeit einer „Reform der liturgischen Reform“: ein wichtiges Schritt könnte zum Beispiel sein, das man nicht „ad populum“ die Heilige Messe zelebriert. Diese Sorge der Verwüstung der Liturgie durch das Machen teilt auch der Heilige Vater Benedikt XVI; ich zitiere aus dem elften Band seiner Gesammelten Schriften, das jetzt gerade erschienen ist:
„Auf der einen Seite steht eine zur Show degenerierte Liturgie, in der man die Religion mit modischen Mätzchen und kessen Moralismen interessant zu machen versucht, mit Augenblickserfolgen in der Gruppe der Macher und mit einer nur um so breiteren Abwendung all derer, die in der Liturgie nicht den geistigen Showmaster suchen, sondern die Begegnung mit dem lebendigen Gott, vor dem unser Machen belanglos wird...Weil es so steht, ist ein neuer, geistlicher Impuls vonnöten, der uns Liturgie als gemeinschaftliches Tun der Kirche zurückgibt und sie dem Belieben der Pfarrer oder der Liturgiekreise entreißt“ (Joseph Ratzinger, Theologie der Liturgie, Gesammelte Schriften Bd.11, S. 629).
Auch wenn dem Vorhaben einer Dissertation bei ihm aus persönlichen Gründen meinerseits nicht genüge getan worden ist, durfte ich, auf Grund der Freundschaft, die mich mit Robert Spaemann heute noch verbindet, ein Interview, das ich in Stuttgart in seinem Haus in Februar 2011 aufgenommen habe, mit ihm herausgeben, das in diesem Sommer in Italien erscheinen wird: dort sind
philosophische, pädagogische, ethische, politische und theologische Fragestellungen, besonders für ein junges Publikum von Gymnasiasten, erarbeitet worden („Testimone della verità, Venezia 2012).
All das, was ich in meinen Klassen in Philosophie über philosophischen Ethik sage, hätte ich ohne die Begegnung mit Spaemann nie sagen können (vgl. zum Beispiel das Buch „Moralische Grundbegriffe“, München 1999, das ich in meiner Tätigkeit als Lektor während meiner Jugend in einem italienischen Verlag habe übersetzen lassen). Auch den Brief (ich spreche hier darüber nur als Bespiel
meines Dialogs mit Schülern auch durch das neue Medium Facebook), den ich an zwei meiner Schülern an meiner Pinnwand in Facebook über das Thema Sexualität/Homosexualität, geschrieben habe wäre ohne die Begegnung mit Spaemann nie entstanden, ohne deswegen ihm die Verantwortung geben zu wollen, wenn ich einiges vielleicht nicht präzise genug formuliere.
Die Ehe als Ort um die Einheit zwischen Mann und Frau, so wie sie am „Anfang“ vorgesehen war, zu leben (vgl. Johannes Paul II, Katechesen über die menschliche Liebe; Genesis 1-2 und Matthäus 19)
Als ich im letzten Jahr für einen Impulses an die Jugendlichen der „Casa Balthasar“, das Buch „That Hideous Strenght“ von C.S. Lewis nochmals gelesen habe, merkte ich, wie die Ehe, wenn nicht das Hauptthema, sicher ein ganz wichtiges Thema des Buches war: jene schreckliche Macht des Bösen will nicht nur die Jungfräulichkeit von Professor Ransom, sondern auch die Ehe zwischen Jane und Mark angreifen. Die Worte Jesu in Matthäus 19 (mit den bekannten Verweis
auf Genesis 1 und 2), die Papst Johannes Paul II. in seinen Katechesen am Anfang des Pontifikates, so tief beschäftigt haben (Johannes Pail II. „Uomo e donna lo creò. Catechesi sull'amore umano, Rom 1985), sind absolut ernst zu nehmen, und das verlangt mehr denn je das Überwinden der eigenen Biographie zu einer Ehe als Sendung hin, im „christlichen Stand“ (Hans Urs von Balthasar, Christlicher Stand, Einsiedeln, 1977), zur eine Ehe als Auftrag, wie er am „Anfang“ vorgesehen war: „Habt ihr nicht gelesen, dass der Schöpfer die Menschen am Anfang als Mann und
Frau geschaffen hat: Darum wird der Mann Vater und Mutter verlassen und sich an seine Frau binden, und die zwei werden ein Fleisch sein? Sie sind also nicht mehr zwei, sondern eins. Was aber Gott verbunden hat, das darf der Mensch nicht trennen“ (Mt 19,4-6); auf die Problematisierungen der Pharisäer antwortet Jesus mit Entschiedenheit: „Nur weil ihr so hartherzig sei, hat Moses Euch erlaubt, euere Frauen aus der Ehe zu entlassen. Am Anfang war das nicht so“ (Mt 19, 8) – wenn man die Biographien vieler Menschen unserer Zeit betrachtet, kann man sich sicher die Frage stellen, ob Gott alles verbunden hat, was die Menschen als Bund ansehen und die Kirche darf unterscheiden, ob es eine Ehe tatsächlich stattgefunden hat oder nicht, aber ich möchte die Wucht der Worten des Dominus nicht ausweichen: mit der Ehe wollte Gott am Anfang ein Bild des dreieinigen Gottes! Das ist der Auftrag am „Anfang“, den man nicht relativieren darf mit der heute verbreiteten Spiritualität (P. Anselm Grün ist die bekannteste Spitze davon) des „Tu dir etwas Gutes“. Gut ist nur Gott! Von ihm müssen wir uns lenken lassen. Man kann freilich biographisch und psychologisch viele Rechtfertigungen finden, warum wir, um angeblich unser Selbstsein zu verteidigen, unsere Ehepartner zu verlassen haben, wir können sogar unter dem Deckmantel der Kunst die Verwirrungen einer senilen Verliebtheit vor dem Ernstfall einer unauflöslichen Liebe stellen, aber unser Wunsch nach unendlicher Liebe ist dadurch nicht gestillt: „...das Herz verlangt, zu wohnen, zu bleiben, auszudauern im Flüchtigen selbst“( Werner Bergengruen, 1941). Ausdauer ist nur im „christlichen Stand“ möglich, also in der Liebe, die bereit ist, die Lenkung Gottes bis in die „Gottferne und Gottleere der Welt“ (Hans Urs von Balthasar, Das betrachtende Gebet, Einsiedeln, 1955 (1976, 273) im christlichen Stand hinein zu folgen; in diesem Stand „non est aliquid inter Deum et creaturas“, in diesem Stand ist es möglich heilig zu sein - darüber hatte ich in Lugano in dem, durch eine von Pater Servais vermittelte Einladung entstandenen Vortrag: „Riflessioni sul laicato e sul matrimonio. In dialogo con Adrienne von Speyr, Hans Urs von Balthasar und Ferdinand Ulrich“ in La missione teologica di Hans Urs von Balthasar, Lugano 2005, 365 Fg.) gesprochen.
Von Hans Urs von Balthasar habe ich eine wichtige Warnung (vgl. Das betrachtende Gebet, 266) erfahren: wir sollen den Unterschied aufrechterhalten,
den Unterscheid zum ungeheueren Akt der Erlösung – in diesem trägt der Unschuldige, der Gott und Mensch ist, das Gewicht der Sünden der ganzen Menschheit, wir nicht, und wir sind auch nicht unschuldig. Auch wenn der Herr von uns verlangt, unserer untreuen Frau treu zu bleiben, auch wenn er von uns verlangt, unserem Mann, in dem die sexuelle Sprache sich nicht mehr auszudrücken vermag, treu zu bleiben, verlangt nichts anders als ein Weinen über die eigene Sünde und ein Ertragen von deren Konsequenzen. Der Dominus verwirft die Frauen, die während des Kreuzweges für ihn weinen wollen: „Weint über euch und euere Kinder“. ER kann sich nicht von Ihnen trösten lassen (vgl. Balthasar, Der Kreuzweg des Herrn, Trier 1989, 8. Station). Wir werden hier hart vom
ungeheueren Akt des Kreuzes und des Hinabfahrens in die Hölle weggewiesen:
viel von dem, was uns zum Weinen bringt, hat mit unserer Sünde zu tun, so wie
das Scheitern ganz vieler Ehen. Auch das Erleben der sexuellen Sprache, die mitunter vom Partner als Erniedrigung – darüber hatte ich Madrid in einem Symposium über Adrienne von Speyr im Jahr 2007 gesprochen (Fundación Maior)
– gesehen werden kann, ist lediglich Konsequenz unserer Sünde. Tatsache ist aber, dass in diesem Abgewiesen werden seitens des Herrn uns, den Schuldigen eine gnadenhafte Teilhabe an das Geheimnis der Verlassenheit des Dominus geschenkt wird! Vielleicht damit unseren Kindern auch die Freude der Ehe, so wie sie am Anfang vorgesehen war, erfahren dürfen: „das ist endlich Bein von meinem Bein und Fleisch von meinem Fleisch“ (Gen 2, 23).
Ich bin womöglich von der Wahrnehmung eines lavinenhaften Scheitern der Ehe in der Region, wo ich lebe, verleitet, etwas überspannt über dieses Thema zu reden. Daher noch ein Wort des Trostes: Wenn man sie vom Herrn lenken lässt, dann ist möglich, auch jetzt die Ehe als einen Ort des Gebetes und der Freundschaft zu leben, im Geist eines Satzes, der vor unserer Tür hängt und den ich irgendwo gelesen habe in einem der Häuser der „Memores Domini“ (einer Gruppe von Menschen, die innerhalb der Erfahrung von Comunione e Liberazione das Leben der evangelischen Räte befolgt; sie gehören auch zu der päpstlichen Familie im Vatikan): „das Haus ist der Ort einer Gegenwart, ein Ort, den es zu bewahren gilt, der Ort einer Regel, eines tätigen Schweigens, ein Ort der Begegnung und der
Gastfreundschaft“. Ein Ort, in dem sich die Einladung des Herrn zur Heiligkeit verwirklichen lässt, die Heiligkeit des einzigen christlichen Standes, der wie Balthasar in seinem Lebenswerk gezeigt hat, die Formen zweier möglichen Stände nehmen darf. Die totale und radikale Nachfolge des Herrn im geweihten Lebens der evangelischen Räte und die Nachfolge des Herrn in der Vermittlung der Beziehung zwischen Mann und Frau im Ehebund, eine Vermittlung aber die nicht als „aliquid“, inter Deum et creaturas zu gelten hat:
„Ich bin nicht mein, du bist nicht dein.Keiner kann sein eigen sein.
