es war eine große Freude mit Dir den Anfang des "Homo Abyssus. Das Wagnis der Seinsfrage", Einsiedeln 1961 (Einsiedeln, Freiburg, 1998) zu lesen und zu kommentieren. Du trägst den Name Ferdinand, wegen unserer Begegnung mit Ferdinand Ulrich; als Du neulich ihn angerufen hast, hat Dir dieses Buch geschenkt, dem ich vor einigen Jahren viel Zeit, am Frühmorgen in den Ferien gewidmet habe, und das ich so verinnerlicht habe, das fast alles, was ich philosophisch denke und sage, irgendwie mit diesem Buch zu tun hat.
In dem Vorwort von Ostern 1961 befinden sich 2 oder 3 Punkte, die ich festhalten möchte und dann noch einigen Schritten des ersten Kapitels.
1. Das Wagnis der Seinsfrage ist keine Nostalgie für ein verlorene gegangene Sein oder für ein Noch-nicht-Sein des Seins. In beiden Fällen würde sich um eine "Veressentialisierung des Seins" handeln (in Richtung einer verlorenen Vergangenheit oder eine noch nicht gefundenen Zukunft), die dem Geheimnis des Seins nicht gerecht wäre. Das Sein ist keine "Essenz", keine "res" (Sache), keine "Hyposthase" (Person). Das Geheimnis des Seins besteht in seiner "Überwesenhaftigkeit". Die Essenz einer Sache ist seine Idealisierung, aber das Sein ist keine Idealisierung der Wirklichkeit. Unter dem Reich der Dingen, der "res" gibt es nicht ein Ding, das das Sein wäre. Das Sein ist auch keine Substanz oder Person. Es ist jenseits und diesseits von all dem, eben "überwesenhaft".
2. Das Denken, das versucht dem Sein auf die Spur zu kommen, will jegliche mondäne Gefangenschaft vermeiden und deswegen bewegt sich, in der "selbigen Verwendung von Gehorsam und Freiheit" freiwillig in der Gefangenschaft Christi, der den konkreten und universale Logos als Liebe ist. Dieser Logos ist der einige Grund der Überwesenhaftigkeit des Seins. "Ohne den Logos konnte nichts werden. In ihm war das Leben, und Leben ist Licht für die Menschen" (Johannes 1,4). Dieser Logos kann nicht "begriffen" werden, er kann nur "gesehen" und "gehört" werden, wir können ihn erkennen als die Herrlichkeit von alldem, was ist, von allem Seiende! Die Philosophie bewegt sich in dieser freien Gefangenschaft, weil nur im Logs hat sie bestand! Deswegen sagt Ulrich im Vorwort, dass er Verständnis hat für allen diesen Philosophen, die allergisch auf eine Vermischung von Theologie und Philosophie reagieren. Es gibt einen tiefen Band zwischen Philosophie und Theologie, aber keine Vermischung!
3. Was ist das Sein? Ein Akt der Schenkung des Seienden in der Vielfalt der Substanzen (Steine, Pflanzen, Tieren, Menschen) als Liebe. Wenn ich Dir eine Rose schenke, die Substanze sind: ich, die Rose und Du. Das Schenken ist "nichts", aber nicht das Nichts des Nihilismus, sondern das Nichts der Gratis Liebe! Ohne dieses Nichts die Wirklichkeit wäre nur mondän, sie hätte nicht mehr in sich dieses Geheimnis der Überwesenhaftigkeit, alles Stunde in der Gefangenschaft des Todes! Mit Thomas von Aquin, sagt Ulrich: "dem Sein kann nichts hinzugefügt werden, was ihm selbst äusserlich wäre, cum ab eo nihil sit extraneum, nisi non-ens"; nulla è estraneo all'essere, a parte il non essere! "Kein Schritt kann getan werden , der ausserhalb des Seins läge" - wir sind seit immer und in all dem was geschieht im Geheimnis des Seins als Gabe bzw. Liebe! Hier ahnen wir eine "similitudo" (Ähnlichkeit) zwischen dem Geheimnis des Seins als Liebe und dem Geheimnis des Logos als Liebe! Keine philosophische Reflexion würde uns zu dieser Ähnlichkeit führen, nur die Gnade, die uns den Logos geschenkt hat, lässt uns auch verstehen, dass das Geben des Seins und das Geben des Logos leben von der selben Gratuität! Sie sind Ausdrucksformen der Gratis Liebe, als Schöpfung und Erlösung.