Ich bin nicht dein, du bist nicht mein. Keiner kann des andern sein./Hast du mich zu Lehn genommen, hab zu Lehn dich überkommen. /Also mags geschehen:Hilf mir, liebstes Lehen, /dass ich alle meine Tage treulich dich zu Lehen trage /und dich einstmals von der letzten Schwelle unversehrt dem Lehnsherrn /wiederstelle. (Werner Bergengrün, 1947)
– ob die Metaphorik des Lehnen in diesem Gedicht, dessen Kenntnis ich meinem Freund Pastor Kudera verdanke, heute noch verstanden wird, ist fraglich, aber so weit kann man dessen Bedeutung vermitteln: Dieses etwas, das ein „Lehn“ ist, ist reine Durchsichtigkeit zum Herrn hin!
Zu den Fragen, die heute etwa in der kirchlichen Öffentlichkeit in Deutschland, Schweiz und Österreich besprochen werden, ob man Geschiedene, die wieder heiraten zur Kommunion einlassen darf oder ob man die Scheidung als eine mögliche legitime Form der Beendung einer Beziehung, die unerträglich worden ist, möchte ich nur einige Punkte zwecks Weiterdenken festhalten.
1. Es gibt keinen Anspruch der Christen „von unten“, der sich mit der Liebe Gottes vereinbaren lässt. Ich habe kein „Recht“, das ich von einer zur Dienstleistung reduzierten Kirche verlangen kann. Aber freilich umgekehrt gilt, dass sich aus der Liebe Gottes ein Recht ableiten lässt.
2. Alle kanonische Möglichkeiten, um etwa eine Ehe, die nie im Geist der Kirche – hierzu gehört der Willen zur Unauflöslichkeit der Ehe beider Partner und
die Bereitschaft Kinder zu bekommen – stattgefunden hat, sollen freilich ausgeschöpft werden.
3. Eine nicht vollkommeneTeilnahme am Leben der Kirche, auch ohne Kommunionempfang, ist durchaus Teilnahme am Leben der Kirche; wenn man bedenkt, dass in der Freundschaft unter den Christen „Christus etwas ist, das sich jetzt ereignet“ (Carrón, Tracce, 2012) eine Gleichzeitigkeit zu ihm, die auch ohne den sakramentalen Vollzug des Kommunionempfangs etwas ist, das man nicht unterschätzen sollte.
4. Der Verzicht auf den Kommunionempfang, wenn die kanonischen Gesetze es nicht zulassen, kann auch als Übung zur Demut gelten – diese ist eine Tugend, die wir sowieso als Christen immer zu praktizieren haben, wenn wir das „Je- Größere“ Gottes (Adrienne von Speyr) ernst nehmen wollen. Viele Christen leben heute schon in diesem Geist der Demut und die Bischöfe mit ihren Äußerungen zu diesem Thema täten gut sich daran, sich zu erinnern – ich bitte um Verzeihung wegen dieser frechen Aussage, aber der Wortlaut des Interviews von Erzbischof Robert Zöllitsch zu diesem Thema, kurz vor der Ankunft des Papstes in Deutschland (September 2011), ist mir noch im Ohr und im Herzen. Sich der „Politically correct“ in diesem Bereich einzulassen führt sowieso zu Aussagen, die auf Grund des politischen Geschehens selbst zur Lächerlichkeit führen können: die zum Vorbild für die Laien vorgestellte „Biographie“ des ehemaligen Präsidenten Deutschlands, Christian Wulff, der wegen der Gesetze der Kirche zu den Geschiedenen Wiederverheirateten leiden soll, hat sich bald danach auch in anderen Gebieten nicht gerade als ein juristisches und geschicktes Vorbild erwiesen – das sei gesagt, ohne ein Gesamturteil über die Politik Wulffs, die sich aber auf Grund eines diffusen und nicht differenzierten Begriffs der „Toleranz“ ganz in Rahmen der „Politically correct“ bewegt, abgeben zu wollen.
Die Schule als Ort um die „Disziplin des Lobens“ (Anton N. Schmid) zu üben.
Einführung, philosophisch! Ich kam 1990 nach Bayern, um bei Prof. Robert Spaemann, eine Dissertation zum Thema: „Die Rolle der Philosophie im Denken
Hans Urs von Balthasars“ zu schreiben. Die Intuition, die ich in dieser Dissertation vertiefen wollte, war, dass das Sein nur in der „Schwebe“ wahrzunehmen ist. Ich verwand das Wort „Schwebe“ nicht in negativen Sinn, wie Ferdinand Ulrich in „Homo Abyssus. Das Wagnis der Seinsfrage“ (Einsiedeln 1961; Freiburg 1998) - hier ist das Sein in der Schwebe, ein Sein, das nicht wirklich geschenkt wird. Es bleibt eben in der Schwebe und vollzieht die „Verendlichungsbewegung des
Seins“ nicht. Mit dieser Formulierung ist gemeint, dass der Akt des Schenkens nicht in sich wichtig ist: das wäre ungefähr zu vergleichen mit der Haltung von jemandem, der etwas schenkt und dem anderen die Wichtigkeit seines Schenkens betonen würde. Sondern der Akt des Schenkens schafft eine Intimität zwischen dem Schenkenden und dem Beschenkten; diese Intimität besteht nicht nur in Gefühlen, sondern im Verleihen der Subsistenz: der in sich subsistierenden Gott, in dem er schenkt schafft Subsistenz. Das Sein in der Schwebe wäre für Ferdinand Ulrich die Verweigerung dieses Prozesses, in dem das Sein, durch seine „Verendlichung“, Subsistenz schenkt: in der Schöpfung meines Ichs, bin wirklich ich gemeint, nicht den Akt, wodurch ich geschaffen worden bin. In „Herrlichkeit III, 2“ (Einsiedeln, 1965) verwendet Balthasar das Wort „Schwebe“ dagegen in einer positiven Besetzung. Die Herrlichkeit des Seins wird hier als „ein Ereignis einer absoluten Freiheit und damit (bleibt) Gnade in der offenen Schwebe“ (955). Für Hans Urs von Balthasar bedeutet das Wort „Schwebe“ nicht eine Verweigerung des Prozesses, der Ferdinand Ulrich „Verendlichungsbewegung“ nennt, sondern die Erinnerung, dass dieses Prozess, dieses Akt des Seins als Gabe kein gezwungener Akt, sondern ein Ereignis der absoluten Freiheit ist!
Für den denkenden Menschen, sowohl als Philosoph wie auch als Theologe, bietet sich hier eine wichtige Hilfe, um die eigenen Gedanken nicht in einem geschossen System erstarren zu lassen. Adrienne von Speyr, in ihrem Kommentar zum Markusevangelium (Einsiedeln, 1971), formuliert diese
„Ereignishaftigkeit“ Gottes sehr präzise: „Hinter jeder noch so klaren Aussage, jedem deutlichen Begriff blieben immer weitere größere Begriffe verborgen. Begriffliche Aussagen sind in Bezug auf die Gottheit nichts, was sich in sich abschließt, sie führen nur zu einem immer wachsenden Glauben, der selber, je
größer er wird, um so klarer weiß, dass er am Anfang steht“ (24).
Da das Sein, wie Thomas von Aquin sagt, „similitudo divinae bonitatis“ (Ferdinand Ulrich, Homo Abyssus; man kann den lateinischen Satz so übersetzten: Endliches Sein drückt aus bzw. ist Ähnlichkeit zur göttlichen Güte.) ist, gilt das, was Adrienne von Speyr für das betrachtende und glaubende Gebet äußert, auch für die Philosophie, die das „Wagnis der Seinsfrage“, dankend denken will. Die Güte des Seinsaktes, die Güte des Aktes des Schaffens des endlichen Seins, die ähnlich der Güte ist, die Gott in sich selber ist, lässt sich nicht in einem System festhalten, ohne diese Güte selbst zu einem geschlossenen, „logisierten“ Gedanken zu reduzieren. Sein ist Liebe, Gabe, die von Gott kommt und zu ihm zurückgeht. Es geht in das Je-Größere zurück und daher wird das Wesen des Seins, in Analogie zum Wesen des Heiligen Geistes, „nie wahrhaft enthüllt sein“ (Adrienne von Speyr, Markus, 24).
Das Sein wird von Adrienne von Speyr, auch im Johanneskommentar („Das Wort wird Fleisch“, Einsiedeln, 1949; „Die Streitreden“, Einsiedeln, 1949; „Abschiedsreden“, Einsiedeln, 1948; „Die Geburt der Kirche“, Einsiedeln, 1949), als eine Bewegung vom Vater her zum Vater hin gesehen. Diese Bewegung gilt nicht nur für Christus, sondern für uns alle, da es kein Sein ohne Christus gibt: „Alles ist durch das Wort geworden und ohne das Wort wurde nichts, was geworden ist“ (Joh 1, 3). - diese Intuition wurde dann nicht in einer Dissertation, sondern in meinem pädagogischen Leben verwirklicht, bzw. verwirklicht sich gerade. Ich sehe, wie Seine absolute Freiheit mich lenkt, damit alles wieder in den Schoß des Vaters kommen mag.
Da eine Dissertation mit abschliessenden Begriffen (für diesen Ausdruck, vgl. „Bild als kreatürliche Schwebe“ in Herrlichkeit, III,2 I, Einsiedeln,1967, 95) zu arbeiten hat, hätte nie „dies offene Schweben des Bildes“ einer Existenz ausdrucken können. Hier werden „Bild“ und „Begriff“ als Gegensatz gesehen. Eine Existenz lässt sich nicht durch feste Begriffe, sondern nur durch Bilder vermitteln. Die kreatürliche Schwebe ist auch kein Begriff, sondern Ausdruck, eben Bild der absoluten Freiheit Gottes. Eine Existenz ist Freiheit, die in der Schwebe ist zu einer absoluten Freiheit
hin. Begriffe wurden dieser Bewegung der Freiheit stoppen. Auch das Wort „Schwebe“ als Begriff würde es worum hier der Fall ist systematisieren und dadurch verneinen. Als Bild bedeutet „Schwebe“, dass meine Existenz nicht in sich, sondern in dem Anderen, der ihr Sein geschenkt hat, seine letzte Subsistenz, Konsistenz
hat. Das Wort „Bild“ wird im Sinne des Menschlichen als „imago Dei“ verwendet. Besonders einer Existenz, die sich von der „klaren Gestalt des Sohnes“ (ibidem, 94), die sich nicht „in der Schwebe des ursprünglichen Bildes“ reduzieren lässt, d.h., die sich nicht in einer systematisierten Schwebe des ursprüngliches Bildes leiten lassen will. Die Intuition des Seins als Schwebe ist von mir nie gedacht worden als „Libertinismus des Geistes“, im Sinne einer postmodernen schwachen Ontologie, die eben durch eine Überakzentuierung des „non subsistens“ - in der Postmoderne ist nämlich Sein „nihil“, nichts - in der Definition des Seins, die ich vorher, als ich
von Ulrich sprach, verwendete, in einer schlechten Schwebe bleibt, um sich keiner Wahrheit zu verpflichten, mit der Ausrede, dass im Namen der Wahrheit viel zu
viele Tote verursacht worden wären. Aber die Wahrheit hat niemanden umgebracht, sie ist umgebracht worden! Im Ereignis des Seins gibt es einen „notwendigen Seinssinn“, also einen Sinn, der die Not des Menschen wendet und dem wir zu gehorchen haben, in dem wir die liebende Logik der Seinsgabe antwortend vollziehen. Sein ist umsonst gegeben, aber die Gabe ist keine willkürliche Gabe.
Sie ist selbst Einladung, der Liebe mit Liebe zu antworten. Diese Gedankengänge wären aber, ohne oder vor der Menschwerdung des Logos, womöglich nur mit viel Mühe und nur für bestimmte Menschen zu formulieren gewesen. Heute sind sie erneut schwierig nachzuvollziehen, nicht nur wegen der philosophischen Sprache, sondern wegen der Sache selbst, da wir zwar in einer Welt nach Jesus, aber ohne Jesus leben, um die berühmte Formel Péguy zu benutzen, die don Julián Carrón in dieser Zeit oft zitiert. Ohne Christus bleibt die Liebe umsonst unverständlich. Nur die klare Gestalt des Sohnes, die jegliche von der Menschheit und besonders vom jüdischen Volk geahnte Form der Liebe übersprungen hat, darf „die Spannung von Sein und Akt“ lösen! Im Sein, das immer „Mitsein“ (Ich-Du-Wir) ist, liegt die unzerstörbare und beständige „imago Dei“. Im Akt, besser in der Verweigerung, seinen liebenden Charakter antwortend zu vollziehen, liegt der „Abbruch der Kommunikation“ (93): in der „Erbsünde“, die jedoch die „Gottesebenbildlichkeit“ des
Menschen nicht gänzlich zerstört hat (ibidem, 81-95), und in den Sünden, die unser Leben belasten und deren Verantwortung wir tragen. In dieser Verweigerung ist die „Gottesebenbildlichkeit“ nicht ganz zerstört, aber der Akt des Gebens des Seins durch unsere Sünde verdunkelt. Aber, wie alle Heiligen vorschlagen, sollen wir unseren Blick nicht trüben mit einer übertriebenen Betrachtung der Sünden, sondern ihn erhellen, mit der Betrachtung der Herrlichkeit Gottes, die uns in
Christus gezeigt worden ist als erste und letze Logik des Seins selbst (vgl. zum Beispiel Padre Pio, Dolcissimo Iddio, Casale Monferrato, 1994, 112: „tralasciate di fare in vero cotesti soliloqui (sui peccati), che io non posso in vero affatto approvarli. Sarebbe cotesto una vera perdita di tempo, ed anziché accrescere la vostra fiducia in Dio portandovi ad abbandonarvi in Lui con filiale abbandono, in voi si andrà avverando tutto il contrario. Abbattimenti di spirito, un tedio ed una freddezza“. Dies zu vermeiden ist in der Tiefe gemeint mit dem Titel, von der Biographie zur Sendung!
Es gibt freilich Sendungen, die gerade berufen sind, „auszuworten“, was eine Existenz ist, aber in ihnen liegt immer auch eine Gefahr, eine Versuchung, die Ulrich „Logisierung der Liebe“ genannt hat. Nun, offensichtlich wollte der Herr mir diese Versuchung sparen – möge auch dieser Vortrag dieser Versuchung nicht erliegen! Deswegen möchte ich mich jetzt einen Blick auf meiner pädagogischen Existenz werfen.
Aspekte meines pädagogischen Handelns.
Zuerst kamen einige Jahren (1993-2002) in der Grund- und Hauptschule in Bayern. Cornelia Spaemann, die Frau des Philosophen, hat immer mich unterstützt, wohl auch mit ihrem Gebet, damit ich wahrzunehmen vermag, dass meine
Sendung in der Schule sicher von Dominus gewollt worden ist. Meinen Versuch, mit den „Chroniken von Narnia“ von C. S. Lewis das Wesentliche des Christentums Kindern auch in der Grund- und Hauptschule beizubringen, hat sie immer begrüßt. Die Religionspädagogik in der Diözese von München und Freising in jenen Jahren, mit wenigen Ausnahmen, war von einem Auseinanderklaffen zwischen der katholischen Lehre und dem Religionsunterricht bestimmt. C. S. Lewis erlaubte mir,
einer Intuition Balthasars in den „Prolegonema“ zur „Theodramatik“ (Einsiedeln, 1973) folgend, das „Theatralische“ als eine „Einführung“, sogar als eine „Verwirklichung“ des „Christentums“ zu sehen. Somit konnte ich auch in der Grund- und Hauptschule das Wesentliche des Christentums weitergeben. In dem „König von Narnia“ (Moers, 1992) ist in kindgerechter Form das Geheimnis des stellvertretenden Leides vermittelt, ohne dadurch die literarische Phantasie der theologischen Logik zu beugen oder zu forcieren. In dem „letzten Kampf“ ( Moers, 1995) werden im selben Geist die Geheimnisse der Eschatologie inszeniert. Ich begnüge mich hier mit diesen Elementen.
Mehrmals in Begleitung meiner Frau habe ich die 9. Klassen in ihrer Abschlussfahrt nach Rom, was für eine Hauptschule seltsam war, begleitet, da ich wollte, dass auch die nicht intellektuellen Schichten der Gesellschaft eine emotionale Bindung zu Rom haben:„Ubi Petrus, ibi ecclesia!“ - Eine Episode, will ich, wegen ihrer starken symbolischen Kraft erzählen. Kardinal Ouellet war damals gerade zum Bischof geweiht und zum Sekretär des päpstlichen Rates für die Ökumene ernannt worden. Er wohnte neben dem Vatikan in Piazza del Sant'
Ufficio 11: seine Wohnung lag auf die Terrasse des Palastes. Gegen Abend ging ich mit meinen Hauptschülern am Palast vorbei, um wieder zu den Schwestern, bei denen wir wohnten zurückzufahren und ich entschied mich spontan, bei Bischof Ouellet zu klingen, damit meine Jugendlich einen Bischof persönlich kennen lernen und den Vatikan von der Terrasse des Palastes des Sant' Ufficio sehen dürften. Bischof Ouellet empfing uns und zeigte uns die zwei Fenster der päpstlichen Wohnung. Beim Abschied segnete er meine Jugendlichen; besonders ein Mädchen, dessen Name ich vergessen habe, aber von dem ich mich erinnere, dass es nicht
in die Kirche ging. Es freute sich sehr, den bischöflichen Segen zu empfangen und sagte, dass sie ihn wirklich nötig habe.
Ich selber durfte auch in jenen Jahren meiner Bindung zu Petrus, bei der Übersetzung der Exerzitien, die Kardinal Christoph von Schönborn, dem Heiligen Vater gehalten hatte, treu bleiben: „Amare la Chiesa. Esercizi spirituali predicati a papa Giovanni Paolo II, Milano 1997 („Leben für die Kirche. Die Fastenexerzitien
des Papstes, Freiburg 1997).
Danach kamen die Jahre in einem Gymnasium in Sachsen-Anhalt (ab 2002), die bis heute dauern. Pfarrer Christoph Sperling, ein ehemaliger Bewohner der „Casa Balthasar“, aus Magdeburg, der damals Vikar in Zeitz war und der meinen zukünftigen Schulleiter Burkhard Schmitt kennengelernt hatte, verdanke ich meine neue Tätigkeit als Gymnasiallehrer. Diesen Schritt hatte ich mit Frau Cornelia Capol, dem jetzigen Kardinal Ouellet und Pater Servais, dem Leiter der „Casa Balthasar“, besprochen. Mein Arbeitgeber würde so nicht mehr die Katholische Kirche sein, sondern das CJD, das Christliche Jugenddorfwerk Deutschlands, gegründet von dem protestantischen Pfarrer Arnold Dannenmann (1907 - 1993) nach dem zweiten Welt Krieg. In dem von CJD getragen Christophorusgymnasium in Droyßig habe ich in diesen Jahren: Religion, Philosophie, Geschichte, Italienisch, „Lernen lernen“ und Latein unterrichtet. Das Handeln in einer von der Reformation und von einem starken Säkularismus (vorher die marxistische DDR, jetzt die Irreligiösität,
die wir überall in Europa kennen) erlaubt mir, die Grundintuition Balthasars und Giussanis – Christus ist gekommen, um die sündenbeladene Welt zu retten – zu viertiefen. Um mich nicht in Biographisches zu verlieren, skizziere ich hier einige Aspekte meiner pädagogischen Arbeit, in der Hoffnung, dass dadurch mein Auftrag klarer zu sehen sei.
Durch philosophische-religiöse Wandertage in den Dolomiten konnte ich 10 Jahre lang, mit der Hilfe meiner Frau und auch meines Schulleiters, einen Höhepunkt meiner Verantwortung für das christliche Profil der Schule schaffen. Auch wenn sicher eine gewisse Rolle meine Erfahrungen mit meinem ersten
Pfarrer in Turin (don Paolo Gariglio, wie ich schon erwähnte, hat uns Jugendliche oft in die Berge gebracht, um Gott zu begegnen) gehabt haben, die Erfahrung der Dolomitenfahrt ist durch und durch eine Frucht meiner Zugehörigkeit zum Charisma von don Giussani: nur durch eine Freundschaft mit Jugendlichen lässt sich ihnen das Geheimnis des dreieinigen Gottes, der selber „Freundschaft“ ist, vermitteln, auch wenn sie oft nicht einmal getauft sind. Freilich nicht nur bei der Dolomitenfahrt, sondern auch im Alltag des Unterrichtes soll das, was Anton Schmid „die Disziplin
des Lobens“ nennt, und was ich in einem Artikel in der deutschen „Communio“ den Blick der ontologischen Sympathie genannt habe, üben: „Der Blick der totalen Sympathie. Über die Mitte des Religionsunterricht, IKZ, 3/6. In diesem Aufsatz kann man auch genau sehen, was für Themen, ich, in meinem Religionsunterricht im Bereich von Anthropologie, Theologie, Christologie, Ekklesiolgie und Ethik behandle oder behandelt habe. Ich arbeite als Lehrer nicht so sehr
„ökonomisch“ und deswegen baue ich in meinen Unterricht immer neue Elemente auf Grund meiner neuen Lektüren ein. Der Blick der ontologischen Sympathie ist nicht eine biographische Fixierung auf das Du des „discipulus“, sondern ein gemeinsamer Blick auf die Schönheit der „disciplina“(vgl. Anton N. Schmid, „Disziplin des Lobes“, St. Gallen 2012, 13 Fg.). Sowohl bei der Dolomitenfahrt wie auch im Unterricht habe ich versucht, die Schönheit (Ästhetische Dimension der Pädagogik) der „disciplinae“, die ich unterrichte, zu vermitteln: im Sinne des „Raum der Metaphysik“ (H, III, 1-2, Einsiedeln, 1965) habe ich, von der Antike bis zu der heutigen Zeit, die Wahrnehmung der Spuren der Herrlichkeit des Seins weiter geschenkt. Daraus sind Freundschaften, die auch nach der Schulzeit bestehen, entstanden. Auch hier ist ganz notwendig, die Jugendlichen nicht an die eigene Biographie zu binden, sondern sie zu öffnen für die Wahrnehmung ihres eigenen Auftrags! - Die behandelten kulturellen Themen bei der Dolomitenfahrt lassen sich fast nicht mehr zusammenfassen; einiges davon: „Mass für Mass“ von Shakespeare, das auch Marta Gisi mit ihren Schülern oft behandelt hat, wie sie mir sagte, auf Grund eines Vortrages von Kardinal Schönborn in Wien zu diesem Thema, war einmal das kulturelle Thema der Dolomitenfahrt; „Antigone“ von Sophokles; unter dem Blickwinkel der philosophischen Frage Spaemanns, was Nähe und Ferne seien, ein anderes. Außerdem: die Liebe zwischen Dido und
Äneas in Vergil, unter der Perspektive der Beziehung zwischen Liebe und Sendung. Es handelt sich immer um Themen, die mit der klassischen Kultur zu tun haben, die jedoch auf Grundfragen der Menschen hin beleuchtet werden: in „Mass für
Mass“ die Frage nach der Beziehung von Macht und Ethik (wie verhält sich der Stellvertreter, wenn der Herr nicht in der Stadt ist); in „Antigones“ die Frage nach dem, was Spaemann einen berechtigten „Fundamentalismus“ nennt: es gibt Werte, die nicht zur Disposition stehen: Antigone wird den Bruder Polyneikes begraben,
auch wenn der König Kreon dagegen ist. In der „Aeneis“ von Vergil ginge es um die Entscheidung Äneas, ob er das Gebot der Götter zu folgen oder bei Dido zu bleiben hatte.