4. Als Philosophen wollen wir den Selbststand der Philosophie verteidigen, wir wollen keine Pseudotheologie betreiben. Wir suchen in der Wirklichkeit die Spuren eines letzten Geheimnis, wir gehen der Verwandtschaft zwischen Denken und Danken nach: es fehlt uns nicht eine "res", das einmal gewesen ist und auch nicht eine, die uns einmal in der fernen Zukunft geschenkt wird, wir suchen jetzt die Gründe einer letzten stauenden Dankbarkeit, dass etwas ist statt lieber nichts! Die Versuchungen des Traditionalismus und des Progressismus sind uns beiden fremd! Das Sein als Liebe wird uns jetzt geschenkt!
5. Als Christen wollen wir den folgen, ohne den alles in der Gefangenschaft des Todes stünde. Wie sind verliebt und lieben Seine Schönheit, die bis in die Tiefe des Todes hinabgestiegen ist und verkünden seine Auferstehung uns seine Wiederkunft, gelegen und ungelegen, weil wir der Finsternis nicht verbreiten wollen: "das Licht macht die Finsternis hell, und die Finsternis hat das Licht nicht verschluckt" (Johannes 1,5) - sie hat das Licht nicht anerkennen wollen, aber sie hat sie nicht verschluckt! Das Sein ist erste und letzte Positivität, die nicht zerstört werden kann, wie der Logos nicht zerstört werden kann! Glaubhaft ist nur die Liebe!
Gott wird uns auf diesen Weg weiter gehen lassen und noch besser verstehen, so wie es ihm gefällt!
Dein, Papi
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Antworten auf Reaktionen
Lieber (...),
ganz wichtig Deine Assoziation von Ulrich mit diesem Bild von Rembrandt und Lk 15, 11-32. In der Tat in seiner biblischen Ontologie, "Gabe und Vergebung" (2006) Ulrich kommentiert philosophisch gerade diese Passage des Evangeliums. "Homo abyssus" (1961) ist eine sehr ambitionierte Lektüre, aber im Grunde geht es um dasselbe Geheimnis. Ich denke nicht, dass diese Umarmung eine Gefangennahme ist, aber mit Ulrich denke ich, dass diese Umarmung nicht vorwegzunehmen ist. Wenn Sie einmal ganz stattfinden wird, werden wir eine unendliche Freude empfinden und gar keine Vergleich mehr machen. Als der verlorene Sohn sich entscheidet zurück zu gehen, macht er noch ein bisschen "Vergleichen" (nimm mich bitte "wie" ein Tagelöhner...) - in einer gewissen Hinsicht, solange wir unterwegs zum Vater sind, können wir nichts anders tun als die Umarmung als eine Gefangennahme zu sehen, aber gerade weil wir unterwegs sind. Bei jener Umarmung werden wir spüren, dass keine andere Umarmung auch nur ein bisschen mit der des Vaters zu verglichen ist; auch der gelungenste Orgasmus bewirkt nicht die Vergessenheit, die die Umarmung des Vaters hervorbringen wird. Gruß, r
(4.10.19)
Perché Dio Padre può raggiungere il cuore di una persona come San Francesco?
Perché è davvero Padre, dona l'essere senza condizioni. È presente nell'oscurità dell'attimo vissuto dal figlio. Perché a questo suo figlio ha donato da sempre l'essere-se-stesso, l'acqua, il fuoco, madre terra, tutto! La libertà!
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