Mein pädagogisches und pastorales Wirken in Facebook
Das Ernstnehmen meiner „historischen Existenz“ (für diesen Begriff siehe Ernst Nolte, Historische Existenz, München 1998) hat mich erlaubt, auch Medien, ohne die unser Zeitalter überhaupt nicht verstanden werden kann, zu nutzen: dadurch ist mein Einsatz in „Facebook“ entstanden (mein Schulleiter spricht von dieser meiner Tätigkeit als „Facebook Pastorale“), sowohl an meiner Pinnwand, die offen ist für alle meine „Facebook- Freunde“, wie auch an den Pinnwänden einiger Freunde und in der von mir gegründeten „geschlossenen Gruppe“, die den Namen „Seminar der Gemeinschaft“ trägt. Besonders hier biete ich Themen an, die mir einen engeren Kontakt als dem aus der Erfahrung der Dolomitenfahrt entstandenen „Seminar der Gemeinschaft“, ermöglichen. Ich selber folge hier den von der Bewegung vorgeschlagenen Themen – ich versuche eine klare und gehorsame Bindung zu dem Verantwortlichen der Bewegung in Deutschland, der in Köln tätig ist, don Romano Christen und durch ihn und durch Gianni Mereghetti, den Freund, dem ich meine Rückkehr in die Fraternität verdanke, mit der Gesamtleitung von don Julián Carrón zu halten, aber selbstverständlich versuche ich meine Wirklichkeit, die Wirklichkeit meiner Region, ernst zu nehmen.
Eine große Rolle in dieser Zeit spielen auch die Beiträge, die sich an die Theologie und Spiritualität Hans Urs von Balthasars und Adrienne von Speyrs anlehnen: zum Beispiel kurze Beiträge für eine „Theologie des Alten
Testamentes“ (vgl. den Band in „Herrlichkeit“, der diesem Thema gewidmet ist) und „Betrachtungspunkte“ nach dem Markus' Kommentar von Adrienne (Einsiedeln, 1971). Da ich in einer sehr säkularisierten Gesellschaft lebe, verwende ich einige Aphorismen aus der von Alois Haas neu herausgegeben Nietzsches Anthologie Balthasars (Friedrich Nietzsche, Anthologien, Freiburg, 2000). An meiner Pinnwand ist auch die Mittwochskatechese, die Ansprache beim Angelus, etc. in deutscher
und italienischer Sprache zu finden. Ferner liefere ich unter dem Stichwort „eine Minute mit Maria“ theologische Überlegungen und Geschichten, die marianischen Charakter haben.
Was Adrienne von Speyr und Hans Urs von Balthasar betrifft, möchte kurz erwähnen zwei meiner Beiträge an meiner Pinnwand im Bereich der Theologie des Alten Testamentes und der Betrachtung des Markusevangeliums. Sie haben keinen Anspruch auf Wissenschaftlichkeit; sie zeigen meinen Willen, mittels der Theologie dieser zwei großen Schweizer Fragen der Aktualität zu erörtern oder den schnellen Lesern unserer Zeit, in verkürzter Form, wesentliche Elemente zur Betrachtung der Bibel zu bieten.
Ich bemühe mich aber auch in Facebook, auf die von den Jugendlichen vorgeschlagenen Themen einzugehen und arbeite eng mit einem evangelisch- lutherischen Pfarrer, Michael Greßler (Evangelische Kirche im Kirchspiel Camburg- Leislau) zusammen, der auch auf dieser Facebook Seite „Seminar der Gemeinschaft“ wirkt. Seine Beiträge entstehen aus einer tiefen Liebe für unseren gemeinsamen Herrn und vermitteln die Schönheit der evangelisch-lutherischen Liturgie und die unersetzliche Wichtigkeit der Heiligen Schrift.
Ein Kollege fragte mich einmal verdutzt, ob ich tatsächlich „Freundschaft“ mit meinen Schülern pflege. Dies wäre, um der Gleichbehandlung willen, sehr gefährlich. Hinter diesem Einwand liegt ein Missverständnis, das in unserem „egalitaristischen“ Zeitalter oft vorkommt: Vorzug, Vorliebe wird als Alternative zu jemand anderen gesehen, wie don Giussani in „„Tu“ (o dell'amicizia), Mailand 1997) erklärt. Dagegen sagt Giussani, „Vorliebe“, „Vorzug“ (preferenza), theologisch und trinitarisch gedacht, zeugt die Liebe, die ein Dritter ist: die Vorliebe des Vaters für den Sohn zeugt den Heiligen Geist als Liebe. Wenn eine Freundschaft mit bestimmten Schüler entsteht, sie ist nicht „gegen“, sondern nach Möglichkeit auch „für“ die anderen Schüler!
Aspekte meines ökumenischen Handeln. Die interkonfessionelle Situation
Da ich hier Pfarrer Michael Greßler erwähnt habe, mochte ich auch eine andere „ökumenische Freundschaft“ erwähnen, die ich in diesen Jahren gepflegt habe. Die Freundschaft mit Pfarrer Christoph Rossdeutscher (Droyßig) mit dem ich die „Augsburgische Konfession“ ( „Vgl. Die Bekenntnisschriften der evangelisch- lutherischen Kirche“, Göttingen 1998, 44 Fg.) und viele theologische Themen, die ich bei Balthasar gelernt habe, durchgesprochen habe. Mit ihm habe ich auch eine schwere Krise in unserer Schule, worüber ich noch kurz reden will, durchgemacht. Hans Urs von Balthasar hat den geplanten Band über „Ökumene“ nicht mehr geschrieben, aber sein ökumenischen Verdienst ist unleugbar – vgl. dazu Christoph Schönborn, „Hans Urs von Balthasars Beitrag zur Ökumene“ in „Hans Urs von Balthasar. Gestalt und Werk, Köln, 1989, S. 334 Fg.) Ich habe nicht entfernt das Wissen und die Fähigkeit ein solches Band zu schreiben, aber meine Existenz, meine Sendung lässt sich ohne diese Dimension, die Giussani auch oft als wichtig betont hat, nicht verstehen. Für Giussani sind die Worten „ökumenisch“ und „katholisch“ ähnlich zu betrachten als eine Haltung, die alles umarmen will (Vgl. Luigi Giussani, Si può (veramente) vivere così? Mailand, 1996, 453). Diese „ökumenische Dimension“ ist in der Bewegung von CL auch interreligiös gepflegt worden, etwa mit dem buddhistischen Meister Shodo Habukawa in Japan (vgl. Spuren, November 2011, 12 Fg.) oder mit Wael Farouq, Dozent in der amerikanischen Universität in Kairo, mit dem CL ein interreligiöses Treffen zum Thema „Schönheit“ in Kairo organisiert hat (vgl. Spuren, November, 2010, 5 Fg.).
Johannes Paul II (Assisi 1986, 2002) und Benedikt XVI ( Assisi 2011) pflegen in ihrem Amt die ökumenische Offenheit in beeindruckender Weise – Papst Benedikt XVI hat in seinem Treffen in Assisi sogar auch Atheisten eingeladen, die an der Suche nach Gott sind (Spuren, November 2011). Diese Treffen in Assisi sind für meine Tätigkeit in Sachsen- Anhalt ganz wichtig, da ich hier Orientierung für meine ökumenische Sendung finde und gerade die von Benedikt XVI eingeführte Neuheit, auch suchende Atheisten einzuladen, ist für meinen Auftrag in meiner Region sehr wichtig – auf Grund der DDR Vergangenheit sind die Mehrheit der Leuten eben „Atheisten“, was in dem Sprachgebrauch der Jugendlichen, wie ich bei Korrigieren der Religionsklausuren bemerkt habe, nicht so sehr heißt, dass sie nicht an einen
Gott (an eine „höhere Macht“) glauben, sondern, dass sie einer Kirche nicht gehören, oder wie man bei uns sagt, dass sie nicht „kirchlich“ sind.
Zurück zur Ökumene im engeren Sinn: Mein ökumenisches Einsatz lässt sich, um es genauer zu sagen, nicht mit einer gegenseitigen vielfältigen Anerkennung beruhigen – der Riss unter den Kirchen, ist und bleibt für mich, genauso wie Balthasar und Barth gesehen haben, „eine tägliche neue brennende Schmach“ (Vgl. Hans Urs von Balthasar, Karl Barth, Einsiedeln, 4. Ausgabe 1976, 15; diese hier angegebene Seite habe ich oft in meinen schriftlichen Abiturvorlagen für die mündliche Religionsprüfung verwendet).
In einem Artikel in dem „Osservatore Romano“ (14.07.11), den der Titel: „ Dalla novità cristiana uno sguardo davvero ecumenico“ trägt, don Julián Carrón erklärt mit präzisen Worten, dass echte Ökumene, keine „diffuse Toleranz“ ist. In dem Artikel wird den ökumenischen Ansatz Giussanis, der auf die Idee des „religiösen Sinn“ basiert, mit Verweis auf seinen Werken und Grundthemen von Johannes Paul II und Benedikt XVI, mit Bezug auf die Assisis Treffen, erörtert. In der Nachfolge der hier genannten Autoren denke ich, dass echte Ökumene nur in der konkreten Universalität des Logos möglich ist: diese kann nur als „Vielfalt in der Einheit“ verstanden werden. Die tägliche neue brennende Schmach besteht in unserer Schuld, in unserer Zerstrittenheit angesichts des Logos, des Dominus selbst, der im tiefen Gespräch mit dem Vater, für die Einheit unter uns gebetet hat, weil nur so die Welt glauben kann: „Alle sollen eins sein: wie du, Vater, in mir bist und ich in dir bin, sollen sie auch sie in uns sein, damit die Welt glaubt, dass Du mich gesandt hast“ (Joh 17, 21)!
Die interreligiöse Situation
Eine „ökumenische Valenz“ haben auch in unserer Schule, die „Montagsmeditationen“, die am Anfang der dritten Stunde, durch die Sprachanlage, von Kollegen und Schüler vorgetragen werden. Die erste Serie hatte als Thema „biblische Personen“ des A- und des NTs. Die zweite: „Ich als Christ“. In
diesem zweiten halben Jahr haben wir mit einer neuen Serie angefangen, die uns womöglich auch im nächsten Jahr begleiten wird: christliche Personen von Anfang des Christentums bis heute. Ich erwähne hier meinen Beitrag im Januar dieses Jahres, der einem konvertierten Christ aus dem Irak gewidmet war: Grenze und Notwendigkeit eines interreligiösen Dialog! Meeting Treffen in Cairo.
(3.2.12) Zum Thema „Ökumene“ möchte ich noch meinen Beitrag in Facebook zur Wahrheitsanspruch der Katholischen Kirche dokumentieren, der meinen befreundeten evangelischen Pastoren sehr gefallen hat:
Es kursieren zu diesen Thema in der Schule Stimmen, die nicht wirklich präzise sind. Ich bin zu erst Philosoph, dann auch ein bisschen Theologe, versuche jedoch etwas darüber zu schreiben, da ich auch Religionslehrer bin. Ich verstehe die Sache so. In der katholischen Kirche verwirklicht sich die Kirche Jesu Christi, sagt der zweite vatikanische Konzil (1958-1963). Also ich verstehe daraus: dass durch diese "Methode", die die Kirche ist, ich Jesus nachfolgen kann, ohne am Leben anderer „kirchlichen Gemeinschaften“ (das ist der Terminus, dass im zweiten vatikanischen Konzil für die Kirchen neuer Art, die durch die protestantische Bewegung entstanden sind, verwendet wird; vgl. hierzu Benedikt XVI, Licht der Welt, Freiburg, 2010, 120-121) teilnehmen zu müssen (das sei freilich nicht gegen die ökumenische Arbeit gesagt); was das "Sein der Kirche" anbelangt kann man vielleicht sagen, dass in einer gewissen Hinsicht sie "Schein des Seins" sei. Die Wahrheit ist Christus selbst! Auf den Weg der römischen-katholischen Kirche ist es möglich zu der Wahrheit, die Christus ist, zu gelangen. Die Kirchenväter, wie Hugo Rahner gezeigt hat, sagen, dass man die Kirche nicht mit der „Sonne“, sondern mit dem „Mond“ zu vergleichen ist: sie hat kein eigenes Licht. Auch das alte Motto der Kirchenväter: "extra ecclesiam nulla salus" ändert an diese Tatsache nichts. Die Wahrheit ist Christus: Er ist das Haupt der Kirche, kein Besitztum von ihr. Daraus kann nie Arroganz entstehen, aber jedoch ein Gewissheit von Christus gewählt zu sein. Dass Christus sich nicht nur römisch-katholisch Ausdruck verschafft scheint mir selbstverständlich: Bonhoeffer (evangelische Kirche), Karl Barth (kalvinistische Kirche), C. S. Lewis (anglikanische Kirche), Alexander Schumann (orthodoxe Kirche)... sind hinreichende Beweise dafür. Soweit! Für ein erstes Nachdenken sollte es hinreichend sein.
Aspekte meines pädagogischen Handeln in Ostdeutschland
Das Ernstnehmen der „historischen Existenz“ - also ich bin nicht irgendwie tätig,
sondern in einer bestimmten Region und in einer bestimmten Zeitspanne - erlaubte mir im Jahr 2009 – 20 Jahre nach dem Fall der Mauer – auch einen Vorschlag don Natalino Bonazzas, der Rektor des Gymansium Johannes Paul I in Venedig ist, aufzugreifen. Ich organisierte in Droyßig einen internationalen Treffen mit Gymnasien aus Italien und Slowenien, um dieses Ereignis zu würdigen. Daraus hat später don Natalino ein zweisprachiges Buch herausgegeben (Oltre il muro, Venedig, 2009), in dem viele Zeugnisse von Kollegen und Schüler, die diesem Ereignis beigewohnt oder begleitet hatten, veröffentlich sind. Das Buch sammelt auch Gemälde von zwei Künstler (Serena Nono – Daniele Bianchi), die in Venedig tätig sind, und die sich zum Thema Mauer, Fall der Mauer von den Erzählungen, von den Erfahrungen der Schüler bei uns in Deutschland inspiriert haben lassen. - In dem genannte Band habe ich versucht untern den Titel: „Deutschland, der Fall der Mauer und die Hoffnung“ (17-19) die Grundlinien meiner „historischen
Existenz“ und dadurch meines Auftrages in den neuen Bundesländer Deutschlands zu deuten. Die Fragestellung des kurzes Auftrages war: „ zwanzig Jahre nach dem Fall der Berliner Mauer (1989-2009) können wir uns fragen, ob der Fall der Mauer für das deutsche Volk insbesondere und für Europa allgemein (...) das Bewusstsein der Existenz einer realen Hoffnung gestärkt hat?“(17). Anders gefragt: gab es durch den Fall der Mauer eine echte Steigerung der Freiheit und deren Bedeutung? Um das verbreitete Phänomen der „Ostalgie“ zu erklären, also wieso schauen viel Bürger der neuen Bundesländer Deutschlands mit Nostalgie auf ihre Vergangenheit, sagte ich, in meinem Beitrag, mit einer gewissen Entschiedenheit: „ Sowohl der Sozialismus in der DDR als auch der Liberalismus der Märkte unterstützen die gemeinsame und persönliche Arbeit, die sich nach dem Sinn der Freiheit fragt,
nicht. Beide sind Ideologien“ (17). Beide haben keinen Sinn für Transzendenz und dadurch keinen Sinn für die freie Bestimmung des Menschen zum Unendlichen hin, auch wenn bestimmte weltliche Freiheiten in der westlichen Welt, etwa das Reisen, wohin man will, im Unterscheid zum DDR System, gewährleistet sind. Nur, Reise allein macht der Mensch nicht dem letzten Sinn seiner Existenz offener und dadurch, kann ich auch sagen, dass beiden Ideologien dem Pädagoge weder die Schönheit und Wahrheit des Seins noch das „Theodrama“ der Freiheit zu verstehen helfen. Das sei gesagt , auch wenn mir klar ist, dass die Verbreitung von
materiellen Gütern, von denen wir jeden Tag profitieren, in unserer Gesellschaft viel besser organisiert ist. Auch eine gewisse Ästhetik der Produkten, in der verschieden Branchen, ist unleugbar, aber ob es einen Weg gibt zwischen dieser Art von Schönheit der materiellen Güter bis zur Schönheit des Seins ist und bleibt fraglich.
Theodramatik in der Pädagogik
Pädagogik ist, möchte ich jetzt zum Schluss dieses Punktes sagen, sowohl Ästhetik (Schönheit des Seins) und Logik (Wahrheit des Seins), wie auch Teilhabe am „theodramatischen“ Ringen der Freiheit des Menschen mit der Freiheit Gottes, wohl immer in dem klaren Unterschied zwischen dem ungeheueren Werk der Erlösung Christi und unserer Teilhabe dazu, die ich schon erwähnt habe. - Der Selbstmord Maximilians (9.Klasse) im November 2010 und der Mord Jonathans, der drei Jahre davor bei uns Abitur gemacht hatte, im November 2011 – ich bedanke mich hier für die Begleitung im Gebet seitens Frau Dr. Susanne Greiner – und dessen Leib zerstückelt der Elster entlang geworfen worden ist, sind Spitzenzeichen der Krankheit unserer westlichen Zivilisation. Ich dürfte in beiden Situationen ein Wort der Hoffnung aussprechen - die Familie Maximilians bat Pastor Rossdeutscher darüber zu predigen, nachdem ich sie zu Hause besuchte und sagte, dass ich zwar die endgültige Entscheidung Maximilians zur Kenntnis nehme, aber dass ich in mir eine Hoffnung hege, die größer als diese Entscheidung ist. Woher hätte ich eine solche Kühnheit formulieren wagen können ohne meinen großen Lehrer, der bis zum Ende seines Lebens, aus einer tiefen Betrachtung der Liebe Gottes heraus, uns gelehrt hat, was wir hoffen dürfen. (Vgl. Hans Urs von Balthasar, Was dürfen wir hoffen?, Einsiedeln, 1986) – Durch meine „pastorale Tätigkeit“ in Facebook dürfte ich vielen ehemaligen Schülern auch im Fall Jonathans ein Wort der Hoffnung aussprechen. Zu diesem Anlass des Todes Jonathans schickte Frau Dr. Susanne Greiner mir einen Satz Benedikts XVI, den er in Freiburg bei seinem Besuch in Deutschland ausgesprochen hat, gesandt und der mir geholfen hat, dieses Ereignis theologisch durchzudenken und zu bestehen: „Angesichts alles Schrecklichen, was in der Welt geschieht, gibt es heute
Theologen, die sagen, Gott könne nicht allmächtig sein. Demgegenüber bekennen wir uns zu Gott, dem Allmächtigen, dem Schöpfer des Himmels und der Erde. Wir sind froh und dankbar, dass er allmächtig ist. Aber wir müssen zugleich uns bewusst werden, dass er seine Macht anders ausübt, als Menschen es zu tun pflegen. Er hat seiner Macht selbst eine Grenze gesetzt, indem er die Freiheit seiner Geschöpfe anerkennt. Wir sind froh und dankbar für die Gabe der Freiheit. Aber wenn wir das Furchtbare sehen, das durch sie geschieht, dann erschrecken wir doch. Trauen wir Gott, dessen Macht sich vor allem im Erbarmen und Verzeihen zeigt. Und seien wir sicher, liebe Gläubige: Gott sehnt sich nach dem Heil seines Volkes. Er sehnt sich nach unserem Heil. Immer, und vor allem in Zeiten der Not und des Umbruchs, ist er uns nahe, schlägt sein Herz für uns, wendet er sich uns zu. Damit die Macht seines Erbarmens unsere Herzen anrühren kann, bedarf es der Offenheit für ihn, braucht es die Bereitschaft, vom Bösen abzulassen, aus der Gleichgültigkeit aufzustehen und seinem Wort Raum zu geben. Gott achtet unsere Freiheit. Er zwingt uns nicht.“ (Benedikt XVI)
Diese „theodramatische“ Dimension meiner pädagogischen Arbeit lässt sich in diesen zwei Fälle in besonderer Weise betrachten. Aber diese Fälle zeigen nur die Spitze des Eisberges. Meine Frau als Verantwortliche, zusammen mit einer Kollegin, der Hochbegabten Arbeit – Hochbegabten, nicht unbedingt Hochleister - in unserer Schule – erzählt mir, mit ihrem besorgten und engagierten Mutterherz, wie viele Verwüstungen das Scheitern der Familie als Ort der Liebe, der „unauflösliche“ Liebe in unseren Schülern verursacht. Wenn ich ihre Erzählungen von so vielen Schicksalen von Kindern höre, die ihre Hochbegabung zum Trotz mit ihrem Leben nicht fertig werden, bleibt es mir nicht anders übrig als Maria, die Königin des Friedens (Medjugorje), zu erflehen, mit ihr Mantel auch unsere Region zu schützen!
Schlusswort, philosophisch
Ein Wort möchte ich noch zur einer philosophischen Pädagogik hinzufügen. Ich verstehe die pädagogische Arbeit von einer Ontologie aus, also von einer
bestimmten Art das Sein zu denken, nicht primär von einer psychologischen und soziologischen Überlegung her. Sowohl Giussani, der in seinem „Wagnis der Erziehung“ seine pädagogische Leitlinie skizziert hat wie auch von Balthasar denken das Wirkliche philosophisch und theologisch. Das Wagnis der Erziehung entsteht also aus dem Wagnis der Seinsfrage. Und Sein ist eben Liebe (Balthasar), Gabe (Ulrich), Ereignis (Giussani). Das Sein ist nicht etwas, sondern den Akt eines allmächtigen Jemanden (wie wir gerade in dem Satz Benedikts XVI gehört haben), der vollzogen ist für einen endlichen Jemanden! Die dreier Struktur der Pädagogik Giussanis, die eine Einführung zur Wirklichkeit sein will, lässt sich von diesem Akt her genau durchdenken. So wie der Geber das Sein schenkt, so schenkt der Pädagoge einen bestimmten „Vorschlag“, der nicht willkürlich ist, sondern die Logik einer „disciplina“ folgt. So wie der Geber des Seins wirklich gibt und auf Grund seiner Autorität dem Beschenkten wachsen lässt (auctoritas stammt bekannter Weise von „augere“), so der Pädagoge lässt seinen „discipulus“, den er mit einem Blick der totalen Sympathie zu schauen hat, wachsen. Zum Schluss, so wie der Geber des Seins das Wagnis der Freiheit „theodramatisch“ ernst nimmt, weißt der Pädagoge, dass der Schüler den empfangenen Vorschlag, damit dieser bei ihm Früchte bringt, zu verifizieren hat und wenn die Erziehung geglückt ist, wird der Schüler nichts anders tun können als diesen Vorschlag zu verifizieren. Trinitarisch gedacht, und da der Mensch „imago Dei“ ist, lässt sich nur trinitarisch denken, die Andersartigkeit des Anderen, des Sohnes ist nicht das Gegenteil der „Wesensgleichheit“. Das Recht zu verifizieren hat der Schüler, weil er ein Mensch ist, genau so wie der Lehrer – das ist freilich nur imago der
„Wesensgleichheit“ zwischen Vater und Sohn. Hier haben auch die sehr modische „kooperative Lernformen“ ihre philosophische und theologische Berechtigung. Mit diesem Wort („kooperative Lernformen“) ist die „Erziehung“ als eine
„Kooperation“ verstanden.
Nur das Eintauchen in der Logik des Seins als Liebe wird uns helfen die wahrgenommene Not in der pädagogischen Welt zu überwinden. Weder ein „Lob der Disziplin“ wie Bernhard Bueb es verkündet, aber den Willen zur Macht als Voraussetzung hat, noch ein postmodernes scheinbar kinderfreundliches
Verständnis des ungehorsamen Schülers wird die Not überwinden (vgl. Anton Schmid). Im Akt des Seins waltet eine letzte unbegründbare Freiheit (warum trinitarisch entschieden worden ist, endliches Sein zu wollen ist und bliebt Geheimnis), in diesem Sinne bleibt das Sein in der Schwebe und das theodramatische Wagnis offen. Und kein Lob der Disziplin wird dieses Geheimnis der Freiheit, das der Mensch als Abbild Gottes in sich trägt, beherrschen können. Wenn der Mensch die „Verendlichungsbewegung des Seins“ verinnerlicht, also wenn er bereit ist zu verstehen, dass das Sein tatsächlich geschenkt, nicht in einer schlechten Schwebe (Ulrich) gehalten worden ist, wenn er bereit ist sich selber zur „verendlichen“, wenn er sich in Demut, im Mut der Demut, seine pädagogische Tätigkeit nicht mehr in einer biographischen „curvatio in se ipsum“, sondern in der Offenheit zu der Wahrnehmung der Sendung hin lebt, offen zum geschenkten, gesandten Sein, dann wird er die „Not-wendigkeit“, den „not-wendigen
Seinssinn“ erfahren, dass in der Liebe enthalten ist. Ja, in der Erziehung geht es auch primär, um Liebe. Und wie Kardinal Angelo Scola nie müde zu sagen wird: Liebe ist Liebe nur wenn sie „Liebe für immer“ ist: das Lieben der Liebe ist eine Notwendigkeit, die nicht das Gegenteil der Freiheit, sondern deren letzten Ausdrucksform ist! Weil die Freiheit selbst eine solche ist, wenn sie zum Unendlichen offen ist.
Der Vater, der auf uns wartet, will, wie Péguy ausdrucksvoll gesagt hat, von freien und erbärmlichen Menschen geliebt werden! „Gott würdigte sich, auf uns zu hoffen, da er sich herabließ, etwas von uns zu erwarten. Erbärmliche Lage, als Entgelt für welche Liebe. Bürgschaft, Unterpfand welcher Liebe. Unverdienter Entgelt. Und der doch in der Bedingung, in der Ordnung, ja im Wesen dieser Liebe lag. Er hat sich in dieser seltsame Lage versetz, diese umgekehrte, erbärmliche Lage, dass er auf uns wartet, auf den erbärmlichsten Sünder. Dass er hofft auf den erbärmlichsten Sünder“ (Charles Péguy, Das Tor zum Geheimnis der Hoffnung, Einsiedeln 1993, 103).
Freundschaften aus dem Geist Balthasars. Cornelia Capol, P. Servais und die „Casa Balthasar“, Adrian Walker
Auf den Weg von der Biographie zur Sendung schenkt Gott uns Freunden; ich möchte hier noch drei Freunden erwähnen, aber mir sind durch die Begegnung mit Hans Urs von Balthasar viele mehr geschenkt worden. Sie werden mir wohl den persönlichen Charakter dieser Bemerkungen verzeihen.
Frau Cornelia Capol – ohne sie, Pater Fessio S.J. hat es am Anfang der 80jahren in Rom, während des von Johannes Paul II gewollten Symposium über die kirchliche Sendung Adrienne von Speyrs, gesagt, wäre das Arbeitspensum Balthasars kaum denkbar und das Archiv Balthasars hier in Basel, ich füge es heute hinzu, nicht entstanden – kenne ich aus meiner Jugend, als ich noch in einem katholischen Verlag in Italien (Piemme) gearbeitet habe. Wenn ich auf den Punkt bringen will, was sie mir in vielen Begegnungen und Telefonaten geschenkt hat, dann kann ich es so formulieren: der Herr hat die Welt schon erlöst, er ist schon auferstanden, also wir dürfen Ruhe in unserem Herzen schon jetzt empfangen und auskosten! Das „betrachtende Gebet“ endet mit einem Kapitel „Kreuz und Auferstehung“, in dem Balthasar uns allen auf Paulus verweisend dasselbe sagt: „Christen sind wir , weil der Herr auferstanden ist, sonst wäre unser Glaube sinnlos leer (1Kor 15,14). Auf die Herrlichkeit hin hat Jesus gelitten,auf die Absolution des Vaters hin die Beichte des Kreuzes auf sich genommen“ (ibidem, 259).
Von Pater Jacques Servais, dem Leiter der Casa Balthasar“ in Rom, der als erster den Wert der von mir empfangenen Briefen Balthasars (1978-1988) gesehen hat (eine Kopie davon ist in dem Archiv hier in Basel; die Originalen sind in der „Casa Balthasar“ in Rom aufbewahrt) habe ich gelernt, was „ignatianische Indifferenz“ ist. Die Freundschaft mit ihm war für mich auch immer konkrete Bindung zum Heiligen Ignatius! Sein Dienst an Jugendlichen in der „Casa Balthasar“, so wie auch die Jugendlichen selbst, die wir dort kennengelernt habe, haben meine Frau und mich sehr beeindruckt. Auch Johanna und Ferdinand, meine Kinder, sind in den der „Casa“ und in den Ferien, die wir miteinander verbracht haben, immer sehr herzlich empfangen worden. In dem Dienst beeindruckte mich die indifferente Bereitschaft Pater Servais' für so viele Charismen und
Ordensgemeinschaften und sein Engagement für den Jugendlichen, damit sie durch Exerzitien und gemeinsames Leben, „Unterscheidung der Geister“ üben und damit sie, aus welcher biographischen Erfahrung auch immer, zu der eigenen von Gott gedachten Sendung vorbereitet werden konnten.
Ein Sommer ist er mit seinen Jugendlichen und mit einer Gruppen von Jugendlichen und Familie aus Madrid nach Droyßig gekommen. Ich hatte ein Seminar über „die moralischen Grundbegriffen“ (München, 1999) Spaemanns angeboten. Es war für mich eine Freude in dem Garten einer Schule, die 12 Jahren Nationalsozialismus, 4 Jahren direkte Moskau Einfluss, 40 Jahren DDR, 20 Jahren „Liberalismus der Märkte“ (der freilich sozial politisch korrigiert wird) durchgemacht hatte, Jungendlichen den Rosenkranz beten zu sehen. Die gemeinsame spanischen und anderen Lieder, die wir am Abend gesungen haben, sind dort noch präsent, weil wie eine nichtgläubige Autorin, die im letzten Jahr gestorben ist, Christa Wolf, sagte, was positiv (freilich das gilt auch, in einer gewissen Hinsicht, auch für das Negative; aber das Positive ist stärker: „bonum diffusivum sui“) im Sein gesetzt ist, bleibt es auch im Sein gesetzt - ich habe hier ihr Satz ein bisschen philosophischer formuliert; der Original des Zitates lautet: „Soviel ist es sicher, hat er gesagt, vergessen Sie das niemals: Was durch uns in die Welt gebracht ist, kann nie mehr aus ihr hinausgedrängt werden“ (Christa Wolf, Nachdenken über Christa T., Berlin und Weimar, 1984, 117) !
Ich kann nicht, weil mir die Kompetenz fehlt, auch wenn ich einiges von dem, was Adrian Walker geschrieben hat, gelesen habe, das Reichtum des kulturellen Weges Adrians zusammenfassen. Er gehört zweifelsohne untern den intelligentesten und herzlichsten Menschen, die ich kenne, und im Lauf der Jahre hat er sehr viel auf englisch übersetzt (Balthasar, Benedikt XVI...) und in mehreren Sprache über philosophischen, politischen und theologischen Themen geschrieben. Ich möchte hier nur lediglich auf meine Schriften verweisen, die ohne ihn, überhaupt nicht entstanden wären. Zwei in der amerikanischen „Communio“: „What does it mean to philosophize?“ (Winter 2002) und „How christians should think about politics. Reflection in a Time of War“ (Sommer 2004) und einen Beitrag in
einem von David L. Schinder im Jahr 2005 organisierten Symposion über von Balthasar: „Can a christian be a good democrat, a dedicated member of the „polis“, in a Time a war?“ in „Love alone is credible. Hans Urs von Balthasar as interpret of the catolic tradition, Michigan, 2008. Ich dürfte in diesen drei Beiträgen zwei Thesen vertreten. 1. Die Philosophie ist nicht nur eine „Wissenschaft“, sie ist eine Geisteshaltung der Armut bzw. der Jungfräulichkeit angesichts des Seins. D.h. Ich kann die Fülle des geschenkten Seins, die in sich selber aber auch Armut ist, weil sie nicht an sich festhält (wir haben schon gesehen, dass nicht der Seinsakt in sich, sondern der Schenkende und der Beschenkte im Vordergrund zu stehen haben), nur begegnen, wenn ich „arm“ bin, wenn ich bereit bin zu sehen, das ich nichts von dem, was ist, ich selber gemacht habe. In diesem Sinn muss ich auch
„jungfräulich“ sein, wenn ich beschenkt werden will. 2. Besonders in einer Zeit des Krieges, der Christ ist derjenige, der auf Christus verweist, auf das geschlachtete Lamm, das niemand schlachtet! Dies führt nicht zum einem Pazifismus a priori, sondern zu einer ernsthaften Einladung, auch für Soldaten und Generälen, den geschlachteten Logos zu betrachten, um zu prüfen, was in einem Krieg tatsächlich notwendig ist und was nicht.
Adrian Walker verdanken ich auch eine besonderere Aufmerksamkeit für eine philosophische Betrachtung der Naturwissenschaft. Ein Thema, das ich zuerst in Giussani („Der religiöse Sinn“) begegnet bin, das ich aber durch Adrian gelernt habe zu vertiefen. Meine Ansprache am Weihnachten 2011 (Siehe Anhang) in meiner Schule über Logos und Vernunft wäre ohne die Begegnung mit Adrian überhaupt nicht gehalten werden können. Von Giussani habe ich mehr den Aspekt gelernt, dass wir eine „Vielfalt von Methoden“, um die Wirklichkeit in der Gesamtheit ihrer Faktoren zu forschen und verstehen, nötig haben, von Adrian Walker habe ich eine besonders als Lehrer in einem christlichen Gymnasium wichtige Unterscheidung der Geister in Sache „Naturwissenschaft“ gelernt. Beispiel: nicht das, was ein Biologe als Biologe denkt, ist für den denkenden Christ problematisch, sondern das, was er unter dem Denkmantel der „Sachlichkeit des Faches“ als philosophische unbewusste oder bewusste Entscheidungen trifft, die mit dem Fach nicht unbedingt etwas zu tun haben, sondern eben mit den Entscheidungen des
Wissenschaftler selbst. Eine atheistische Option entsteht nicht aus seinem Fach, sondern aus seiner Freiheit, hatte auch Giussani im „religiösen Sinn“ betont. Die Identität eines christlichen Gymnasiums entscheidet sich nicht nur im Religionsunterricht, sondern in der Art und Weise wie die andere Fächer unterrichtet werden. Besonders in „Schöpfung und Evolution“: jenseits des Konkordismus“ (ich habe in meiner Bibliothek den Text nur pro Manuscripto gefunden, aber er ist auch in „Communio“ veröffentlicht worden) könnte ich von Adrian Walker lernen, dass nicht nur eine Vielfalt von Methoden für den denkenden Christ nötig ist, sondern auch ein Unterscheidungsvermögen, das nicht durch Konkordismus, als Neben einander lassen von verschiedenen Methoden, aufzulösen ist, sondern das uns hilft zu sehen welche unbewusste oder auch bewusste Entscheidungen der Denker in seinem fachlichen Denken mit sich bringt, der eine Verkürzung bzw. Verzerrung der Vernunft in der Gesamtheit ihrer Faktoren beinhaltet. Der Verzicht auf den Begriff der „Form“ zum Beispiel, um eine nur analytische Analyse eines biologischen Sachverhaltes zu betreiben, verzerrt oder verkürz die Wirklichkeit des Sachverhaltes selbst. Durch Adrian Walker konnte ich auch den Beitrag Spaemanns in diesem Bereich besser verstehen: etwa den Unterschied zwischen „Anthropomorphimsus“ uns „Anthropozentrismus“. Der erste ist für den denkenden Menschen unvermeidlich: der Mensch kann nur Dingen und Sachverhalten verstehen, in dem er sie mit menschlichen Formen vergleicht; der zweite ist eine Entscheidung, die zum Atheismus führt, oder wie C. S. Lewis sagte, zur „Abschaffung des Menschen“ (Oxford, 1943; Freiburg, 5. Auflage, 2003).
Die Fraternität von „Comunione e Liberazione“ als Ort um die „Abstraktion“ endgültig zu überwinden.
Nach einer langen Identifikationskrise mit der Bewegung von „Comunione e Liberazione“ (1999-2010) im Sommer 2010, während einer von Cordula Napjerai und Bernhard Ollmert organisierten Pilgerfahrt zum Heiligen Nikolaus von der Flüe hier in der Schweiz,, die auch ein tiefes Gebet am Grab von Hans Urs von Balthasar in Luzern eingeschlossen hatte und durch das Leiden eines Freundes der Fraternität von CL, wegen einer sehr heftigen Krankheit, habe ich die Gnade, das Charisma von don Giussani, als „donum Dei altissimi“ zu erfahren, geschenkt
bekommen und ich bin, einigen Monaten danach, mit meiner Frau wieder in die Fraternität der Bewegung aufgenommen worden.
Ich glaube, dass wir in unserer mobilen und säkularisierten Gesellschaft, einen Ort, der zwar die theologische Situation, die Balthasar mit diesen Worten zusammen fasst: „ausgeheimatet aus der Welt und noch nicht eingeheimatet im Himmel“ (das betrachtende Gebet, 275), nicht überwindet, der aber das „Fortleben des Menschwerdungsgeheimnisses in der Kirche“ (Marc Ouellet) ermöglicht , mehr denn je brauchen. Für mich ist dieser Ort die Fraternität von CL. Kardinal Marc Ouellet verweist in seinem Buch über die Charismen auch auf anderen kirchlichen Bewegungen (ibidem, 30). „die katholische charismatische Bewegung, die an die immense, ursprünglich protestantische Pfingstbewegung anknüpft; der Neukatechumenalen Weg, der sich durch das Zeugnis von Familien und die Leitung von Priesterseminaren wirkungsvoll für die Neuevangelisierung engagiert; Gemeinschaft von sant'Egidio, die sich für die Armen und für den ökumenischen wie interreligiösen Dialog einsetzt; ferner die Bruderschaft von Comunione e Liberazione, die für eine christozentrische, konzeptionell durchdachte Glaubenserziehung eintritt; und schließlich die Fokalar-Bewegung, deren „Charisma der Einheit“ die christliche Universalität vor allem durch eine radikal gelebte, gegenseitige Liebe bezeugt“ (ibidem, 30).
Ich versuche hier in kurzer Form zu zeigen, warum wir einen „Ort“ in der Kirche brauchen.
Das größte Gefahr für die Kirche kommt nicht von außen, sondern von innen hat uns Benedikt XVI, angesichts des Skandals des Missbrauches von Kindern in der Kirche, oft in letzter Zeit gesagt. Meine Erachtens dieses Gefahr lässt sich mit dem Wort „Abstraktion“ zusammen fassen, Abstraktion vom Geheimnis der Erlösung, der nicht nur unendlichen Wert, sondern auch eine totalisierende Dimension – nicht jedoch im Sinne des Islams, da aus dem Christentum keine der „Sharia“ ähnliche Form entstanden und entstehen kann - impliziert: man darf nicht Gott an vierte Stelle lieben, etwa nach schönen Frauen, wissenschaftlichen Arbeit und Whisky
(Walker Percy) oder neben all dem. In der Kirche hat sich oft das „Biographische“ in Enklaven der Abstraktion versteckt, vielleicht mit der Ausrede, dass wenn man sich schon so viele Mühe macht ethisch zu leben, mal sich einige Abstraktionen vom Kreuz leisten darf. Diese „biographischen Enklaven“, auch wenn sie mindestens eine Zeit lang verheimlicht bleiben, stellen die ganze Fruchtbarkeit des eigenen Lebenswerk in Frage. Ohne Beichte und Sühne wird das Werk von Menschen, die neben dem Guten, den sie geleistet haben, wohl auch sich solche Abstraktionen erlauben, zu einer letzten Unfruchtbarkeit, mag auch eine Weile nach dem weltlichen Erfolg nicht mangeln.
Gegenüber einer solchen Versuchung zur Abstraktion kann nur eine Regel, wie im Fall des geweihten Lebens oder die Zugehörigkeit zu einem Charisma, wie in dem Fall von Laien, die in Ehebund oder sogar im Scheitern dessen leben, die Fruchtbarkeit der eigenen Sendung gewährleisten. Freilich auch die Formen der Zugehörigkeit zu einer Pfarrei können dieses Dienst leisten, aber oft sind Pfarreien, auch wenn außerordentliche Christen in diesen leben, geschlossene „Orten“, die einen Menschen, der oft umgesiedelt ist, nicht wirklich aufnehmen können oder wollen.
Für mein Leben habe ich von Dezember 2009 bis Dezember 2011 einen Tagebuch (mehr als 20 kleine Bände, von je 50 Seiten) verfasst, um meine Abstraktionen unter der Lupe zu kriegen und um sie zu „beichten“ (im Sinne der Beichthaltung Adriennes) und zu überwinden, damit mein Lebenswerk nicht scheitern möge. Sühne lässt sich freilich nicht im Tagebuchform leisten – die muss getan werden und das Leben selbst bietet oft Gelegenheit dazu. Vielleicht noch ein Wort dazu in Bezug auf die Aktualität: dass mir solchen Abstraktionen wie Pädophilie gespart worden sind betrachte ich es als Gnade, nicht so sehr als Verdienst.
Ich habe vollkommen Vertrauen, dass Gott uns helfen wird, wenn wir Ihn darum bitten. Wie ich in der Bekanntgabe der Priesterweihe eines Freundes (Bernhard Ollmert) gelesen habe: „ich erwarte voll Zuversicht und hoffe, dass Gott mich nicht
versagen lässt. Ich vertraue darauf, dass auch jetzt, so wie bisher stets, Christus durch mich in seiner Macht sichtbar wird, sei es durch Leben oder durch Tod“ (Phil 1,20)
Was die Fraternität von „Comunione e Liberazione“ anbelangt, ich will den Freund erwähnen, dem ich den neuen Zugang zum Charisma von don Giussani verdanke: Gianni Mereghetti. Er ist in etwa 10 Jahre älter als ich und unterrichtet „Geschichte und Philosophie“ in einem Gymnasium in Abbiategrasso (Mailand). Ich kenne kaum jemand anderen, der so ernsthaft seine Sendung als Lehrer nimmt. Wenn ich irgendwo einen Blick der totalen Sympathie für die eigene Schüler gesehen habe, dann gerade bei ihm. Er schreibt auch wunderschönen Gedichten, die eine Wahrnehmung des Wirklichen, auf Grund des „religiösen Sinnes“, ausstrahlen. Innerhalb der Bewegung sind seine Briefe an Prominenten Italiens, in denen er das politische Geschehen auf Grund des Begriffes der Subsidiarität (eines der Prinzipien der katholischen Soziallehre) verstehend begleitet, sehr bekannt: nicht eine zentralgestaltete Politik, sondern eine, die auf die konkrete Antworten, die in der Gesellschaft entstehen, um Bedürfnisse der Menschen zu befriedigen, basiert, kann ein echtes Dienst an den Menschen sein! Ein Blick auf sein Leben, noch viel mehr als einen Blick auf mein Leben, ließe verstehen, was ich hier mit dem Titel: „von der Biographie zur Sendung“ gemeint habe. Selten habe ich bei jemanden anderen gesehen, wie bei Gianni, den Lebensweg, den ich versuche mit diesem Vortrag auszudrucken: sein Ich lässt sich nicht biographisch reduzieren und ist nur innerhalb des Charisma von don Giussani zu verstehen.
Zum Schluss möchte ich einen Blick auf den Gründer, don Luigi Giussani (1922- 2005) selbst, unter einer bestimmten Fragestellung, werfen. Lässt sich sein Charisma, das das Christentum als Ereignis sieht, ein Ereignis, das dem Ich des Menschen aufwecken lässt, sich tatsächlich unterscheiden von theologischen Positionen in deutschsprachigen Raum, die meinen, dass die Kirche Roms zu wenig die Bedürfnisse der Menschen versteht. In meiner Pinnwand in Facebook habe ich ein Vergleich zwischen don Luigi Giussani und Hellmut Schüller skizziert, den ich hier als Antwort meiner Frage dokumentiere, auch wenn der Stil dem Medium entsprechend her journalistisch ist.
Hellmut Schüller ist wegen seiner „Pfarrerinitiative“ und noch mehr auf Grund seiner Einladung zum Ungehorsam, der der Heilige Vater Benedikt XVI am Gründonnerstag dieses Jahres als einen falschen Weg angesprochen hat, auch außerhalb Deutschland bekannt worden.
Facebook, 1.2.12. (dieses Stück von Facebook vorlesen)
„Da ich von CL bin, frage ich mich: was unterscheidet ein Priester wie Hellmut Schüller von einem Priester wie don Luigi Giussani (im Sinne der Sendung, nicht der Biographie: diese ist freilich eine ganz andere)? „Prima facie“ scheint es so, dass sie Ähnliches behaupten. Christus lässt sich nur verkünden, wenn man die Fragen der Menschen ernst nimmt. Don Julián Carrón hat gerade vor ein paar Tage gesagt, dass der zweite Band der Trilogie Giussanis, der Christus („Am Ursprung des christlichen Anspruches“) als Thema hat, die Methode Giussanis klar verstehen lässt. Christus ist die Antwort an das, was der Mensch am meisten braucht. Die Frage nach Christus lässt sich nur verstehen, wenn wir die Frage nach dem Sein des Menschen gestellt haben. Giussani zitiert oft ein protestantisches amerikanisches Theologe, R. Niebuhr, der behauptete, es gäbe nicht unverständlicheres als die Antwort auf eine Frage, die man nicht gestellt hat. Hellmut Schüller scheint mit seiner „Pfarrerinitiative“ ähnliches zu wollen: die Kirche in Vatikan versteht nicht was die Menschen wollen. Kardinal Schönborn in Wien zögert womöglich mit einer kanonischen Maßnahme gegen ihn zu handeln, weil er mit Recht – so sagt auch Jesus im Evangelium – fürchtet den „Kampf“ zu verlieren. Viele Menschen in Österreich verstehen Rom nicht. Allein die „Pfarrerinitiative“ ist eine klerikale Angelegenheit, während der „religiöse
Sinn“ Giussanis eine zutiefst anthropologische Angelegenheit ist. Schüller will, dass man Geschiedene, die eine neue Beziehung eingegangen sind, wieder die Kommunion empfangen dürfen, dass ein Gottesdienst auch ohne Priester zelebriert werden darf und das ganze Programm, das in unseren Breitengraden nicht wiederholt werden braucht. Der rote Pfaden von den Ansprüche Schüllers ist: „wir haben ein Recht auf“, weil wir besser als Anderen wissen, was der Mensch wirklich braucht. Tatsache ist, dass der mediale Erfolg Schüllers schon für sich allein Bände spricht. Er sagt den Menschen (bestimmten Menschen), was sie hören wollen: sie haben ein RECHT die Kirche so zu haben, wie sie sie wollen. Ein Mann, der zum Beispiel in die Kirche käme, und der als „wiederverheirateter Geschiedene“ auf den Empfang der Kommunion verzichte würde, ist sicher ein Modell von Menschen, der Schüller überhaupt nicht verstehen kann. In dieser
klerikalen Angelegenheit der Pfarrerinitiative sieht man auch eine bestimmte Anthropologie, eine bestimmte Art und Weise den Menschen zu verstehen. Und gerade in diesem Punkt gibt es zwischen Giussani und Schüller einen Abgrund: der Mensch für Giussani hat ein tiefes Bedürfnis nach Schönheit, Wahrheit, Gerechtigkeit, aber er weiß, dass sein Herz, das all dies wünscht, sich nicht selber geschaffen hat. Er weißt, dass er eine Antwort an seinen Wünschen bedürft, die er nicht antizipieren oder schaffen kann. Weil die Antwort Liebe ist und diese lässt sich nicht durch ein Rechtsanspruch herstellen. Dieser Vulkan,
der Giussani war und ist, weil er in Himmel weiter handelt, hat eine Bewegung hervorgerufen, die in allen Kontinenten Christus verkündet, als er den Papst Johannes Paul II begegnet ist, hat sich vor ihm (mit dem linken Bein, nicht mit dem rechten, der für Gott reserviert ist) hingekniet, um uns zu sagen: „ubi Petrus, ibi ecclesia“. Diese kirchliche Geste entsprach auch seinem anthropologischen Verständnis: der Mensch schafft sich nicht selber und hat gar kein Recht auf die liebende Antwort Gottes!
In Facebook unter dem Titel mein „Seminar der Gemeinschaft mit don Juliàn Carròn“ reflektiere ich oft das, was ich von dem Leiter von CL gelernt habe. Ich dokumentiere hier die Übersetzung eines auf italienisch verfassten von diesen Beiträgen:
(2.2.12) - Christus ist etwas, das sich mir jetzt ereignet, „das Christentum ist eine Tatsache, keine Ideologie“. Wie können wir beim Nachdenken darüber, die Versuchung
des „Schon gewussten“ überwinden? Ich glaube, dass das nur möglich ist in dem wir von menschlichen und alltäglichen Begebenheiten sprechen, von menschlichen Begegnungen. Ich versuche es: 1. Eine Freundin, die uns besucht, hier in der Nähe von Leipzig, weil sie ein Fortbildung zu absolvieren hat. So wird das Charisma don Giussanis ein Gesicht, eine Person, die zuhört und erzählt. Sie hört zu, was wir ihr erzählen und sie erzählt uns ihrerseits was ihr von der Bewegung zur Zeit geschenkt wird. Uns sie betet mit uns; sie
isst mit uns, lacht mit uns! 2. Gestern Abend habe ich nach dem Abendbrot einen Artikel einer Freundin über einen erschreckenden Plan für die sexuelle Erziehung in Berlin vorgelesen; ich staunte, wie wir vier in der Familie einen gemeinsamen Urteil hatten;
meine Tochter erkannte auch den Einfluss dieser Welt über sie – vielleicht ist sie ehrlicher als ich, da ich ihn weniger erkenne – aber sie freute sich zu verstehen, dass diesen Berliner Plan tatsächlich Dinge verbreitet, die schlicht und einfache pervers sind.3. Heute morgen in dem Philosophiekurs der 12 Klasse nach dem wir uns bemüht haben die „Kritik der reinen Vernunft“ zu verstehen, gerade in dem Punkt, in dem Kant sagt, dass es ein
Element der Erkenntnis gibt, die nicht von der Erfahrung abhängig ist, haben wir angefangen über Andreas und Johannes , die von Christus eingeladen worden waren ihn zu kennen, zu sprechen. Offensichtlich diese Art von Erkenntnis bedürfen die Schüler mehr als die Erkenntnis der „transzendentalen Subjektivität“. Danke, Roberto!
Schlusswort. Eine Stele mit einem Satz des Papstes in Altötting vor dem Bruder Konrad gewidmeten Brunnen.
Als ich am ersten Januar dieses Jahres in Altötting war, habe ich in einer Stele, neben dem Brunnen von Bruder Konrad, einen Satz Benedikts XVI gelesen; dem Sinn nach war dort Folgendes zu lesen: Durch die Fürbitte von Bruder Konrad mögen sich unsere Augen auf Christus hin richten, damit wir in der Welt seine Liebe bringen! Ja das wünsche ich mir, auch durch die Fürbitte von Hans Urs von Balthasar, dessen Gedächtnis wir in diesem Tag feiern wollen, denn wie Adrienne sagte: „Gott verdient mehr Liebe, als die Welt ihm gibt; auch die Menschen brauchen mehr Liebe, als sie von der Welt her erhalten“ (Hans Urs von Balthasar, Unser Auftrag, Einsiedeln, 1984, 111).
Vortrag für Basel, geschrieben und herausgegeben im Januar und Februar 2012; durchgedacht und korrigiert auf Grund von Impulsen von Anton Schmid im Mai 2012
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